Europäischer Schutzschild – mit österreichischer Beteiligung?
Österreichs Luftraum ist kaum geschützt. Das soll sich in den kommenden Jahren ändern. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner will sich am gemeinsamen europäischen Luftabwehrsystem Sky Shield beteiligen – die Neutralität soll dafür kein Hindernis sein.
Wien. Wie gut ist der österreichische Luftraum gesichert? Eher unzureichend, so die Einschätzung von Experten. Mit den Eurofightern gibt es moderne, aber unzureichend ausgerüstete Überschallflugzeuge zur Abwehr von Kampfflugzeugen. Abwehrsysteme gegen Raketen oder Drohnen fehlen aber weitgehend. Es gibt zwar ein Flieger-Abwehrbataillon, das ist aber nur in der Lage, ein Objekt, also zum Beispiel einen Flughafen, punktuell zu schützen. Die Luftabwehr ist einer der Schwerpunkte bei der jetzt geplanten Aufrüstung des Bundesheers. Richtungsweisend könnte da die Initiative von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner werden, die Österreich am geplanten europäischen Luftabwehrsystem Sky Shield beteiligen will.
Was ist Sky Shield?
Sky Shield soll die Lücken in der europäischen Luft- und Raketenabwehr schließen. In den kommenden Jahren soll eine ganze
Reihe von Abwehrsystemen angeschafft bzw. in Sky Shield integriert werden. Dazu gehören Alarm-Rotten von Abfangjägern sowie Verteidigungssysteme gegen Drohnen, Hubschrauber, Flugzeuge, Marschflugkörper sowie ballistische Raketen unterschiedlicher Reichweite.
Zur Diskussion steht der Einsatz mehrerer unterschiedlicher Systeme: Iris-T SLM ist ein mobiles System, das Schutz in einem Umkreis von 40 Kilometern bietet. Patriot deckt einen größeren Raum ab und kann auch Sprengköpfe von Mittelstreckenraketen bekämpfen. Und schließlich Arrow-3, ein von Israel entwickeltes System, das Mittelund Langstreckenraketen auch in größerer Entfernung bekämpfen kann. Welche Systeme angeschafft werden und ob sie miteinander kompatibel sind, ist aber noch unklar.
Die Initiatoren
Der Krieg in der Ukraine hat Bewusstsein für die Notwendigkeit einer besseren Luftabwehr geschaffen. Die deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) gehört zu den Initiatorinnen, weitere beteiligte Staaten sind Großbritannien, die Slowakei, Norwegen, Lettland, Ungarn, Bulgarien, Belgien, Tschechien, Finnland, Litauen, die Niederlande, Rumänien und Slowenien. Lauter Nato-Staaten also mit Ausnahme Finnlands, das aber schon einen Antrag auf Aufnahme in die Nato gestellt hat. Lambrecht hat Österreich eingeladen, sich an Sky Shield zu beteiligen. Vor Weihnachten wird es auch noch ein Treffen von Deutschland, Österreich und der Schweiz zu dem Thema geben.
Österreichs Beitrag
Was wäre Österreichs Beitrag bei einem derartigen System? Die Frage lässt sich derzeit kaum beantworten, vor allem deshalb, weil die Initiative erst vor einem Monat gestartet wurde und noch nicht klar ist, wie Sky Shield konkret aussehen wird und welche Waffensysteme tatsächlich angeschafft werden. Mit einiger Sicherheit kann man aber sagen: Es wäre keine Kostenersparnis für Österreich, sondern eher eine Verbesserung der Schutzwirkung
bei gleichem Aufwand. Nach derzeitigen Planungen will das Bundesheer ein Raketenabwehrsystem anschaffen und dafür zwei Milliarden Euro ausgeben – mehr als einst für die Eurofighter. Doch auch dieses System würde keinen flächendeckenden Schutz bieten, sondern wiederum nur punktuellen Schutz. „Das ist eine Kosten-NutzenFrage“, so ein Sprecher des Bundesheers. Auch Sky Shield würde keinen flächendeckenden Schutz bieten, sondern sich auf kritische Infrastruktur und Ballungsräume konzentrieren.
Die Neutralität
Kann sich Österreich überhaupt an einem System beteiligen, das von Nato-Staaten betrieben wird? Das scheint auf den ersten Blick schwierig, weil Militärbündnisse aufgrund der Neutralität ausgeschlossen sind. Unmöglich ist es aber nicht, beispielsweise wenn sich die Zusammenarbeit auf den Datenaustausch konzentriert – Österreich also rechtzeitig von Bedrohungen erfährt, für die Abwehr aber selbst zuständig ist.