Letzte Ausfahrt für Mick Schumacher
Analyse. Das Saisonfinale am Wochenende in Abu Dhabi ist wohl das vorerst letzte Formel-1-Rennen des 23-Jährigen. Die Strahlkraft seines großen Namens scheint verblasst und selbst seine Sponsoren-Mitgift ist nicht mehr gefragt.
Sa˜o Paulo. Beim Haas-Rennstall formulieren sie wohl noch an der entsprechenden Pressemitteilung, getroffen wurde die Entscheidung über Mick Schumachers Formel-1-Karriere allerdings schon. Ob Gene Haas, der kalifornische Werkzeugbauer und Teambesitzer, weiter mit dem Sohn des Formel-1-Rekordchampions plant, wird noch vor dem Saisonfinale in Abu Dhabi (Sonntag, 14 Uhr) verkündet werden, sehr wahrscheinlich ist es aber nicht.
Der Grand Prix am Wochenende in Brasilien könnte der letzte
Sargnagel für den 23-Jährigen gewesen sein. Ein Auf und Ab wie die gesamte Saison des Deutschen: letzter Platz im Qualifying, dann beachtliche acht Plätze im Sprintrennen aufgeholt, am Sonntag dann als 13. im Ziel. Auch das keine wirkliche Bewerbung, vor allem kein finaler Coup, wie er Teamkollege Kevin Magnussen mit der sensationellen Poleposition gelang.
Ein typisches SchumacherWochenende eben, manches gut, manches schlecht, und am Ende ein Resultat irgendwo dazwischen. „Mein Rennen war wie das ganze
Jahr – vieles hat nicht ganz gepasst“, meinte der Deutsche.
Haas-Teamchef Günther Steiner zog ebenfalls eine Art Fazit der zweiten Schumacher-Saison in der Königsklasse: „Am Saisonbeginn wurde er mit einem besseren Auto und einem sehr guten Teamkollegen ins kalte Wasser geschmissen. Da wurde ihm erst bewusst, dass das jetzt die echte Formel 1 ist. Aber dann hat er sich gut erholt, und er wurde besser.“
Zwölf Punkte stehen bei Schumacher bisher zu Buche, das ist wenig, selbst für die Maßstäbe des kleinen Haas-Teams, Magnussen hat immerhin 25 eingefahren. Steiners Saisonrückblick klang auch nicht gerade so, als ob er über seinen Wunschpiloten spräche. Dass sich mit einem Schumacher-Abgang auch Sponsoren zurückziehen würden, kann das Team offenbar verkraften, seit vor wenigen Wochen mit dem US-Finanzunternehmen MoneyGram ein neuer Hauptsponsor präsentiert wurde.
Weil auch sonst kein Rennstall an Schumacher interessiert ist, würde das Ende seines Haas-Vertrags
auch seine F1-Karriere fürs Erste auf Eis legen. Die Cockpits für 2023 sind vergeben, fraglich ist nur noch, ob Williams-Youngster Logan Sargeant rechtzeitig die nötigen Superlizenzpunkte zusammenbringt. Bei Mercedes und Renault könnte Schumacher theoretisch als Ersatzfahrer anheuern.
Biederer Nachfolger
Apropos Ersatzfahrer. Alles deutet darauf hin, dass Nico Hülkenberg das Schumacher-Cockpit übernehmen wird. Der Deutsche, 35, ist seit drei Jahren nur noch als Reservist im Einsatz, aktuell bei Aston Martin, und hält den traurigen Rekord von 181 Rennen ohne Podestplatz. Doch die Haas-Bosse erwarten vom Routinier offenbar weniger Crashes und Millionenschäden als von Schumacher und im Idealfall ein ähnlich gutes Comeback wie von Magnussen, der nach dem Rauswurf des Russen Nikita Masepin zurückgeholt wurde. Vor allem aber scheint Steiner die Lust darauf vergangen zu sein, einen jungen Piloten erst ausbilden zu müssen. (joe)