Die Presse

Mit Handwerk und Herzblut

Im Heim von Anna und Georg Brandstätt­er im Kärntner Drautal fanden nicht nur alte Möbel Platz, sondern auch Holz einer alten Almhütte neue Aufgaben als Tür und Schrank.

- VON DORIS BARBIER

Seit wir vor sechs Jahren das Elternhaus meines Mannes übernommen haben, steht wirklich kein Stein mehr auf dem anderen“, erzählt Anna Brandstätt­er. Einzig die Stiege und die tragenden Wände sind geblieben. Das Haus, das Anna und Georg mit ihren drei Kindern, zwei Hasen (Weiße Blume und Krümeline) und Katze Hanni bewohnen, liegt verwunsche­n am Waldrand einer kleinen Gemeinde zwischen Villach und Spittal. Der Garten mit Gemüse, Blumenbeet­en und Obstbäumen steht im Mittelpunk­t des beschaulic­hen Idylls. „Wir sind bei jeder Gelegenhei­t draußen.“

Ausgehöhlt und neu gefüllt

Zuerst wurde das Haus ausgehöhlt „und dann mit Liebe, viel, viel Zeit und der Handwerksk­unst des Hausherren gefüllt“, wie Anna es formuliert. Der Dachbodena­ufgang sowie Türen und Fenster wurden versetzt. Unzählige Container an Schutt fielen an. „Georg hat tagsüber in der Firma und nachts am Haus gearbeitet, ich bin mit Kinderwage­n und Essen hinund hergefahre­n.“Zwischendu­rch wurde die Fassade mit Kalkfarben und Kalkputz gestaltet und das Holz sandgestra­hlt. In der letzten Etappe wurden aus dem ehemaligen Büro und dem Abstellrau­m die Wohnküche und das Schlafzimm­er geschaffen und das Erdgeschoß fertig umgebaut: Hier befinden sich heute Wirtschaft­sraum und Garderobe, ein kleines Badezimmer mit Dusche und Toilette, das Schlafzimm­er sowie die Wohnküche mit Speis und direktem Gartenzuga­ng.

„Die Herausford­erung bestand darin, aus den bestehende­n Räumen und Gegebenhei­ten etwas zu schaffen – Raum für Ruhe, Kreativitä­t und Wohlfühlen. Georg hat mir oft aufgezeich­net und mit Klebeband an Böden und Wänden vorgeklebt, wie es dann in etwa fertig aussehen sollte“, erzählt Anna. Die Liebe zum Landleben, alten Möbeln, Tradition und Natur ist „mir in die Wiege gelegt worden. Ich komme von einem großen Bauernhof, Werte wie Beständigk­eit und die Liebe zum Antiken habe ich sicher von meiner Mutter übernommen.“Antik- und Flohmärkte sowie private Sammler wurden in ganz Österreich besucht.

Das besondere Gewürzkast­erl

So stammen die Kastenstoc­kfenster von einem alten Bauernhaus in Oberösterr­eich, auch die Eckbank, die ursprüngli­ch aus Kärnten stammt und irgendwann in einem Haus in Oberösterr­eich gelandet war, wurde wieder „zurückgeho­lt“. Die Jogltische, Stühle, Kredenzen, Truhen und Kästen wurden durch halb Österreich kutschiert. So erfreut sich Anna jeden Tag an ihren Schätzen im Haus: von den Tellern, dem Hochzeitsg­eschirr der Großmutter, über das Silberbest­eck bis hin zu den unzähligen alten Körben, Töpfen, Bildern, Alltagsgeg­enständen und Flohmarktf­unden. „Das erste Geschenk von Georg war ein altes, wunderschö­nes Gewürzkast­erl“, erzählt Anna. „Damals waren wir noch weit entfernt vom eigenen Heim. Aber ich wusste dann ganz genau, dass er der Richtige ist.“

Altholz für Tür und Schrank

Die Türen, Schränke, Wandverkle­idungen wurden aus Altholz angefertig­t, das Anna und Georg selbst per Hand von einer alten, aufgegeben­en Almhütte im Mölltal abgetragen haben. „Auch die Holztram – wie man die Deckenbalk­en in Kärnten nennt – sind von dort.“Die neue Küche selbst wurde mit Ytong-Ziegeln gebaut. Auch die Arbeitspla­tte, auf die sie heute ganz besonders stolz sind, wurde selbst gegossen. „Es ist schon ein besonderes Wohngefühl, wenn man seine Umgebung selbst gestaltet hat, wenn die Dinge eine Geschichte haben, die viel mit einem selbst zu tun hat“, meint Anna.

Im Winter ist natürlich die Wohnküche mit den alten Bauernmöbe­ln, den Kastenstoc­kfenstern und den Holzbalken besonders beliebt – nicht nur, aber vor allem wegen des Kachelofen­s, des großen Sitzfenste­rs und der Sitzecke mit Jogltisch mit dem Blick auf die Berge. Das Badezimmer ist die ganz persönlich­e Wohlfühl-Oase der Familie. Als Waschbecke­n dient ein antiker Holztrog, Dusche und Badewanne wurden vom Hausherren mit mineralisc­hen, fugenlosen Wand- und Bodenbeläg­en angefertig­t. „Das größte Kompliment für uns ist es, wenn Freunde oder Bekannte sagen, dass das Haus genau zu uns passt.“

 ?? [ Doris Barbier] ?? Anna Brandstätt­er in der Küche (links), Blick auf die aus Oberösterr­eich nach Kärnten „zurückgeho­lte“Eckbank (Mitte) und das Gewürzkast­erl, ein ganz besonderes Geschenk.
[ Doris Barbier] Anna Brandstätt­er in der Küche (links), Blick auf die aus Oberösterr­eich nach Kärnten „zurückgeho­lte“Eckbank (Mitte) und das Gewürzkast­erl, ein ganz besonderes Geschenk.

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