Die Bestätigung des Biden-Kurses
Die Demokraten halten die Mehrheit im Senat. Für Präsident Joe Biden ist das ein überraschender Sieg. Was bedeutet das Ergebnis für seine Zukunft – und die der Republikaner?
New York/Las Vegas/Phnom Penh. Es waren 14.084 Briefwahlstimmen, die Senatorin Catherine Cortez Masto letztlich über die Ziellinie trugen. In der Nacht auf Sonntag hatten die Wahlbehörden in Clark County – jenem Bezirk des Bundesstaats Nevada, zu dem auch die Stadt Las Vegas gehört – neue Ergebnisse der Auszählung veröffentlicht. Und damit die Demokratin zur Siegerin gemacht. Ihr Herausforderer, der Rechtsaußen-Republikaner Adam Laxalt, kann sie nicht mehr einholen.
Und das heißt: Die Demokraten halten nach dieser Kongresswahl die Mehrheit im Senat. Statt des üblichen Abstrafens der Partei des Präsidenten bei den Midterm-Wahlen dürfte 2022 – wie schon 2018, als Donald Trumps Republikaner den Senat nicht nur halten, sondern Sitze dazugewinnen konnten – ein historischer Ausreißer sein. Joe Bidens Demokraten halten aktuell bei 50 Sitzen; mit der Stimme von Vizepräsidentin Kamala Harris haben sie damit die Mehrheit. Sollte Senator Raphael Warnock die Stichwahl im Dezember in Georgia für sich entscheiden, könnten es letztlich 51 demokratische Senatoren sein – eine komfortablere Mehrheit.
Die finale Aufteilung der Sitze im Repräsentantenhaus steht noch nicht fest. Die Republikaner hatten mit einem klaren Sieg gerechnet. Eine Mehrheit in der zweiten Kongresskammer ist für sie noch immer machbar. Doch am Sonntagmittag hatte keine der beiden Parteien eine Mehrheit erreicht; die Rennen sind äußerst knapp.
„Ich freue mich auf die nächsten Jahre“
Schon jetzt sieht Präsident Biden den Erhalt der Mehrheit im Senat jedenfalls als eine Bestätigung seiner Politik. Tatsächlich hatten Beobachter im Vorfeld mit Verlusten für die Demokraten gerechnet – die Datenlage gab das her: Biden ist einer der unpopulärsten Präsidenten der US-Geschichte. Gleichzeitig kämpft das Land mit der Inflation, Benzinpreise sind höher als üblich. Das politisch aufgeheizte Klima tat den Rest für die Einschätzung vieler, dass die Republikaner bei dieser Wahl leichtes Spiel haben würden.
Doch so kam es nicht. Diese Zwischenwahl entschied sich – wie Nevada beispielhaft zeigt – in kleinsten Stimmenmargen. Selbst wer gewann, tat das auf beiden Seiten selten in Bausch und Bogen. Die Demokraten können sich dennoch auf die Schulter klopfen. Und tun das auch. Präsident Biden, aktuell auf Tour – von COP 27 in Sharm elSheikh ging es für ihn am Wochenende nach Phnom Penh und nach Bali –, verbringt seine Zeit mit Glückwunsch-Telefonaten.
„Ich fühle mich gut, und ich freue mich auf die nächsten paar Jahre“, sagte Biden zu Journalisten in Phnom Penh, als die Ergebnisse aus Nevada bekannt wurden. Die hohe Wahlbeteiligung sei „eine Reflexion der Qualität unserer Kandidaten, die alle mit dem gleichen Programm angetreten sind“.
Tatsächlich hatten Demokraten eine handfeste Anleitung zur Hand: Ihr Fokus bei den Midterms lag auf dem Erhalt des Rechts auf Abtreibung, auf Zugang zu Gesundheitsversorgung und Sozialversicherung, während die Republikaner durch die Bank mit Kandidaten angetreten waren, die sich hauptsächlich Ex-Präsident Donald Trump verpflichtet fühlten. Eine weiblichere und jüngere Wählerschaft brachte den Demokraten Siege auf vielen Ebenen – eben auch im Senat. Ist Bidens Kurs damit bestätigt? Eine ruhige, inhaltsgetriebene Politik, wie sein Team die eigene Arbeit gern bewirbt, scheint den US-Wählern jedenfalls marginal lieber zu sein als die aktuelle Alternative: republikanisches Jammern über die verlorene Wahl 2020, Verschwörungstheorien und Kulturkampf.
Trump-Kehraus bringt Erneuerung
Für Biden wird das Regieren mit einem demokratischen Senat jedenfalls etwas leichter sein als zwei Jahre als „lame duck“, als Präsident ohne Mehrheit im Kongress. Eine neuerliche Präsidentschaftskandidatur Bidens könnte mit dem besser als erwarteten Ergebnis wahrscheinlicher geworden sein. Entscheiden will er das mit seiner Familie.
Bei den Republikanern hat indes der große Trump-Kehraus begonnen – und leitet dort auch einen Generationenwechsel ein. Ein möglicher Gegenkandidat des 79-jährigen Biden könnte ein 44-jähriger Gouverneur aus Florida sein: Ron DeSantis. Das schlechte Ergebnis für die Republikaner könnte also parteiinterne Erneuerung bedeuten. Die Demokraten riskieren dagegen Stagnation.