Was die Staatsanwaltschaft Gerald Fleischmann vorwirft
Der neue Kommunikationschef der ÖVP gab Themen für jene Umfragen vor, die das Finanzressort im Interesse der ÖVP beauftragte.
In der Frage, ob und inwieweit sich die ÖVP von Sebastian Kurz und dessen Regentschaft abgrenzt, hat die Partei eine weitreichende Entscheidung getroffen – und zwar nicht inhaltlich, sondern personell: Gerald Fleischmann, zehn Jahre lang engster Kurz-Vertrauter und Medienzuständiger im türkisen Machtzirkel, kehrt auf Wunsch Karl Nehammers offiziell zurück ins politische Geschehen.
Fleischmann, der ein Jahr lang im ÖVP-Parlamentsklub im Hintergrund tätig war, wird als Kommunikationsleiter der Volkspartei für die strategische Kommunikation verantwortlich sein. In der ÖVP sorgt dies für Verwunderung, hinter den Kulissen sehen manche die Beförderung kritisch – zumal sie Insidern zufolge nicht in der Partei abgesprochen wurde, sondern im engsten Kreis um Nehammer beschlossen wurde. Die Landesparteien äußerten sich am Donnerstag demonstrativ zurückhaltend zur Personalentscheidung: Das sei Angelegenheit der Bundespartei.
Problematisch an der Bestellung Fleischmanns ist aber nicht nur seine Nähe zum ehemaligen Kanzler, sondern auch, dass er selbst Beschuldigter im Verfahren ist. Es geht da um die Umfragenaffäre, die im Oktober des Vorjahrs bekannt wurde und zum Rücktritt von Kurz als Bundeskanzler geführt hat: Das Finanzministerium soll laut Darstellung der Staatsanwaltschaft Umfragen bei der Meinungsforscherin Sabine Beinschab in Auftrag gegeben haben, die nicht im Interesse des Ministeriums lagen, sondern der ÖVP dienten bzw. Sebastian Kurz, um an die Spitze der ÖVP zu kommen. Ein typischer Fall von Untreue, so die Darstellung der WKStA. Der damalige Generalsekretär des Ministeriums, Thomas Schmid, stand im Zentrum der Affäre, ebenso der spätere Kanzlersprecher Johannes Frischmann. Welche Rolle aber hatte Gerald Fleischmann?
In der Anordnung zu den Hausdurchsuchungen vor einem Jahr wurde Fleischmann Beitragstäterschaft vorgeworfen. Fleischmann kommt in dem 104 Seiten langen Konvolut nur am Rande vor, es sind einige Chatnachrichten von ihm an Schmid, die von der WKStA als strafrechtlich relevant angesehen wurden. Bei denen geht es darum, dass der Pressemann von Kurz Inhalte von Umfragen vorgibt – und auch gleich das gewünschte Ergebnis dazu.
So schreibt er am 17. Juli 2017 – es war die Zeit des Nationalratswahlkampfs – an Schmid eine Erinnerung wegen einer Umfrage zu den Neos mit dem gewünschten Resultat: „Griss bringt praktisch Null“. Zehn Tage später sollte abgefragt werden, wem das Antreten der Liste Pilz schadet: „Grobe (gemeint: Grüne) stark, Sozis mittel, Neos bissl, blau kaum und VP so gut wie nichts.“
Gerald Fleischmann sei vor allem in der Wahlkampfphase gemeinsam mit Stefan Steiner, dem Chefstrategen von Sebastian Kurz, zentral in die Beauftragung der Fragestellungen und die Steuerung der Veröffentlichung in den Medien eingebunden gewesen. Fleischmann selbst bestreitet die Vorwürfe. Belastet wird er von Thomas Schmid, der in seinem Geständnis die Darstellung der WKStA bestätigt hat.