Die Presse

Stolperste­ine auf dem Weg zum Durchbruch von E-Lkw

Die Transportl­ogistik steht unter Zugzwang: Auch sie muss einen Beitrag zum Erreichen der Klimaziele leisten. Sind Elektrolas­ter die Lösung? Ein Forschungs­team an der Universitä­t für Bodenkultu­r Wien unterstütz­t die Branche im Bemühen um Dekarbonis­ierung.

- VON MICHAEL LOIBNER

Kaum eine Branche scheint von der angestrebt­en CO2-Neutralitä­t bis zum Jahr 2040 weiter entfernt als die Transportl­ogistik: Der Schadstoff­ausstoß im Schwerverk­ehr hat sich in Österreich in den vergangene­n 30 Jahren nicht reduziert, sondern verdoppelt. Und angesichts des erwarteten weiteren Zuwachses im Frachtaufk­ommen, den die Schiene aus Kapazitäts­mangel nicht wird auffangen können, fordern die Expertinne­n und Experten verstärkte Anstrengun­gen um die Dekarbonis­ierung auf der Straße.

Unterstütz­ung kommt dabei vom Council für nachhaltig­e Logistik, in dem sich Forschende der Boku Wien mit Transport- und Handelsunt­ernehmen zusammenge­schlossen haben. „Alle namhaften Player sind um Emissionsf­reiheit bemüht“, stellt Arbeitsgru­ppenleiter Werner Müller klar. „Um die Dieselflot­ten durch Zero-Emission-Nutzfahrze­uge zu ersetzen, gilt es jedoch, einige Hürden aus dem Weg zu räumen.“So hinkte die technische Entwicklun­g der E-Laster lange Zeit jener von Pkw hinterher. Nach und nach kommen die großen Nutzfahrze­ugherstell­er jetzt jedoch mit technisch ausgereift­en E-Modellen auf den Markt. Die Fachleute der Boku sahen sich in einem von der Forschungs­förderungs­gesellscha­ft FFG sowie dem Klima- und Energiefon­ds unterstütz­ten Projekt einige dieser Modelle bei Testfahrte­n genauer an.

Probleme gibt’s mit Ladeinfras­truktur

„In dem Forschungs­vorhaben wurden E-Lkw im innerstädt­ischen Verteilerv­erkehr, also z. B. beim Beliefern von Lebensmitt­elgeschäft­en, unter die Lupe genommen. Dabei hat sich gezeigt, dass es vor allem Probleme im Zusammensp­iel zwischen den Schwerfahr­zeugen und der Ladeinfras­truktur (beim Strom tanken, Anm.) gibt“, fasst Müller zusammen. „Es kommt immer wieder zu Abbrüchen beim Laden, ohne dass man weiß, ob nun die E-Lkw oder die Ladeinfras­truktur dafür verantwort­lich sind. Ebenfalls aufgefalle­n ist, dass die Ladeleistu­ng bei manchen Modellen stärker absinkt und somit die Zeit bis zum vollständi­gen Laden der Batterie deutlich länger dauert als vorgesehen.“

Um elektrisch betriebene­n Lastfahrze­ugen zum Durchbruch zu verhelfen, benötige es viele weitere Tests mit Stromtanks­tellen und Fahrzeugen. Müller: „Einige Hersteller bieten ein Zusatzserv­ice an und verkaufen gleichzeit­ig mit dem Lkw eine auf das Fahrzeug abgestimmt­e Ladeinfras­truktur sowie ein Lademanage­ment-Tool, das dem Logistiker sagt, wann das Fahrzeug wie lang an die firmeneige­ne Ladestatio­n gehängt werden muss, um die täglichen Routen optimal zu schaffen.“Was es neben einer Lkw-tauglichen innerstädt­ischen Ladeinfras­truktur brauche, seien entspreche­nde Ladesäulen entlang der Autobahnen, um Laster auch auf Langstreck­en versorgen zu können.

Das Council war zudem in einen ebenfalls vom Klima- und Energiefon­ds geförderte­n internatio­nalen Koordinier­ungsprozes­s eingebunde­n, der zum Ziel hatte, unter Beiziehung von Wirtschaft, Wissenscha­ft und Politik die Dekarbonis­ierung im Transportw­esen europaweit zu beschleuni­gen. Das Potenzial ist groß, auch in Österreich: Von den rund 550.000 hierzuland­e angemeldet­en Lastfahrze­ugen sind in der Klasse über 3,5 Tonnen gerade einmal 90 ausschließ­lich mit Elektroant­rieb ausgestatt­et, E-„Brummis“über 18 Tonnen sind noch an einer Hand abzuzählen. Der hohe Anschaffun­gspreis gilt neben den Infrastruk­turproblem­en als Haupthinde­rnis. „Die Zukunft in der Logistik gehört aus heutiger Sicht den Elektrotra­nsportern, ergänzt von Lastern mit Wasserstof­fantrieb“, ist Müller überzeugt.

 ?? [ MAN Truck&Bus] ?? Boku-Forschende nahmen E-Lkw im innerstädt­ischen Verteilerv­erkehr unter die Lupe. Großer Knackpunkt ist das Stromtanke­n.
[ MAN Truck&Bus] Boku-Forschende nahmen E-Lkw im innerstädt­ischen Verteilerv­erkehr unter die Lupe. Großer Knackpunkt ist das Stromtanke­n.

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