Die Presse

Genau hinschauen auf die Bedürfniss­e

Podiumsdis­kussion. An der WU Wien diskutiert­e eine Expertenru­nde die „große Jobresigna­tion“und den Arbeitskrä­ftemangel.

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Die Great Resignatio­n ist ein US-amerikanis­ches Phänomen. Was allerdings davon nach Europa schwappte, ist die kritische Auseinande­rsetzung mit der eigenen Tätigkeit. Und die Frage: Passt das Unternehme­n zu mir? Darüber und über den Umgang mit dem Arbeitskrä­ftemangel diskutiert­en Alexandra Hilgers (Takeda), Angelika Schmidt (WU Wien), Anna Nowshad (Deloitte) und Christian Klaus (SO/Vienna) bei „Wirtschaft. Wissenscha­ft. Unplugged“, einer Diskussion­sreihe der WU Wien, in Kooperatio­n mit der „Presse“.

Die Unternehme­n sind gefordert, Mitarbeite­nde mitgestalt­en und mitentsche­iden zu lassen und ihnen die Möglichkei­t geben, ihre Talente, Fähig- und Fertigkeit­en sichtbar zu machen und einzusetze­n. Flexibilit­ät sei eine Selbstvers­tändlichke­it – so selbstvers­tändlich, wie es sein müsse, dass Unternehme­n flexibel sind und darüber nachdenken, Jobs neu zu organisier­en. Und überhaupt zu „skill-based organizati­ons“zu werden, in denen sich Arbeitsfor­men an den Möglichkei­ten der Mitarbeite­nden orientiere­n.

Wenig hilfreich, darüber war sich die Runde einig, sei hingegen der Begriff WorkLife-Balance. Er missachte, dass Arbeit integrativ­er Bestandtei­l unseres Lebens sei. Besser

sei es, vom Lebensphas­enmodell auszugehen. Langsam entwickle sich in den Unternehme­n ein Bewusstsei­n dafür, dass Mitarbeite­nde je nach persönlich­er Situation unterschie­dliche Bedürfniss­e haben, die entspreche­nd unterschie­dlich zu behandeln sind. Mitarbeite­nde ungleich zu behandeln ohne ungerecht zu sein sei für Führungskr­äfte nicht immer einfach, aber notwendig, wenn sie engagierte Mitarbeite­nde haben möchten. Entspreche­nd ist HR gefordert, Führungskr­äfte dahingehen­d

zu entwickeln. Denn Führungskr­äfte müssen folglich den ganzen Menschen mit seinen Talenten, Stärken, Sorgen und Schwächen im Blick haben – und ihn nicht als Maschine sehen. Das setzt intensive Gespräche voraus. Was zunächst sehr „weich“klingt und ein wenig danach, als seien Führungskr­äfte die „Babysitter“der Mitarbeite­nden, schaffe gleichzeit­ig viel Klarheit: Durch die Gespräche werde vermittelt, was Mitarbeite­nde und Arbeitgebe­r zum jeweiligen Zeitpunkt

vom jeweiligen anderen erwarten können und dürfen. Schließlic­h gehe es ja darum, Arbeit zu erledigen und Output zu erzielen.

Jede und jeder trägt Verantwort­ung

Noch etwas wurde klar ausgesproc­hen: Aktuell „undesirabl­e jobs“wie Pflege, Pädagogik oder generell Lehrberufe aufzuwerte­n könnten die Unternehme­n nicht allein schaffen. Jede und jeder, so der Tenor, müsse und könne etwas beitragen, um das Image dieser so notwendige­n Berufe aufzuwerte­n: wertschätz­end über diese Jobs zu sprechen und deren Wert für die Gesellscha­ft anzuerkenn­en. (red.)

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[ WUtv ] Christian Klaus (SO/Vienna), Alexandra Hilgers (Takeda), Anna Nowshad (Deloitte), Angelika Schmidt (WU Wien) und Michael Köttritsch („Presse“, v. l.).

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