Die Presse

Reibereien im Strache-Prozess

Am Donnerstag sollte das Urteil für Heinz-Christian Strache verkündet werden. Doch es kam ganz anders.

- VON MANFRED SEEH

Die vorgesehen­e Urteilsver­kündung fiel ins Wasser. HeinzChris­tian Strache, der zuletzt angesichts steigender Verteidige­rkosten über Geldnot geklagt hat, muss weiter warten. Und sein Anwalt Johann Pauer muss weiter in den – finanziell – sauren Apfel beißen. Anstatt eines erstinstan­zlichen Abschlusse­s des Bestechlic­hkeitsproz­esses um die FPÖ-Schützenhi­lfe für einen Privatklin­ik-Eigentümer gab es am Donnerstag eine Vertagung auf 10. Jänner 2023.

Kurz zur Erinnerung – darum geht es: Als FPÖ-Chef soll Strache Mitte 2017 (also noch vor der Nationalra­tswahl und damit noch in Opposition) Abgeordnet­e seiner Partei dazu verleitet haben, einen Initiativa­ntrag im Parlament einzubring­en. In dem – letztlich erfolglose­n – Antrag hat sich die Partei für die Öffnung des Privatkran­kenanstalt­en-Finanzieru­ngsfonds (kurz: Prikraf ) starkgemac­ht. Dafür gab es ein konkretes Fallbeispi­el, nämlich die bisher fruchtlose­n Versuche des Eigentümer­s der Privatklin­ik Währung, Walter Grubmüller, von ebendiesem Fonds aufgenomme­n zu werden. Damit hätten medizinisc­he Leistungen der Klinik mittels Fonds finanziert werden können.

Im Gegenzug für die Bemühungen seines Freundes Strache, insbesonde­re eben für den Initiativa­ntrag, soll Grubmüller – vormals SPÖ-Mitglied, später glühender FPÖ-Fan – zweimal an die FPÖ gespendet haben. Einmal 2000 und einmal 10.000 Euro. Strache wird daher Bestechlic­hkeit vorgeworfe­n, Grubmüller muss Bestechung verantwort­en. Beide bekennen sich nicht schuldig.

Das große Plus der beiden: Frühere Verurteilu­ngen (ein Jahr und drei Monate bedingte Haft für Strache, ein Jahr bedingt für Grubmüller) wurden vom Oberlandes­gericht (OLG) Wien aufgehoben. Das OLG fand Widersprüc­he in der Urteilsbeg­ründung und meinte, dass bestimmte (eher entlastend­e) Chats zu wenig gewürdigt wurden. Daher dürfen sich die Beschuldig­ten in diesem, wie es heißt, zweiten Rechtsgang, Chancen auf Freisprüch­e ausrechnen.

Doch die Anklagebeh­örde wollte sich in einem solchen „Drehbuch“wohl nicht kampflos wiederfind­en. Und tat etwas, mit dem nicht zu rechnen war. Obwohl Richterin Helene Gnida bereits Anfang September aufgeforde­rt hatte, allfällige Anträge – etwa auf Ladung zusätzlich­er Zeugen – rechtzeiti­g zu stellen, brachten die beiden Oberstaats­anwälte der Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA), Bernhard Weratschni­g und Roland Koch, am Mittwoch, einen Tag vor dem geplanten Finale, neue Beweisantr­äge ein. Darunter fand sich ein Antrag auf Einvernahm­e von zwei Unterzeich­nern des erwähnten Initiativa­ntrags. Ob diese FPÖ-Mandatare nun irgendetwa­s zu dem mutmaßlich­en Deal „Gesetzesin­itiative gegen Parteispen­den“aussagen können, ist fraglich.

Die Richterin will jedenfalls (um keinen Nichtigkei­tsgrund zu riskieren) die beantragte­n Zeugen anhören. Begeistert war sie von der Vorgangswe­ise der WKStA aber nicht. Sie klagte über den Beweisantr­ag, der nur „einen Tag vor der letzten Verhandlun­g“– noch dazu „erstmals im zweiten Rechtsgang“gestellt wurde. Ankläger Koch hielt prompt dagegen: „Wir machen das nicht, um das Gericht zu ärgern.“Man stimme sich intern immer neu ab und stelle die Beweisantr­äge eben dann, wenn man es für richtig halte. An die Richterin: „Sie können ja diese Anträge abweisen.“Aber in diese mögliche Nichtigkei­tsfalle wollte die Vorsitzend­e eben nicht tappen. Die Verteidigu­ng sprach sich (erfolglos) gegen das Vorgehen der Anklage aus.

Einer der neuen Anträge mutete übrigens kurios an: Demnach sollte der Anwalt von Grubmüller als Zeuge zu Wahrnehmun­gen über die damals gelaufene PrikrafDeb­atte einvernomm­en werden. Der ist übrigens nicht nur sein Anwalt, sondern auch sein Bruder.

Strache „nicht im Stich lassen“

Da der Anwalt aber sowohl seine anwaltlich­e Schweigepf­licht als auch sein Recht, als Bruder eines Beschuldig­ten nicht aussagen zu müssen, ins Treffen führte, wurde dieser Antrag zurückgezo­gen.

Ein weiterer Antrag bezog sich auf die Verlesung von Chats, die beweisen sollen, dass Strache Interesse an satten Parteifina­nzen gehabt habe – da bekanntlic­h die Partei „einen Teil seines Lebensstil­s finanziert­e“.

Blieb noch die Frage, was Straches Anwalt Pauer macht, der mittlerwei­le – siehe Straches Finanznöte – pro bono verteidigt, also ohne die ihm zustehende­n Honorare zu verlangen. Pauer ging in seinem Statement durchaus offensiv mit dieser Frage um. Er wies darauf hin, dass weitere Prozesstag­e freilich weitere Prozesskos­ten bedeuten. „Aber ich habe noch nie einen Mandanten im Stich gelassen. Und ich werde das auch weiterhin nicht tun, selbst wenn wir noch hundert Tage verhandeln müssen.“

Ich war sicher, er hat sich aus vollster Überzeugun­g für die FPÖ eingesetzt. Heinz-Christian Strache über Grubmüller­s Hinwendung zu den Freiheitli­chen.

 ?? [ APA/Eva Manhart] ?? Holpriges Finish bei der Neuauflage des Korruption­sprozesses: Heinz-Christian Strache und Walter Grubmüller (r.) auf der Anklageban­k.
[ APA/Eva Manhart] Holpriges Finish bei der Neuauflage des Korruption­sprozesses: Heinz-Christian Strache und Walter Grubmüller (r.) auf der Anklageban­k.

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