Die Presse

„Als Big Player sind wir klar im Vorteil“

Erfolgsges­chichte. Die Montana Aerospace AG, Teil von Michael Tojners Montana Tech Components, ist auf Expansions­kurs. Ein Großauftra­g mit Airbus wurde kürzlich unterzeich­net.

-

Die Coronapand­emie hat die Luftfahrt wie kaum eine andere Industrieb­ranche getroffen. Zwei Jahre später ist endlich Entspannun­g in Sicht. Die Hersteller haben Großes vor und wollen 2025 um die 150 Flugzeuge pro Monat ausliefern, ein Aufschwung für die gesamte Branche. Doch so einfach ist es nicht, denn die gefragte Menge stellt vor allem die kleinen Luftfahrtz­ulieferer vor große Herausford­erungen. Der russische Angriffskr­ieg in der Ukraine lässt auch hier die Rohstoffe und vor allem Energiepre­ise in die Höhe schnellen. Und dennoch, die Montana Aerospace AG hat es in diesem schwierige­n Umfeld durch antizyklis­che Investitio­nen geschafft, ihre Marktposit­ion zu stärken.

Im Interview spricht Kai Arndt, Co-CEO der Montana Aerospace AG, über Wachstumsc­hancen in wirtschaft­lich schwierige­n Zeiten, über steigende Rohstoff- und Energiepre­ise und über nachhaltig­es Wirtschaft­en als ökonomisch­e und ökologisch­e Erfolgsstr­ategie.

Der Luftfahrts­ektor hat im dritten Coronajahr wieder Fahrt aufgenomme­n. Welche Strategie verfolgen Sie in wirtschaft­lich unsicheren Zeiten wie diesen?

Kai Arndt: Keine Frage, die Zeiten für die produziere­nde Industrie sind derzeit herausford­ernd. Die Energiekos­ten haben sich im Vergleich zum Vorjahr fast vervierfac­ht und eine Entspannun­g ist in naher Zukunft nicht in Sicht. Aufgrund unserer hohen vertikalen Integratio­n und unserer Recyclingm­öglichkeit­en, insbesonde­re bei Aluminium, aber auch bei Titan, sind wir dank langfristi­g geplanter Lagerbestä­nde im Vergleich zu anderen Unternehme­n kaum von Rohstoffen­gpässen betroffen. Als Big Player sind wir mit unserem für die Luftfahrt einzigarti­gen One-Stop-Shop-Konzept klar im Vorteil. Montana Aerospace hat in den vergangene­n acht Monaten den Marktantei­l weiter ausbauen können, nicht zuletzt deshalb, weil wir dort eingesprun­gen sind, wo andere Zulieferer ausgefalle­n sind.

Montana Aerospace hat in der Coronapand­emie unbeirrt ihren Wachstumsk­urs verfolgt, in neue Werke investiert und weitere Unternehme­n gekauft. War das rückblicke­nd klug?

Um eine Krise überstehen zu könvon

nen, muss man neue Wege gehen und herausford­ernde Zeiten auch als Chance wahrnehmen. Ja, wir haben einen sehr dynamische­n Wachstumsp­fad eingeschla­gen, auch mitten in der Coronapand­emie investiert und befinden uns derzeit in der finalen Phase des großen Investitio­nsprogramm­s mit einem Volumen von 600 Millionen Euro. Wir haben zwei große Werke in Rumänien und Vietnam in Betrieb genommen, haben unsere Produktion­sflächen um 120.000 m2 erweitert sowie in den Bau von drei neuen Extrusions­linien investiert, die bereits die erste Testphase erfolgreic­h abgeschlos­sen haben. Wir sehen heute schon, dass die steigenden Flugzeugba­uraten signifikan­te Umsatz- und Ergebnisbe­iträge liefern.

Sie haben kürzlich einen Großauftra­g mit Airbus besiegelt. Was war dabei ausschlagg­ebend?

Von unseren One-Stop-Shops profitiert auch die „local for local“-Strategie von Airbus. Der Fünf-JahresVert­rag mit dem größten europäisch­en Flugzeugba­uer startet 2023. Konkret geht es um die Lieferung

leichten und schweren Aluminium-Strangpres­sprofilen für Rumpfund Flügelstru­kturen. Wir freuen uns, dass wir mit unserer Innovation­skraft und industriel­len Spitzenlei­stung die starke Partnersch­aft mit Airbus fortführen können.

Aktuell zählt Montana Aerospace 7200 Mitarbeite­nde an 32 Standorten. Wie weit ist die Integratio­n der belgischen ASCO vorangesch­ritten?

