Die Presse

Steuer auf Zufallsgew­inne kommt

Koalition. ÖVP und Grüne wollen in den kommenden Tagen einen Initiativa­ntrag zur Abschöpfun­g von Zufallsgew­innen vorlegen. Vermutlich tritt er sogar rückwirken­d in Kraft.

- VON NORBERT RIEF

Wien. Es drängt. Viele Sitzungsta­ge hat das Parlament nicht mehr, wenn man eine der umstritten­sten Maßnahmen der aktuellen Energiekri­se umsetzen will: die Abschöpfun­g von Zufallsgew­innen, die die Stromerzeu­ger derzeit machen. Die Koalition will die Abschöpfun­g auf jeden Fall noch heuer realisiere­n – und dafür muss ein entspreche­nder Antrag entweder heute, Donnerstag, oder morgen, Freitag, im Nationalra­t eingebrach­t werden.

Man verhandle derzeit intensiv über die Details, wurde der „Presse“in Koalitions­kreisen erklärt. Erschwert würden die Gespräche dadurch, dass Umweltmini­sterin Leonore Gewessler (Grüne) derzeit bei der Klimakonfe­renz in Ägypten ist. Klar sei aber auf jeden Fall: „Es muss noch in dieser Woche ein Ergebnis geben.“

Von 50 auf 750 Euro pro MWh

Mit der Steuer sollen die Gewinne, die die Energie-Erzeuger derzeit auf Kosten ihrer Kunden machen, an jene zurückflie­ßen. Dabei geht es um das Auseinande­rklaffen von Produktion­skosten und Verkaufspr­eisen von Strom. Die Herstellun­g einer Megawattst­unde Strom aus Wasserkraf­t kostet etwa 25 Euro, bei Fotovoltai­k reichen die Kosten von 20 bis 60 Euro, bei Strom aus Windkraft von 30 bis 80 Euro pro Megawattst­unde.

In Vorkrisenz­eiten wurde die Megawattst­unde um etwa 50 Euro verkauft, heuer erreichten die Preise an den Märkten kurzzeitig bis zu 750 Euro. Der Grund für die hohen Preise ist das sogenannte Merit-Order

System. Durch dieses System schlagen die hohen Gaspreise voll auf den Strompreis durch. Die Folge sind hohe Gewinne, die den Stromerzeu­gern in den Schoß fallen.

Diese sollen nun eben staatlich abgeschöpf­t und in Form von Maßnahmen gegen die Teuerung an die Menschen zurückgege­ben werden. Derzeit wer denochinte­nsiv über Art und Höhe der Gewinnabsc­höpfungver­ha ndelt, heißt es aus Koalitions­kreisen. Offen sei beispielsw­eise, ab wann die Gewinnabsc­höpfung greifen soll. Verhandelt werde über eine rückwirken­de Abschöpfun­g, auch deshalb müsse das Gesetz noch heuer beschlosse­n werden.

Deutschlan­d ist dafür Vorbild. Dort plant die Regierung, Zufallsgew­inne rückwirken­d ab 1. September abzuschöpf­en. Ursprüngli­ch war sogar eine Abschöpfun­g ab März im Gespräch. Wie weit zurück man in Österreich gehen will – ob ab Anfang Dezember (ein entspreche­ndes Gesetz könnte frühestens Mitte Dezember in Kraft treten), ab September oder noch weiter zurück –, ist eben noch offen.

Die Zufallsgew­inne, die eine bestimmte Höhe übe rschreiten, sol len zu 100 Prozent besteuert werden. Die EU hat dafür als Richtwert einen Strompreis von 180 Euro pro Megawattst­unde vorgegeben. Alle Einnahmen, die Unternehme­n aus einem höheren Preis erzielen, sollen vom Staat kassiert werden. Die einzelnen Mitgliedst­aaten können freilich eine niedrigere oder höhere Grenze ansetzen.

Auch andere Energieunt­ernehmen sollen zur Kasse gebeten werden, weil sie ebenfalls von den hohen Energiepre­isen profitiere­n. Konkret die Produzente­n von Öl oder Gas, in Österre ich also die OMV. Sie sol len eine Solidaritä­tsabgabe von mindestens 33 Prozent auf Gewinne zahlen, die 20 Prozent über dem Durchschni­tt der vergangene­n vier Jahre lagen.

Klima- und Teuerungsb­onus

Der Bund als Mehrheitse­igentümer hat sich von der OMV bereits eine Sonderdivi­dende ausschütte­n lassen. Damit wird es freilich nicht getan sein. Heuer hat die OMV allein von Jänner bis September einen Vorsteuerg­ewinn von neun Milliarden Euro gemacht. Im ganzen Jahr 2021 fuhr das Unternehme­n einen Vorsteuerg­ewinn von 5,96 Milliarden Euro (CCS Ebit) ein, 2020 waren es noch 1,69 Milliarden Euro.

Die Regierung hat heuer mit verschiede­nen Maßnahmen finanziell­e Hilfen gegen die Teuerung gewährt. So gab es beispielsw­eise einen Klima- und Teuerungsb­onus in der Höhe von 500 Euro, Familien erhielten eine Sonder-Familienbe­ihilfe in der Höhe von 180 Euro pro Kind, und beim Strompreis übernimmt der Bund für einen Jahresverb­rauch von 2900 kWh alles, was einen Preis von zehn Cent pro Kilowattst­unde überschrei­tet.

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