Rendi-Wagner will „komplett neue Rolle des Staates“
SPÖ. Die Chefin der Roten schlägt einen 20 Milliarden Euro schweren Energiefonds vor – woher das Geld kommt, sei zweitrangig.
Wien. Wie stellt man als Bundespartei Wirtschaftskompetenz dar, wenn man in der Opposition sitzt und demnach wirtschaftspolitisch kaum etwas zu entscheiden hat?
Der Zugang der SPÖ dazu lautet: Man legt einen Plan vor, was man täte, wenn man denn könnte – und holt sich prominente Unterstützung aus der Wirtschaft; unlängst geschehen mit Altkanzler Christian Kern in puncto Energie, nun trat SPÖChefin Pamela Rendi-Wagner gemeinsam mit Ex-Siemens-Chefin Brigitte Ederer auf, um einen „Fünfpunkteplan für eine neue Industriepolitik in Österreich“vorzulegen. Parteiintern beschlossen soll dieser bei einem „Themenrat“am Samstag werden.
Das Motto dabei, kurz zusammengefasst: Der Staat müsse wirtschaftspolitisch „eine komplett neue Rolle“einnehmen – sprich: Es sei ein „aktiverer Staat“vonnöten, so Rendi-Wagner. Zuvorderst gehe es ihr dabei um Energiepolitik, nach Ansicht der SPÖ-Chefin das „bestimmende Thema für die nächsten zehn Jahre“. Diesem Credo folgend sieht der zentrale der fünf vorgelegten – und größtenteils bekannten – Punkte des SPÖ-Plans die Einrichtung eines „Energiewendefonds“vor. Dieser soll 20 Milliarden Euro schwer und auf insgesamt zehn Jahre ausgelegt sein. Das Geld soll in Unternehmen fließen, die die Energiewende vorantreiben und damit zur Erreichung der Klimaziele beitragen. Und die Roten plädieren dafür, dass kein neues Gremium für die Abwicklung eingerichtet wird, sondern dass die Milliarden von der Staatsbeteiligungsgesellschaft Öbag verteilt werden.
Die Öbag sollte dann – beraten von Experten – Unternehmen ausfindig machen, in die laut Rendi-Wagner aufgrund zu hohen Risikos oder zu geringer Ertragschancen Private kaum investieren, und Steuergeld als staatliche Beteiligung hineinstecken. Derlei Geschäfte der „EnergiewendeHolding“ würden sich dann, glaubt die SPÖ-Chefin, für den Staat mitunter auch rentieren. Beteiligen müsse sich der Staat kollektiv an „Leitbetrieben“sowie kleinen „Start-ups“, forderte die Vorsitzende der SPÖ. Denn ohne stärkeren Staat, sekundierte Ederer, würde es zu einer „Deindustrialisierung“aufgrund von Firmenabwanderungen kommen.
Einmal mehr wurde ein Gaspreisdeckel für Betriebe und Privathaushalte vorgeschlagen, ebenso wie ein „rasches Aus des Merit-Order-Prinzips“in der Energiepreisbildung. Zudem forderte die SPÖ, dass die Dezember-Gasrechnung heuer vom Staat übernommen wird. Die „Mehr Staat“-Doktrin der Partei, die nach der nächsten Wahl wieder ins Kanzleramt einziehen will und Umfragen zufolge keine schlechte Ausgangsposition dafür hat, zog sich grosso modo durch die ganze Präsentation des Plan: Unbedingt müsse die Republik ihre Mehrheitsbeteiligungen – zumindest – halten, zudem sei dem SPÖ-Papier zufolge „mehr staatliche Kontrolle, wo es zum Nutzen der vielen ist“, notwendig. Gemeint sei damit etwa, wie als Beispiel angeführt wurde, die Telekommunikationsbranche. Und: Der Staat müsse sich zudem darum kümmern, dass Arbeitskräfte so ausgebildet werden, dass die Energiewende gelingen könne – denn jetzt, so Rendi-Wagner, würden „Zehntausende“fehlen, wenn es darum geht, PV-Anlagen oder Windräder zu installieren. Privatunternehmen würden diese Aufgabe nicht ausreichend übernehmen, so die SPÖ.
Woher die Milliarden dafür kommen sollen? Die SPÖ nannte als Gegenfinanzierung einmal mehr eine „Steuer auf Übergewinne“von Energieunternehmen sowie Co2-Zertifikate als Geldquelle. Ederer sagte dazu: Es sei letztlich „nicht entscheidend, wie man das Geld aufbringt“– wichtig sei, dass investiert werde. (kk)