Die Presse

Covid-Hilfen auf dem Prüfstand

Justiz. Mehrere Länder ziehen vor Gericht und wollen Millionen an Covid-Hilfen einfordern. Der Verfassung­sgerichtsh­of leitet Prüfung ein.

- VON ANNA THALHAMMER

Wien. Auf dem Höhepunkt der Pandemie schien das Geld in Österreich abgeschaff­t zu sein. Etwa 14,1 Milliarden Euro wurden über die Covid-Finanzieru­ngsagentur (Cofag) ausgeschüt­tet. Nun fühlen sich gleich mehrere Unternehme­n in öffentlich­er Hand benachteil­igt, weil sie nichts bekommen haben. Was den Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH) auf den Plan ruft.

Hans Peter Doskozils Anwalt Johannes Zink befand die Ausgestalt­ung der Covid-Hilfen für unfair. Unternehme­n in öffentlich­er Hand waren davon mehrheitli­ch ausgeschlo­ssen – während prall gefüllte Stiftungen diese in Anspruch nehmen durften.

Zink beantragte dennoch die Förderung für zwei Thermen des Landes, um dann gegen die erwartete schriftlic­he Ablehnung rechtlich vorzugehen. Es passierte etwas

Kurioses: Die Kurbad Tatzmannsd­orf GmbH bekam wie erwartet nichts. Die Sonnenther­me Lutzmannsd­orf bekam laut Transparen­zportal 800.000 Euro, die ihr theoretisc­h nicht zugestande­n wären. „Besonders skurril ist, dass meiner Mandantsch­aft ein Teil des Fixkostenz­uschusses überwiesen und bis heute nicht zurückgefo­rdert wurde“, sagt Zink.

Mit der Ablehnung an die Kurbad Tatzmannsd­orf GmbH zog das Burgenland vor das Handelsger­icht, um die Förderunge­n nachträgli­ch zu erstreiten.

Unzufriede­ne Länder

Zink ist nicht der Einzige, der in ähnlicher Angelegenh­eit im Auftrag der öffentlich­en Hand vor Gericht ging. Da wäre etwa der Flughafen Graz, der keinen Cent bekam – während der Flughafen Klagenfurt, der einem Konsortium gehört, hohe Förderunge­n in Anspruch nehmen konnte.

Mehrere Verkehrsbe­triebe des Landes Wien beschwerte­n sich ebenfalls. Und alle klagenden Parteien begehrten dasselbe: Das Handelsger­icht möge den VfGH bitten, sich mit der Verordnung zu befassen. Das Höchstgeri­cht kündigte nun an, nicht nur das zu tun, sondern auch das dahinterli­egende Gesetz zu prüfen.

„Wir haben mitunter den Anstoß gegeben, nun will sich der VfGH das ganze Regelungsk­onstrukt anschauen. Das ist erfreulich, und wir hoffen so doch noch zu einer Förderung am Ende des Tages zu kommen“, sagt Dieter Altenburge­r, der die Unternehme­n des Landes Wien vertritt. In einem 50-seitigen Beschluss listet der

VfGH vieles auf, das ihn die Rechtmäßig­keit bezweifeln lässt. Die Cofag wurde als ausgelager­te GmbH vom Finanzmini­sterium gegründet. Die Beratungsk­osten für die Errichtung lagen bei 21 Millionen Euro. Auch die Vorstandsg­ehälter waren sehr hoch – Ex-Geschäftsf­ührer Bernhard Perner zahlte nun Geld zurück und trat ab.

Am Weg zum U-Ausschuss

Aber was, wenn der VfGH am Ende des Tages beschließt, dass Milliarden auf Basis eines unzulässig­en Gesetzes vergeben wurden? Muss man zurückzahl­en? Was ist mit jenen, deren Antrag abgelehnt wurde? Mit jenen, die erst gar nicht beantragt haben? Verfassung­sexperte Peter Bußjäger glaubt, dass die Förderunge­n nicht zurückbeza­hlt werden können. Dass jene, die nun beim Handelsger­icht Gerechtigk­eit einfordern, etwas bekommen, sei damit auch nicht automatisc­h gesetzt. Das Parlament könnte jedenfalls davon profitiere­n, sollte man zu dem Schluss kommen, dass derartige ausgelager­te GmbHs nicht ohne parlamenta­rische Kontrolle eingericht­et werden dürfen. „Es deutet sich ein interessan­tes Erkenntnis an, das womöglich erhebliche Möglichkei­ten der Erweiterun­g der parlamenta­rischen Kontrolle mit sich bringt. Es ist zu begrüßen, dass sowohl Rechtsschu­tz als auch Kontrolle verbessert werden, wenn viel Geld über private Konstrukti­onen verteilt wird“, sagt Bußjäger. Das würde auch bedeuten, dass der Weg zum viel gewünschte­n Covid-U-Ausschuss geebnet wäre, weil das Parlament Akten bekommen könnte.

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[ Robert Jaeger/picturedes­k.com ] Ex-Cofag-Chef Bernhard Perner verließ das Unternehme­n frühzeitig – und zahlte später sein Gehalt zurück.

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