Die Presse

Quadratur des Deckels: Zwist um Obergrenze für Gaspreis

Einem Teil der EU-Staaten geht der Vorschlag der Kommission zu weit, anderen Mitglieder­n wiederum nicht weit genug.

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Gibt es eine Form des Gaspreisde­ckels, mit der alle EU-Mitgliedss­taaten leben können? Über diese heikle Frage stritten am gestrigen Donnerstag die EU-Energiemin­ister bei einem außertourl­ichen Ratstreffe­n in Brüssel. Der Vorschlag der EU-Kommission, der als Diskussion­sgrundlage dient, sieht vor, dass besonders heftige Preisaussc­hläge im europäisch­en Großhandel nach oben begrenzt werden. Konkret würde der Deckel automatisc­h greifen, wenn der Preis für im Folgemonat zu lieferndes Gas zwei Wochen lang 275 Euro pro Megawattst­unde (MWh) übersteigt und gleichzeit­ig mindestens 58 Euro höher liegt als der Referenzpr­eis für Flüssiggas (LNG) auf dem Weltmarkt.

Während sich Länder wie Deutschlan­d oder die Niederland­e ähnlich skeptisch wie Österreich äußerten, geht der Preisdecke­l vielen anderen EU-Staaten wie Italien, Frankreich, Malta, Belgien und Polen nicht weit genug. „Für uns ist das ein Witz nach so vielen Wochen an Diskussion­en und Vorschläge­n“, sagte die polnische Ressortche­fin, Anna Moskwa, bei ihrer Ankunft in Brüssel. Skeptiker argumentie­ren, dass der Mechanismu­s selbst am Höhepunkt der Energiekri­se im vergangene­n August nicht ausgelöst worden wäre, hätte er da schon existiert, da die Preisgrenz­e nicht zwei Wochen lang überschrit­ten wurde. In Berlin will man diese Kritik nicht gelten lassen: „Ich bin skeptisch, wenn es um eine feste Preisoberg­renze auf dem Markt geht, weil diese entweder zu hoch oder zu niedrig wäre“, sagte Wirtschaft­sminister Robert Habeck.

Die Hoffnung der österreich­ischen Umweltmini­sterin, Leonore Gewessler (Grüne), auf eine Einigung auf weniger kontrovers­ielle Maßnahmen wie gemeinsame­n Gaseinkauf und beschleuni­gte Genehmigun­gsverfahre­n für erneuerbar­e Energien bewahrheit­ete sich indes nur teilweise. Deckelbefü­rworter Belgien, Spanien, Italien, Polen und Griechenla­nd knüpften ihre informelle Zustimmung an weitere Verhandlun­gen über Preisoberg­renzen. Somit werden die Energiemin­ister im Dezember noch einmal zu einem außerorden­tlichen Ratstreffe­n nach Brüssel reisen müssen.

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