Freuen wir uns doch, dass es viele von uns gibt
Der Anstieg der Weltbevölkerung wird vor allem mit Problemen verbunden. Die dadurch erzeugten Herausforderungen sind auch groß, aber zu schaffen.
Die Spanne von 33 Jahren lag noch zwischen den beiden Zeitpunkten, zu denen die Weltbevölkerung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zuerst die Zwei-Milliarden-Schwelle überschritt und 1960 jene zu drei Milliarden. Dann ging es plötzlich schnell: Es dauerte nur mehr 14 Jahre bis zur vierten, 13 Jahre bis zur fünften sowie je zwölf Jahre bis zur sechsten und siebenten Milliarde. Heute, am 15. November, wird nach Berechnungen der UNO die Schwelle zur achten Milliarde überschritten. Gerade einmal elf Jahre nach dem letzten Millliardensprung.
Diese Entwicklung verursacht bei vielen Menschen vor allem Sorgen. Denn bedeutet die Zunahme an Menschen nicht automatisch, dass Hungersnöte und Kriege um fruchtbares Land oder Wasser programmiert sind? Ist es überhaupt möglich, dass die Erde so viele Menschen ernährt? Und wird der Klimawandel durch die konstante Zunahme der Weltbevölkerung nicht in jedem Fall vorangetrieben, egal, wie sehr wir uns um CO2-Einsparungen bemühen? Schließlich verbrauchen mehr Menschen automatisch mehr Energie, Ressourcen oder Nahrung.
Verschärft werden diese Sorgen vor allem durch die Tatsache, dass sich das Bevölkerungswachstum auf einige wenige, besonders ärmliche Regionen konzentriert. So liegen fünf jener acht Staaten, die das globale Bevölkerungswachstum treiben, in Afrika, drei weitere in Südostasien.
Bei allem berechtigten Hinweis auf die Probleme, die das Bevölkerungswachstum mit sich bringt, sollte aber nicht in die sogenannte malthusianische Falle getappt werden. So argumentierte der britische Philosoph und Ökonom Thomas Malthus bereits im Jahr 1798, dass das Bevölkerungswachstum unweigerlich zu Not, Elend und Krieg führen müsse. Er konnte dies auch ganz klar rechnerisch begründen. So stieg die Bevölkerungszahl damals bereits exponentiell an, die landwirtschaftliche Produktion konnte hingegen nur linear gesteigert werden. Für Malthus und seine Anhänger ein klarer Beweis, dass die Welt mit der damals darauf lebenden knappen Milliarde bereits mehr als ausreichend bevölkert war.
Heute, mehr als sieben Milliarden Menschen später, wissen wir, dass Malthus unrecht hatte. Und wir wissen auch, wo sein Denkfehler lag: Er unterschätzte die Innovationsfähigkeit des Menschen. So sorgten verbesserte Pflanzenzüchtungen und Anbaumethoden sowie die Nutzung künstlichen Düngers dafür, dass sich die globale Weizenproduktion seit Anfang der 1960er-Jahre bei weitgehend gleichbleibender Anbaufläche auf das Dreieinhalbfache steigern ließ. Und die Industrielle Revolution sowie ihre Weiterentwicklungen brachten weltweit einen noch nie da gewesenen Lebensstandard – wenngleich dieser bislang noch relativ ungleich verteilt ist.
Der Preis für diese Entwicklung ist jedoch der Klimawandel, argumentieren viele Neo-Malthusianer heute. So haben wir zwar die Agrarproduktion erhöht und trotz jahrelanger PeakOil-Debatte immer noch genügend Erdöl, aber die globale Erwärmung werde die Menschheit nun in die Knie zwingen und ihr zeigen, dass wir einfach zu viele sind, die auch zu viel Schmutz machen.
Doch auch hier liegt der gleiche Denkfehler wie vor 223 Jahren vor. Denn auch wenn es vielen heute noch unvorstellbar scheint: Eine Energieversorgung, die auf nachhaltigen und erneuerbaren Beinen steht, ist durchaus möglich. Viele der dafür notwendigen Technologien sind schon vorhanden, manche werden erst in den kommenden Jahren und Jahrzehnten hinzukommen. Wirklich unvorstellbar ist nämlich nur, dass die Innovationskraft des Menschen plötzlich nicht mehr da sein sollte.
Natürlich ist die Herausforderung dieses Überganges groß. Doch wenn es gelingt, ihn in Europa und Nordamerika zu schaffen, ist er auch in den stark wachsenden Ländern Asiens und Afrikas möglich.
Mittelfristig wird es daher wohl eher das Problem werden, dass immer mehr Gesellschaften überaltern. Daher sollten wir uns einfach einmal freuen, dass wir nun einen achtmilliardsten Erdenbürger begrüßen können.