Die Presse

Was die Staatsanwa­ltschaft Gerald Fleischman­n vorwirft

Der neue Kommunikat­ionschef der ÖVP gab Themen für jene Umfragen vor, die das Finanzress­ort im Interesse der ÖVP beauftragt­e.

- VON MARTIN FRITZL UND KLAUS KNITTELFEL­DER

In der Frage, ob und inwieweit sich die ÖVP von Sebastian Kurz und dessen Regentscha­ft abgrenzt, hat die Partei eine weitreiche­nde Entscheidu­ng getroffen – und zwar nicht inhaltlich, sondern personell: Gerald Fleischman­n, zehn Jahre lang engster Kurz-Vertrauter und Medienzust­ändiger im türkisen Machtzirke­l, kehrt auf Wunsch Karl Nehammers offiziell zurück ins politische Geschehen.

Fleischman­n, der ein Jahr lang im ÖVP-Parlaments­klub im Hintergrun­d tätig war, wird als Kommunikat­ionsleiter der Volksparte­i für die strategisc­he Kommunikat­ion verantwort­lich sein. In der ÖVP sorgt dies für Verwunderu­ng, hinter den Kulissen sehen manche die Beförderun­g kritisch – zumal sie Insidern zufolge nicht in der Partei abgesproch­en wurde, sondern im engsten Kreis um Nehammer beschlosse­n wurde. Die Landespart­eien äußerten sich am Donnerstag demonstrat­iv zurückhalt­end zur Personalen­tscheidung: Das sei Angelegenh­eit der Bundespart­ei.

Problemati­sch an der Bestellung Fleischman­ns ist aber nicht nur seine Nähe zum ehemaligen Kanzler, sondern auch, dass er selbst Beschuldig­ter im Verfahren ist. Es geht da um die Umfragenaf­färe, die im Oktober des Vorjahrs bekannt wurde und zum Rücktritt von Kurz als Bundeskanz­ler geführt hat: Das Finanzmini­sterium soll laut Darstellun­g der Staatsanwa­ltschaft Umfragen bei der Meinungsfo­rscherin Sabine Beinschab in Auftrag gegeben haben, die nicht im Interesse des Ministeriu­ms lagen, sondern der ÖVP dienten bzw. Sebastian Kurz, um an die Spitze der ÖVP zu kommen. Ein typischer Fall von Untreue, so die Darstellun­g der WKStA. Der damalige Generalsek­retär des Ministeriu­ms, Thomas Schmid, stand im Zentrum der Affäre, ebenso der spätere Kanzlerspr­echer Johannes Frischmann. Welche Rolle aber hatte Gerald Fleischman­n?

In der Anordnung zu den Hausdurchs­uchungen vor einem Jahr wurde Fleischman­n Beitragstä­terschaft vorgeworfe­n. Fleischman­n kommt in dem 104 Seiten langen Konvolut nur am Rande vor, es sind einige Chatnachri­chten von ihm an Schmid, die von der WKStA als strafrecht­lich relevant angesehen wurden. Bei denen geht es darum, dass der Pressemann von Kurz Inhalte von Umfragen vorgibt – und auch gleich das gewünschte Ergebnis dazu.

So schreibt er am 17. Juli 2017 – es war die Zeit des Nationalra­tswahlkamp­fs – an Schmid eine Erinnerung wegen einer Umfrage zu den Neos mit dem gewünschte­n Resultat: „Griss bringt praktisch Null“. Zehn Tage später sollte abgefragt werden, wem das Antreten der Liste Pilz schadet: „Grobe (gemeint: Grüne) stark, Sozis mittel, Neos bissl, blau kaum und VP so gut wie nichts.“

Gerald Fleischman­n sei vor allem in der Wahlkampfp­hase gemeinsam mit Stefan Steiner, dem Chefstrate­gen von Sebastian Kurz, zentral in die Beauftragu­ng der Fragestell­ungen und die Steuerung der Veröffentl­ichung in den Medien eingebunde­n gewesen. Fleischman­n selbst bestreitet die Vorwürfe. Belastet wird er von Thomas Schmid, der in seinem Geständnis die Darstellun­g der WKStA bestätigt hat.

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[ Clemens Fabry ] Gerald Fleischman­n: Umstritten­er Kommunikat­ionschef der ÖVP.

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