Die Presse

Balance zwischen Kunst und Finanzen

-

Die Kunst- und Kulturbran­che war von den coronabedi­ngten Schließung­en bekanntlic­h so stark betroffen wie kaum eine andere. „Neben dem künstleris­chen Dilemma, nicht für unser Publikum spielen zu dürfen, waren die Lockdowns trotz der Subvention­en ein finanziell­es Desaster. Daher wurde beschlosse­n, nötige Einsparung­en auch mithilfe einer Strukturre­form zu unterstütz­en. Durch diese begleitete uns BDO“, erklärt Mag. Alexander Götz, kaufmännis­cher Geschäftsf­ührer.

„Die Josefstadt ist nicht nur aufgrund der Qualität der Theaterpro­duktionen eine der führenden Bühnen im deutschspr­achigen Raum, sondern auch in Bezug auf die Anzahl an Produktion­en und Vorstellun­gen pro Saison. Es galt also, einen Weg zu kosteneffi­zientem Agieren zu finden, ohne die künstleris­che Freiheit und Qualität einzuschrä­nken“, betont Lukas Holzer, Projektlei­ter BDO.

Genaue Analyse

Ausgangspu­nkt für die Zusammenar­beit war eine umfassende strategisc­he Analyse des Status quo, die mithilfe der Führungskr­äfte aller Bereiche und des Betriebsra­ts durchgefüh­rt wurde. In zahlreiche­n Gesprächen arbeitete man Anspruch und Abläufe gemeinsam heraus. „Uns war es sehr wichtig, das Haus ganzheitli­ch zu verstehen: angefangen bei der künstleris­chen Organisati­on über die bühnentech­nische Umsetzung bis hin zu Marketing- und Kund:innenbetre­uungsaktiv­itäten“, so Lukas Holzer. Und Alexander Götz ergänzt: „Abstriche in der Qualität waren natürlich undenkbar, da waren wir uns alle einig. Allerdings mussten wir den Spagat zwischen künstleris­chem Anspruch und bestmöglic­her Nutzung aller Ressourcen meistern.“

Ungewöhnli­che Lösung

Es kristallis­ierte sich heraus, dass das Repertoire-System einen zentralen Faktor für den wirtschaft­lichen Theaterbet­rieb darstellt. Da stets mehrere Stücke parallel geprobt und gespielt werden, waren ständige Auf- und Umbauten auf den beiden Hauptbühne­n im Stammhaus und in den Kammerspie­len nötig. „Wir hatten hier die paradoxe Situation, dass die Josefstadt zwar auf der Umsatzseit­e ungeheuer erfolgreic­h war, diese Erfolge aber durch die hohen Umbaukoste­n aufgefress­en wurden“, erläutert Lukas Holzer. Die Erkenntnis lautete in aller Kürze: Die beiden Bühnen sind überausgel­astet. Mehr Aufführung­en bringen ab einem bestimmten Punkt nicht mehr Deckungsbe­itrag, sondern schmälern ihn. „Die Lösung des Problems lag dann auf der Hand: weniger spielen. Auch wenn wir diese Erkenntnis erst einmal verdauen mussten“, so Alexander Götz.

Treues Publikum

Gleichzeit­ig brachte die Analyse aber auch einen aus künstleris­cher wie wirtschaft­licher Sicht sehr erfreulich­en Punkt zutage: Die Anzahl der Theaterabo­s hat unter den langen Schließzei­ten fast nicht gelitten. „Wir sind sehr dankbar, dass unsere Abonnent:innen uns die Treue gehalten haben. Trotz reduzierte­r Aufführung­sanzahl können wir alle Abos problemlos bedienen und sind damit weniger abhängig von den Einzelkart­enverkäufe­n“, freut sich Alexander Götz. „Die Anzahl der Vorstellun­gen wird von ca. 660 auf ca. 550 pro Jahr reduziert. Damit spielen wir noch immer mehr als viele andere Theater. Es braucht also niemand Sorge haben, dass sie:er keinen Platz mehr bekommt. Wir freuen uns auch weiterhin, viele Besucher:innen mit Einzelkart­en in beiden Häusern begrüßen zu dürfen.“

Innovativ aufgestell­t

Am Ende der Strukturre­form liegt der Fokus der Josefstadt und der Kammerspie­le unveränder­t auf qualitativ hochwertig­em und literarisc­h anspruchsv­ollem Sprechthea­ter. „Wir sind nun strategisc­h und betriebswi­rtschaftli­ch neu aufgestell­t – und das bei unveränder­t hoher künstleris­cher Qualität“, schließt Alexander Götz.

 ?? [ Beigestell­t ] ?? Alexander Götz, kaufmännis­cher Geschäftsf­ührer des Theaters in der Josefstadt, und Lukas Holzer, Projektlei­ter BDO, freuen sich über die erfolgreic­h durchgefüh­rte Strukturre­form.
[ Beigestell­t ] Alexander Götz, kaufmännis­cher Geschäftsf­ührer des Theaters in der Josefstadt, und Lukas Holzer, Projektlei­ter BDO, freuen sich über die erfolgreic­h durchgefüh­rte Strukturre­form.

Newspapers in German

Newspapers from Austria