Steuer auf Zufallsgewinne kommt
Koalition. ÖVP und Grüne wollen in den kommenden Tagen einen Initiativantrag zur Abschöpfung von Zufallsgewinnen vorlegen. Vermutlich tritt er sogar rückwirkend in Kraft.
Wien. Es drängt. Viele Sitzungstage hat das Parlament nicht mehr, wenn man eine der umstrittensten Maßnahmen der aktuellen Energiekrise umsetzen will: die Abschöpfung von Zufallsgewinnen, die die Stromerzeuger derzeit machen. Die Koalition will die Abschöpfung auf jeden Fall noch heuer realisieren – und dafür muss ein entsprechender Antrag entweder heute, Donnerstag, oder morgen, Freitag, im Nationalrat eingebracht werden.
Man verhandle derzeit intensiv über die Details, wurde der „Presse“in Koalitionskreisen erklärt. Erschwert würden die Gespräche dadurch, dass Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) derzeit bei der Klimakonferenz in Ägypten ist. Klar sei aber auf jeden Fall: „Es muss noch in dieser Woche ein Ergebnis geben.“
Von 50 auf 750 Euro pro MWh
Mit der Steuer sollen die Gewinne, die die Energie-Erzeuger derzeit auf Kosten ihrer Kunden machen, an jene zurückfließen. Dabei geht es um das Auseinanderklaffen von Produktionskosten und Verkaufspreisen von Strom. Die Herstellung einer Megawattstunde Strom aus Wasserkraft kostet etwa 25 Euro, bei Fotovoltaik reichen die Kosten von 20 bis 60 Euro, bei Strom aus Windkraft von 30 bis 80 Euro pro Megawattstunde.
In Vorkrisenzeiten wurde die Megawattstunde um etwa 50 Euro verkauft, heuer erreichten die Preise an den Märkten kurzzeitig bis zu 750 Euro. Der Grund für die hohen Preise ist das sogenannte Merit-Order
System. Durch dieses System schlagen die hohen Gaspreise voll auf den Strompreis durch. Die Folge sind hohe Gewinne, die den Stromerzeugern in den Schoß fallen.
Diese sollen nun eben staatlich abgeschöpft und in Form von Maßnahmen gegen die Teuerung an die Menschen zurückgegeben werden. Derzeit wer denochintensiv über Art und Höhe der Gewinnabschöpfungverha ndelt, heißt es aus Koalitionskreisen. Offen sei beispielsweise, ab wann die Gewinnabschöpfung greifen soll. Verhandelt werde über eine rückwirkende Abschöpfung, auch deshalb müsse das Gesetz noch heuer beschlossen werden.
Deutschland ist dafür Vorbild. Dort plant die Regierung, Zufallsgewinne rückwirkend ab 1. September abzuschöpfen. Ursprünglich war sogar eine Abschöpfung ab März im Gespräch. Wie weit zurück man in Österreich gehen will – ob ab Anfang Dezember (ein entsprechendes Gesetz könnte frühestens Mitte Dezember in Kraft treten), ab September oder noch weiter zurück –, ist eben noch offen.
Die Zufallsgewinne, die eine bestimmte Höhe übe rschreiten, sol len zu 100 Prozent besteuert werden. Die EU hat dafür als Richtwert einen Strompreis von 180 Euro pro Megawattstunde vorgegeben. Alle Einnahmen, die Unternehmen aus einem höheren Preis erzielen, sollen vom Staat kassiert werden. Die einzelnen Mitgliedstaaten können freilich eine niedrigere oder höhere Grenze ansetzen.
Auch andere Energieunternehmen sollen zur Kasse gebeten werden, weil sie ebenfalls von den hohen Energiepreisen profitieren. Konkret die Produzenten von Öl oder Gas, in Österre ich also die OMV. Sie sol len eine Solidaritätsabgabe von mindestens 33 Prozent auf Gewinne zahlen, die 20 Prozent über dem Durchschnitt der vergangenen vier Jahre lagen.
Klima- und Teuerungsbonus
Der Bund als Mehrheitseigentümer hat sich von der OMV bereits eine Sonderdividende ausschütten lassen. Damit wird es freilich nicht getan sein. Heuer hat die OMV allein von Jänner bis September einen Vorsteuergewinn von neun Milliarden Euro gemacht. Im ganzen Jahr 2021 fuhr das Unternehmen einen Vorsteuergewinn von 5,96 Milliarden Euro (CCS Ebit) ein, 2020 waren es noch 1,69 Milliarden Euro.
Die Regierung hat heuer mit verschiedenen Maßnahmen finanzielle Hilfen gegen die Teuerung gewährt. So gab es beispielsweise einen Klima- und Teuerungsbonus in der Höhe von 500 Euro, Familien erhielten eine Sonder-Familienbeihilfe in der Höhe von 180 Euro pro Kind, und beim Strompreis übernimmt der Bund für einen Jahresverbrauch von 2900 kWh alles, was einen Preis von zehn Cent pro Kilowattstunde überschreitet.