Schwarz-Blau noch einmal?
Replik auf Hans Winkler. Die FPÖ unter Kickl ist eben keine Partei wie jede andere. Und daher kein normaler Koalitionspartner.
Kollege Hans Winkler zeigt hier am Dienstag (15. 11.) Verständnis für jene in der ÖVP, „die eine dauerhafte Machtperspektive für die Partei nur mit der FPÖ als Partner sehen . . . nachdem zwei ÖVP-FPÖRegierungen sehr gut gearbeitet haben“. Und das – sei ergänzt – nachdem beide Male die FPÖ diese Koalitionen aus parteiinternen Gründen letal gefährdet hat, einmal unter Schüssel, einmal unter Kurz.
Die Anzeichen mehren sich: Teile der ÖVP sind schon jetzt auf Brautschau für die Zeit nach der nächsten Wahl. Verständlich: Der Kanzler tut sein Bestes, das scheint aber nicht genug in dieser toxischen Krisenmixtur aus Corona, Krieg in der Ukraine samt Energienotstand und Teuerungsrekorden. Die eigenen Umfragewerte sind extrem schlecht, mit den bestenfalls stagnierenden Grünen gibt es schon aus arithmetischen Gründen keine Chance auf Verlängerung.
Eh klar, man greift wieder zur „Ausländerfrage“: Die jüngsten Ausschreitungen in Linz, maßgeblich von jungen Migranten verursacht, führen zur Stimmungsmache gegen Asylwerber, die nur zu einem geringen Prozentsatz an der Randale beteiligt waren. „Es kann kein Asyl nach Wunsch geben“, sagt etwa der steirische Landeshauptmann, Christopher Drexler, der sich gegen sein (zu?) liberales Image wehren zu müssen glaubt. Ein solches Asylrecht existiert natürlich gar nicht, die steigenden Anträge werden lang und streng geprüft, was oft genug zu Widersprüchlichkeiten führt. Beklagenswert oft auch zu grausamen Verbrechen, die wenig mit dem Asylrecht zu tun haben, aber viel mit mangelnder Integration.
Seit Jörg Haiders erstem Anti-Ausländer-Volksbegehren 1993 werden solche Diskussionen mehr populistisch als inhaltlich geführt. Die schnelle Schlagzeile ersetzt die seriöse Debatte: Als kürzlich Wiens Bürgermeister, Michael Ludwig, eine Lockerung
der strengen Regelung zur Erlangung der Staatsbürgerschaft vorschlug, um die Möglichkeit zu politischer Partizipation zu erhöhen (jeder Fünfte in Österreich ist auch „dank“finanzieller Hürden nicht wahlberechtigt; Besserverdiener kommen leichter zur Staatsbürgerschaft als Personen in Niedriglohnbranchen), schlug ihm nur heftige Empörung entgegen. Nicht nur Wiens FP-Chef, Dominik Nepp, sah darin eine „Provokation“, auch der sonst besonnene VP-Obmann, Karl Mahrer, tönte ähnlich. Motto: Nur ja keinen Platz der FPÖ lassen für populistische Polemik!
Ja, die FPÖ hat zugelegt
Die FPÖ hat tatsächlich zugelegt, liegt fast gleichauf mit der SPÖ und deutlich vor der ÖVP. Der eben wieder parteiintern bestätigte Herbert Kickl verfolgt eine simple Strategie: die Sammlung aller Entrechteten, Benachteiligten, unterstützt von Hasspostern, die auch Norbert Hofer zum „Narrensaum“der Gesellschaft zählt. Darunter jene Impfgegner, die in Oberösterreich eine Impfärztin in den Selbstmord getrieben haben, jene Feinde der EUIdee, welche „Österreich zuerst“brüllen (so die von Trump geliehene Parole des von Kickl angekündigte zweiten Anti-Ausländer-Volksbegehrens), jene „Putinisten“, welche im Überfall auf die Ukraine eine logische Reaktion auf eine Verschwörung des Westens sehen. Auch Kickl sieht die Teuerung als Folge einer verfehlten westlichen Boykottpolitik gegen Russland. Und auch er hat sich als Pferdeflüsterer an die Spitze der schlechtesten Ratschläge gegen die Pandemie gestellt: Er empfahl noch Ende 2021 das Anti-Wurmmittel Ivermectin statt einer Anti-CovidImpfung.
Mit solch einem Virologen soll die ÖVP (und danach die Regierung) gesunden?
Dr. Peter Pelinka