Einbürgerungen steigen – aber nur scheinbar
Staatsbürgerschaft. Österreich hat weiter eine extrem niedrige Einbürgerungsquote.
Wien. Die Wiener SPÖ hat mit ihrem Vorstoß, die Einbürgerung zu erleichtern, eine neue Debatte losgetreten. Während sie auf demokratiepolitische Defizite verweist – zu viele Menschen hätten kein Wahlrecht – und soziale Hürden bei der Einbürgerung als ungerecht empfindet, verteidigt die ÖVP geschlossen die geltenden Regeln. Die Staatsbürgerschaft dürfe nicht verschenkt werden, Einbürgerung dürfe erst nach gelungener Integration stattfinden, so die Argumentation.
Die Zahlen
Am Montag wurde eine neue Einbürgerungsstatistik veröffentlicht, in den ersten drei Quartalen wurden 11.155 Staatsbürgerschaften verliehen, das sind um 45 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Doch der Anstieg trügt, der Zuwachs ist darauf zurückzuführen, dass NS-Opfer und deren Nachfahren nun die Staatsbürgerschaft erhalten können.
Österreich gehört weiterhin mit einer Einbürgerungsquote von 0,6 Prozent zur den restriktivsten Ländern in Europa. Schweden hat eine Einbürgerungsquote von 7,2 Prozent (also 7,2 Prozent der ausländischen Wohnbevölkerung erhalten jedes Jahr die Staatsbürgerschaft), der EU-Schnitt liegt bei 2,1 Prozent.
Der starke Zuzug in den vergangenen Jahren hat dazu geführt, dass österreichweit schon 20 Prozent der Wohnbevölkerung nicht wahlberechtigt ist. In Wien ist es sogar jeder Dritte. Wobei ein großer Teil davon die Staatsbürgerschaft beantragen könnte. In Wien lebt mehr als die Hälfte der 500.000 Nicht-Österreicher seit mehr als zehn Jahren in der Stadt, 80 Prozent länger als fünf Jahre. Das Interesse an einer Einbürgerung ist – so eine Erhebung der Stadt Wien – nach Herkunftsland stark unterschiedlich. Während die größte Gruppe, die Deutschen, und andere westliche EU-Länder kaum interessiert sind (12 Prozent), wollen 36 Prozent aus den östlichen EU-Ländern Österreicher werden. Bei Bewohnern aus Ex-Jugoslawien und der Türkei sind es rund 50 Prozent und bei anderen Drittstaaten 67 Prozent. Besonders hoch ist das Interesse bei Menschen mit unsicherem Aufenthaltsstatus.
Die Hürden
Das Staatsbürgerschaftsrecht sieht eine Reihe von Hürden vor. Dazu gehören eine Mindestaufenthaltsdauer von sechs bis zehn Jahren (sechs Jahre beispielsweise bei sehr guten Deutschkenntnissen), Unbescholtenheit, wobei auch keine groben Verwaltungsdelikte vorliegen dürfen, Deutschkenntnisse oder ein gesicherter Lebensunterhalt. Zudem muss ein Staatsbürgerschaftstest mit teils sinnvollen, teils aber auch obskuren Fragen („Wie heißt die international gefeierte Tänzerin aus Eisenstadt“) bestanden werden. In Wien werden rund 76 Prozent der Anträge positiv erledigt, Vorstrafen oder zu geringes Einkommen sind die wichtigsten Ablehnungsgründe.
Das Einkommen
Ist fehlende Integration der Grund, warum es nur eine so geringe Einbürgerungsrate gibt, oder doch zu hohe Einkommenshürden? Für ÖVP-Verfassungsministerin Karoline Edtstadler ist das kein Widerspruch: In einem Kommentar in der „Kleinen Zeitung“bezeichnet sie die Erlangung „wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit“als Teil des Integrationsprozesses. Die SPÖ dagegen sieht die Einkommenshürden für Beschäftigte in Niedriglohnbranchen als nicht erreichbar an. 80 Prozent der Hilfsarbeiter hätten keine Chance auf die Staatsbürgerschaft.
Gefordert ist, dass eine Einzelperson nach Abzug der Fixkosten wie Miete 1030 Euro zur Verfügung hat, wobei es bei den Fixkosten einen Sockelbetrag von 300 Euro gibt, der nicht abgezogen wird. Es gibt aber noch eine zweite Hürde für Einkommensschwache: Die Gebühren für die Einbürgerung belaufen sich in Wien auf 1200 bis 1600 Euro.
Die Kinder
Im Gegensatz zu anderen Ländern gibt es in Österreich keine bevorzugte Einbürgerung für Kinder, die hier geboren sind oder aufwachsen. Auch da wächst die Zahl ständig: In Wien leben bereits 93.000 Menschen, die hier geboren sind und eine ausländische Staatsbürgerschaft haben. Fast 70.000 davon sind Kinder zwischen null und fünfzehn Jahren.