Der Jüngste mit fünf Hauben
Kulinarik. Spitzenkoch Benjamin Parth wird im neuen „Gault-Millau“geadelt. Wie er (nicht) kocht. Und was Jamie Oliver mit seiner Karriere zu tun hat.
Zu seinem 18. Geburtstag wünschte sich Benjamin Parth kein Auto, kein neues Smartphone und auch kein Geld, sondern ein Essen beim französischen Starkoch Marc Veyrat: eher untypisch für das Alter.
Parth wusste damals freilich schon, wohin seine Reise gehen sollte. Und auf der hat er nun einmal mehr einen Höhepunkt erreicht: Der aktuelle „Gault-Millau“hat den 34-Jährigen am Mittwoch als jüngsten Fünf-Hauben-Koch Österreichs ausgezeichnet.
Er erweitert die Riege der Besten damit auf sechs: mit den bewährten Fünfhaubern Konstantin
Filippou (Wien), Silvio
Nickol (Wien), Heinz Reitbauer (Steirereck, Wien), Martin Klein (Ikarus, Salzburg) und Karl und Rudolf Obauer (Werfen). Weitere Auszeichnungen gingen unter anderem an Lukas Nagl vom Bootshaus in Traunkirchen (Koch des Jahres) und Lisa Krispel als Patissière des Jahres (Genusstheater, Weingut Krispl, Straden), Parvin Razavi vom Restaurant &flora im Hotel Gilbert in WienNeubau ist die beste Newcomerin.
Benjamin Parth wiederum ist in der Spitzengastronomie seit jeher auf der Überholspur unterwegs: Seit 2007 leitet er das Restaurant Stüva im elterlichen Hotel Yscla in Ischgl. Zwei Jahre später wurde er der jüngste Haubenkoch des Landes, weitere Auszeichnungen folgten Schlag auf Schlag. Wie das geht? „Indem man konsequent seinen Weg geht“, sagt der Tiroler kurz und knapp. „Und sich natürlich am Anfang kulinarisch auch ein bissl die Hörner abstößt.“
Das war bei ihm am Anfang die molekulare Küche, mit dem Katalanen Ferrán Adriá an der Spitze war die sehr im Kommen. „Und da hat man natürlich das eine oder andere Experiment gemacht, über das man heute schmunzelt“, sagt Parth. Geräucherte Gänseleber mit Rauchwolke würde es bei ihm heute nicht mehr geben. Saucentupfer und Punkte auf dem Teller auch nur begrenzt: „Das hab ich wahrscheinlich gebraucht, damit ich zu meinem Stil finde.“
Heute kocht Parth puristisch, mit möglichst wenig Effekthascherei – und einem von der kürzlich verstorbenen italienisch-deutschen Kochlegende Heinz Winkler geprägten klassischfranzösischen Fundament. Das passt zu dem, was der „Gault-Millau“generell derzeit ortet: einen Trend zur Neoklassik. Von dem zweiten langfristigen Trend – dem zur Regionalität – hebt Benjamin Parth sich freilich ab.
In seine Küche kommen auch Hummer, Steinbutt oder Kaviar, Fisch und Meeresgetier spielen überhaupt eine wichtige Rolle, auf seiner Karte hat er nur ein Fleischgericht. Und was er verarbeitet, muss nicht unbedingt aus dem engsten Umkreis kommen, kann aber natürlich, wie bei seinem Saibling mit Enzianschaum und Kartoffelpüree. „Ich bin ein abnormaler Qualitätsfanatiker“, sagt er. Und, nicht ganz ohne Selbstironie: „Wenn es besser ist, benutzt auch Benjamin Parth das heimische Produkt.“
Dass er in den Familienbetrieb einsteigen würde – seine Urgroßmutter führte die Stüdlhütte am Großglockner, bevor sie in Ischgl eine Pension eröffnete –, war immer im Hinterkopf, aber nicht ausgemacht. Dass es so kam, daran hat auch der britische TV-Koch Jamie Oliver Anteil. „Der hat mich zum Kochen gebracht“, sagt Parth. Er war cool, hat das Eis gebrochen.“
Tirol schneidet sehr gut ab
Tirol schneidet im „Gault-Millau“dieses Jahr überhaupt gut ab: Nach Wien ist es das Bundesland mit den meisten Hauben – und das mit den meisten Aufsteigern. Die zweite Region, die der Restaurantguide besonders hervorhebt, ist Oberösterreich, Heimat von Koch des Jahres Lukas Nagl.