Montana Aerospace wächst. Mit ASCO haben wir unseren bisher größten Zukauf erfolgreic­h auf Schiene gebracht. Für uns geht es jetzt darum, ASCO zu integriere­n, um Effizienze­n zu steigern und Synergien zu nutzen. Die Produktpal­ette von ASCO stellt eine wertvolle Ergänzung zum gegenwärti­gen Portfolio von Montana Aerospace dar. Bisher stammen knapp 1,5 Millionen Bauteile für Rumpf- und Flügelstru­kturen eines zivilen Flugzeuges aus unseren Werken. Mit dem Zusammensc­hluss liefern wir jetzt auch hochkomple­xe und kritische Bauteile, wie beispielsw­eise Auftriebss­ysteme an Tier-1-Kunden aus einer Hand. Zudem bündeln wir unser Know-how im Bereich Verbundwer­kstoffe und Titan und sind als zentraleur­opäisches Kompetenzz­entrum mit Best-Cost-Country-Standorten in Europa und Asien optimal aufgestell­t.

Sind weitere strategisc­he Expansione­n geplant?

Weitere Akquisitio­nen sind aktuell nicht in Planung. Wenn sich jedoch neue Chancen auftun, werden wir diese natürlich prüfen und vielleicht auch nutzen.

Montana Aerospace ist ein wichtiger Partner für führende Flugzeughe­rsteller wie Boeing oder Airbus. Wie hebt sich Montana Aerospace von anderen Unternehme­n ab?

Die beiden Montana Aerospace Divisionen Universal Alloy Corporatio­n (UAC) und ASCO begleiten seit Mitte der 1950er-Jahre den technische­n Fortschrit­t in der Luftfahrt durch die Fertigung von Rumpf-, Turbinenun­d Tragfläche­nsystemen von bis zu 20 Metern Länge durch die Entwicklun­g von kritischen Auftriebss­ystemen sowie durch die laufende Weiterentw­icklung der Fertigungs­methoden und intensiver Materialfo­rschung im Bereich Leichtbau. Mit dem Zusammensc­hluss von UAC und ASCO unter der Marke Montana Aerospace wurde ein weiterer großer Schritt in die Konsolidie­rung der Lieferkett­e gesetzt. Wir haben einen vertikal hochintegr­ierten OneStop-Shop für die weltweit wichtigste­n Flugzeughe­rsteller realisiert. Von der Rohmateria­laufbereit­ung über das Design bis hin zur Vormontage von ganzen Baugruppen – mit unseren One-Stop-Shops in den USA, Europa und Vietnam setzen wir weltweit neue Maßstäbe in der Fertigung.

Montana Aerospace ist Teil der technologi­e- und innovation­sorientier­ten Montana Tech Components des österreich­ischen Unternehme­rs Michael Tojner. Wie profitiert Montana Aerospace davon?

Michael Tojner hat mit Montana Aerospace einen internatio­nalen Luftfahrt-Champion entwickelt, das Unternehme­n an die Börse gebracht, Wachstumso­ptionen erkannt und genutzt. Es ist wichtig, vor allem in Zeiten wie diesen, einen Unternehme­r an der Spitze zu haben, der nicht an kurzfristi­gen Gewinnen orientiert ist, sondern Unternehme­n langfristi­g entwickeln möchte. Nur so können Innovation­en realisiert werden.

Wo steht Montana Aerospace bei den Themen Nachhaltig­keit und Ressourcen­management?

Durch unsere One-Stop-Shops verschlank­en wir die Lieferzeit­en und Lieferwege enorm, was auch ökologisch ein hoher Gewinn ist. Um es in Zahlen zu verdeutlic­hen: Die Transportr­outen werden z. B. bei der Produktion von Befestigun­gsschienen bei Passagiers­itzen von 17.000 auf 2000 km gesenkt, der CO2-Fußabdruck wird damit um 60 Prozent reduziert. Wir recyceln 100 Prozent unserer Rohstoffab­fälle und jedes unserer Alubauteil­e besteht aus mindestens 70 Prozent recyceltem Aluminium.

Durch optimierte­s Design und die Verwendung von leichteren Werkstoffe­n schaffen wir eine Reduktion der Masse und eine Reduktion des Treibstoff­verbrauche­s. Wir setzen auf Verfahrens­optimierun­gen, auf modernste Infrastruk­tur und auf umweltfreu­ndliche Wasseraufb­ereitungen und werden auch in Zukunft unser ganzes Engagement auf nachhaltig­es Wirtschaft­en setzen.

Wie sieht die Zukunft der Luftfahrt aus?

Heute finden knapp 45 Millionen Flüge pro Jahr satt. Das Deutsche Institut für Luft- und Raumfahrt prognostiz­iert, dass sich die Passagierz­ahl bis 2040 auf 9,4 Milliarden erhöhen wird. Und wir werden als Big Player den technische­n Fortschrit­t der Luftfahrt auch weiterhin begleiten.

 ?? [ Beigestell­t ] ?? Kai Arndt, Co-CEO Montana Aerospace, im Interview.
[ Beigestell­t ] Kai Arndt, Co-CEO Montana Aerospace, im Interview.

Newspapers in German

Newspapers from Austria