Ein Pianist und sein mutiger Kampf für Lyrik und Poesie
Leif Ove Andsnes spielte Dvo k, Jan´ăcek, Beethoven und Modernes.
Anton´ın Dvorˇák wünschte sic h,dassman immer alle 13 seiner „Poetischen Stimmungsbilder“nacheinander spielt. Schon bei den ersten Aufführungen dieses 1889 entstandenen, fast einstündigen Opus pickten sich jedoch die Pianisten nur Ausschnitte heraus. Was ungerecht ist, denn jedes der Stimmungs- und Naturbilder verfügt über einen eigenen Reiz, überrascht mit ungewöhnlichen Pointen. Doch der durchgehende Spannungsbogen fehlt. Da wun dert es nicht, dass dieser Dvorˇák erst jetzt zum ersten Mal im Wiener Konzerthaus aufgeführt wurde: durch Leif Ove Andsnes, der ihn kürzlich für Platten eingespielt hat. Elanvoll, brillant und subtil stürzte er sich in diese Aufgabe. Besser kann man sie wohl nicht bewältigen. Ob dieser Einsatz auf höchstem Niveau den Zyklus zum bejubelten Repertoirestück machen wird?
Glänzend in Form zeigte sich Andsnes schon vor der Pause. Dabei leitete er die beiden dafür ausgesuchten, gleichfalls sehr der Poesie verpflichteten Sonaten jeweils mit zeitgenössischen Stücken ein, welche auf die jeweils folgende Atmosphäre vorbereiteten: Die souverän bewältigte Janáček-Klaviersonate folgte auf ein von tiefer Melancholie durchtränktes, atmosphärisches Lamento des hierzulande wenig bekannten Russen Alexander Kusmitsch Wustin.
An eine heiter gelassene Bagatelle Valentin Silvestrovs schloss sich pausenlos Beethovens vorletzte Sonate an. Sie interpretierte er mit irisierender Klangkultur, ideal aufeinander bezogenen Tempi, auf die Fuge als Herzstück dieses Opus 110 konzentriert. Einzig das Scherzo hätte mehr drängende Kraft vertragen.