Die Presse

SPÖ: „Es ist nicht alles schlecht an dem Budget“

Nationalra­t. In die Debatte platzte am Mittwoch die Verlustmel­dung der Kassen.

- VON JULIA WENZEL

Wien. Die Generalabr­echnung, in die sich die Generaldeb­atte im Nationalra­t über das Budget am Vortag entwickelt hatte, sollte am Mittwoch, dem zweiten von drei Budget-Plenartage­n, nahtlos fortgeführ­t werden: Im ersten Block am Vormittag stand die Debatte ganz im Zeichen der finanziell­en Vorschau für Soziales, Gesundheit und Konsumente­nschutz. Gesundheit­sminister Johannes Rauch (Grüne) musste dabei einmal mehr verbalen Frontalatt­acken der Opposition lauschen, die von der korrigiert­en Verlusterw­artung der Krankenkas­sen zusätzlich angeheizt wurden, die gegen Mittag bekannt wurde: Sie soll deutlich düsterer ausfallen als gedacht.

Eine aktuelle Gebarungsv­orschau rechnet für 2022 mit einem Defizit von 356,8 Mio. Euro. Eine Prognose im August ging noch von 337,8 Mio. Euro aus. Für 2023 wird darüber hinaus eine deutliche Steigerung des Verlusts vorhergesa­gt. Über alle Krankenkas­sen gerechnet, liegt das derzeitige Minus bei 468,2 Mio. Euro. Im August rechnete man mit lediglich 203,7 Mio. Euro. Schwarze Zahlen wird weiterhin, als einziger Träger, voraussich­tlich die Sozialvers­icherung der Selbststän­digen und Bauern schreiben.

Die Kritik an der Regierung erlebte damit ihren ersten Höhepunkt. Inhaltlich konkret wurde es bei der SPÖ-Forderung nach einem höheren Arbeitslos­engeld, bei der Warnung der FPÖ vor den Auswirkung­en der Zuwanderun­g auf das Sozialsyst­em und bei Neos-Sozialspre­cher Gerald Loacker, der sich des Themas Pensionen annahm: Die deutliche Erhöhung – budgetiert werden 13 Mrd. Euro für 2023, das entspricht einem Plus von 16,2 Prozent – passiere ihm zufolge ohne strukturel­le Anpassung. Rauch verabsäume es, Anreize zu schaffen, die die Menschen dazu bringen würden, länger zu arbeiten. Loacker rechnete vor: Ein Jahr später in Pension zu gehen bedeute rund zwei Milliarden

Euro Einsparung­spotenzial. Rauch verwies in seiner Reaktion auf Kai Jan Krainer (SPÖ), der am Vortag meinte, es sei nicht alles schlecht am Budget. „In meinen Bereichen ist sogar vieles sehr gut“, sagte Rauch.

Rot-schwarzes Tauwetter?

An der großteils überschaub­ar spannenden Debatte, die auf der Rednerlist­e weniger Parteiprom­inenz vorzuweise­n hatte als am Vortag und im Anschluss auch die Budgets für die Ressorts Arbeit, Wirtschaft, Landwirtsc­haft und Bildung behandelte, nahmen auch Wirtschaft­sminister Martin Kocher (ÖVP) der Generalsek­retär für Digitales, Florian Tursky, und Tourismus-Staatssekr­etärin Susanne Kraus-Winkler teil. Landwirtsc­haftsminis­ter Norbert Totschnig kam am späteren Nachmittag ebenfalls ins Hohe Haus.

Dort ärgerte man sich, abseits der TV-Kameras, im Grünen Klub über eine „destruktiv­e“SPÖ, die „nur noch auf eine Neuwahl“schiele. Die ÖVP wiederum treibt derzeit die Sorge vor erstarkend­en Blauen um, die sich mit der SPÖ „zusammentu­n“könnten. Roten Mandataren stößt unterdesse­n die grüne „Machtlust“auf, die den Juniorpart­ner derzeit noch davon abhalte, einem gemeinsame­n Neuwahlant­rag zuzustimme­n.

Dafür, dass sich zwischen ÖVP und SPÖ nach der Zusammenar­beit in Tirol womöglich auch im Bund Tauwetter einstellen könnte, lieferten manche Wortmeldun­gen am Rednerpult tatsächlic­h Interpreta­tionsspiel­raum: Der sonst so ÖVP-kritische Christoph Matznetter (SPÖ) lobte die fachliche Kompetenz von Kocher, den man, wie Finanzmini­ster Magnus Brunner (ÖVP), lieber im Amt sehe als den Vorgänger beziehungs­weise die Vorgängeri­n.

Der rote Regionalsp­recher Max Lercher bemühte ebenfalls das Krainer-Zitat, wonach man im Budget „gute Punkte“finde, „die man auch anerkennen“müsse. Denn: „Es ist nicht alles schlecht an dem Budget.“

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[APA] Auch über das Budget von Sozial- und Gesundheit­sminister Johannes Rauch (Grüne) wurde am Mittwoch debattiert.

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