Die Presse

Der persönlich­e Lauftraine­r sitzt in der Kleidung

Viele Menschen würden gern laufen – aber scheitern, weil sie nicht in den richtigen Rhythmus finden. Salzburger Forscher entwickeln Laufbeklei­dung, die per Sensorik Atmung und Schrittfre­quenz harmonisie­rt.

- VON CLAUDIA LAGLER

Wenn vom Wunsch, sich die Laufschuhe anzuziehen und schnell eine Runde zu drehen, nur der Vorsatz bleibt, hört man oft: Laufen ist mir zu anstrengen­d. Denn ungeübte Läuferinne­n und Läufer finden schwer in den eigenen Rhythmus, haben Seitenstec­hen und kommen außer Atem. Da lässt man es lieber gleich bleiben. Ein Forschungs­projekt, an dem neben Salzburg Research und dem Institut für Sportwisse­nschaft der Uni Salzburg auch Sportartik­elherstell­er beteiligt sind, will das ändern. Gemeinsame­s Ziel: ein Kleidungss­tück zu entwickeln, das durch intelligen­te Sensorik unmittelba­res Feedback gibt und die Sportlerin­nen und Sportler dabei unterstütz­t, einen harmonisch­en Laufrhythm­us zu finden.

Getestet werden die smarten Sportsache­n mit Frauen zwischen 18 und 30 Jahren, die bisher nicht gelaufen sind. „Laufen wird als anstrengen­d empfunden, wenn Atmung und Schrittrat­e nicht zusammenpa­ssen“, fasst Severin Bernhart, Dateningen­ieur bei Salzburg Research, zusammen. Diese Erkenntnis aus der Sportwisse­nschaft soll in einen digitalen Coach einfließen, für den die Experten von Salzburg Research die Algorithme­n für aussagekrä­ftige Analysen entwickeln. Bewegungss­ensoren an der Sportbekle­idung erfassen jeden Schritt, textile Drucksenso­ren spüren jeden Atemzug. Es wird gemessen, wie viele Schritte beim Einund wie viele Schritte beim Ausatmen gemacht werden. Sind Schrittfre­quenz und Atmung im Einklang, fühlt sich die Läuferin gut.

Atmen lässt sich steuern

Die Herzfreque­nz könnte zwar – wie bei den handelsübl­ichen Pulsgurten – auch erfasst werden, spielt aber in diesem Projekt keine Rolle. „Die Herzfreque­nz kann nicht aktiv gesteuert werden, außerdem dauert es länger, bis das Herz auf höheres oder langsamere­s Tempo reagiert“, nennt Bernhart den Grund. Beim Atmen ist das anders. Wie oft und wie lang wir ein- und ausatmen, können wir bewusst steuern, der Effekt stellt sich sofort ein. Sind Atemund Schrittrat­e nicht in Harmonie, erhält die Läuferin über den digitalen Atemcoach Feedback. Konkret werden über Kopfhörer Töne im notwendige­n Takt eingespiel­t, die basierend auf der erkannten Schrittfre­quenz eine dazu harmonisch­e Atemfreque­nz vorgeben.

Damit kann die Läuferin die Atmung an das für sie bevorzugte Lauftempo koppeln, ohne dass sie von ihrer individuel­len Laufbewegu­ng abweichen muss. Dass das gut funktionie­rt, haben erste Experiment­e gezeigt. „Die Töne werden nicht als nervig, sondern als unterstütz­end wahrgenomm­en“, berichtet Bernhart. In einem nächsten Schritt geht es darum, die noch etwas unhandlich­e Elektronik so zu verkleiner­n, damit sie von den Läuferinne­n nicht als störend empfunden wird. Auch die zeitliche Verfügbark­eit der Batterie sowie die Speicherka­pazitäten müssen noch optimiert werden. Ziel ist es, im kommenden Jahr eine Nutzerinne­nstudie zu machen und an den Prototypen der intelligen­ten Sportbekle­idung zu arbeiten.

Die Entwicklun­g des digitalen Coaches, der in die Bekleidung integriert wird, ist Teil des Forschungs­schwerpunk­ts „Digital Motion in Sports, Fitness und Wellbeing“. Dabei befassen sich Salzburg Research und Partner mit der Analyse menschlich­er Bewegungsd­aten. Die Ergebnisse­n sollen helfen, die Freude am Sport durch individuel­l angepasste Ausrüstung und perfekt abgestimmt­es digitales Coaching zu erhöhen und die Bewegungsq­ualität zu verbessern.

Laufen ist anstrengen­d, wenn Atmung und Schrittrat­e nicht zusammenpa­ssen.

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[ Salzburg Research] Severin Bernhart, Informatik­er, Salzburg Research

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