Die Gewinner und Verlierer der jüngsten US-Wahl
Wahl. Nicht nur der Kongress wurde gewählt, es gab auch Abstimmungen zu Cannabis, Sportwetten und Fracking.
New York. Dass der Gesamtmarkt mit einem unklaren Ausgang der US-Kongresswahlen wenig anzufangen weiß, zeigte sich zunächst am Tag danach. Die wichtigsten Indizes notierten allesamt im Minus, als sich abzeichnete, dass es noch länger dauern würde, ehe endgültig feststehen sollte, welche Partei künftig den Kongress kontrollieren wird.
Das zunächst eher enttäuschende Abschneiden der Republikaner sorgte für Verluste bei den üblichen Verdächtigen. Ölkonzerne
wie Exxon Mobil oder Chevron rutschten ab, weil die Aussicht auf Genehmigungen für zusätzliche Bohrungen schwindet, je mehr Demokraten im Senat und im Abgeordnetenhaus sitzen.
Finanztitel wie JP Morgan und Bank of America verloren ebenfalls an Wert, weil sich die Republikaner, im Gegensatz zu den Demokraten, für eine Auflockerung der Aufsichtsregeln und Kapitalerfordernisse einsetzten. Vergangene Woche zeigte sich aber auch, was für den Gesamtmarkt momentan am wichtigsten ist, nämlich die Inflation und die Entscheidungen der Zentralbanken.
Umgehend waren die Verluste nach den Wahlen wieder wettgemacht, nachdem die US-Inflationszahlen für Oktober niedriger als erwartet ausgefallen waren. Auf den kleinen Kursrutsch nach der Wahl folgte ein Feuerwerk nach den Inflationszahlen.
Nur kurzfristiger Einfluss
Einmal mehr dürfen sich langfristig orientierte Kleinanleger in Erinnerung rufen, dass politische Börsen kurze Beine haben. Soll heißen: Wahlergebnisse oder politische Ereignisse beeinflussen den Gesamtmarkt oft nur kurzfristig, das ist auch dieses Mal nicht viel anders. Die Teuerung und die Zinsentscheide der Fed werden das Geschehen in den nächsten Monaten mehr dominieren als der Ausgang der „Midterms“.
Einzig ein Erdrutschsieg der Demokraten in beiden Kammern, der ohnehin schon im Vorfeld als äußerst unwahrscheinlich galt, hätte daran eventuell etwas geändert. Wenn die Republikaner künftig zumindest in einer Kammer die Mehrheit halten, sind immerhin neuerliche Hilfspakete, welche die Inflation weiter befeuern könnten, vorläufig vom Tisch.
Auch die Tatsache, dass die Konservativen nun wohl ein Vetorecht bei der Anhebung der Staatsverschuldung haben, wird an der Wall Street tendenziell positiv aufgenommen. Jedenfalls ermutigend ist eine
historische Statistik. So hat der S&P 500 Index in den vergangenen 80 Jahren in den zwölf Monaten nach den Kongresswahlen in den USA stets an Wert gewonnen.
Durchschnittlich stand dabei ein Plus von 15 Prozent zu Buche, wie eine Analyse der Experten von Strategas Research in New York ergeben hat. Außerdem brachte im Schnitt das zweite Jahr der vierjährigen USPräsidentschaft — also jenes vor den Zwischenwahlen — die schlechtesten Resultate an den Börsen.
Wer langfristig denkt und damit leben kann, dass es anders kommen und auch noch weiter nach unten gehen kann, darf die nun geschlagene Wahl für vorsichtige Zukäufe nutzen.
Auswirkungen der Wahlergebnisse
Während sich Wahlergebnisse und politische Ereignisse langfristig kaum auf den Gesamtmarkt auswirken, lohnt sich bei einzelnen Branchen und Firmen durchaus ein detaillierterer Blick. In der Tat standen nicht nur die beiden Kongresskammern zur Abstimmung, sondern auch zahlreiche Gouverneursposten und andere Gesetzesvorhaben. So setzt beispielsweise der Sieg von Kathy Hochul bei den Gouverneurswahlen in New York den Energieriesen Exxon und Chevron zu. Ihr unterlegener republikanischer Herausforderer Lee Zeldin hatte sich dafür eingesetzt, Fracking in dem rohstoffreichen Bundesstaat zu erlauben.
Die Freigabe dieser Methode zur Ölgewinnung ist Sache der Bundesstaaten, und Exxon und Chevron hätten davon profitiert. Immerhin soll Fracking im New Yorker Nachbarstaat Pennsylvania legal bleiben — im Gegensatz zu New York sprechen sich in Pennsylvania auch die Demokraten dafür aus. Kleinanleger müssen deshalb nicht sofort aus allen Ölkonzernen flüchten.
Aber möglicherweise bietet sich dank der hohen Kursgewinne der vergangenen Monate eine begrenzte Gewinnmitnahme an.
Schlag für die Glücksspielbranche
Einen herben Schlag musste die Glücksspielbranche einstecken. In Kalifornien stand die Legalisierung von Sportwetten auf dem Stimmzettel.
Die Einwohner des bevölkerungsreichsten US-Staates lehnten sie mit überwältigender Mehrheit ab. In Casinos und auch im Internet bleiben Sportwetten in Kalifornien weiterhin verboten, sehr zum Missfallen von DraftKings. Die Aktie des Glücksspielriesen stürzte am Tag nach den Wahlen fast zweistellig ab — ein Verlust, der nach den Inflationszahlen freilich gleich wieder wettgemacht wurde.
Wer das Glücksspiel an der Börse liebt und daran glaubt, dass Sportwetten bald flächendeckend legalisiert werden, darf ins Casino gehen und DraftKings kaufen – sofern auch ein potenzieller Totalverlust verkraftet werden könnte.
Ähnlich verhält es sich mit CannabisAktien, die seit Jahresbeginn ebenfalls deutliche Verluste einstecken mussten. Zwar stimmte die Bevölkerung in den Bundesstaaten Maryland und Missouri nun für eine Legalisierung. In Arkansas, North Dakota und South Dakota wollen die Einwohner aber von einer Legalisierung – noch? – nichts wissen. Anleger, die davon ausgehen, dass kein Weg an einer bundesweiten Legalisierung vorbeiführen wird, dürfen die verhältnismäßig niedrigen Kurse zum Kauf von Cannabis-Aktien wie Curaleaf oder Tilray nutzen.