Georg Willi: Der isolierte grüne Überzeugungstäter
Nach der geplatzten Koalition spaltet sich nun auch seine Partei. Innsbrucks Bürgermeister gerät ins Abseits. Manches spricht für Neuwahlen.
Mit dem Image eines Brückenbauers trat er einst in Innsbruck an – als grüner Realo, der mit allen kann außer der FPÖ. Mit Erfolg: Platz eins bei der Gemeinderatsund Bürgermeisterwahl, dann auch noch siegreich in der Stichwahl und somit erster grüner Bürgermeister einer Landeshauptstadt, regiert von einer Koalition mit ÖVP, der ÖVP-nahen Liste Für Innsbruck und SPÖ.
Vier Jahre später steht der mittlerweile 63-jährige Georg Willi vor den Trümmern seiner Amtszeit. Manches spricht für eine Neuwahl, aber bei Weitem nicht alles, sodass Willi bis zum Ende der Legislaturperiode 2024 Bürgermeister bleiben könnte.
Aber der Reihe nach. Die Koalition platzte schon im Frühjahr 2021. Der Anlass – wenn auch nicht der unmittelbare – war die von ihm initiierte Abwahl von Vizebürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer (Für Innsbruck), die er als amtierende Stadtchefin in der Stichwahl besiegt hatte. Als Grund nannte Willi, dass sie die politische Verantwortung für die Kostenüberschreitung beim Bau der Patscherkofelbahn übernehmen müsse. „Im Rückblick mein größter Fehler“, sagt Willi. Ihre Abwahl habe zu einem tiefen Riss in der Koalition geführt.
Seither herrscht das freie Spiel der Kräfte – und in Innsbruck de facto Stillstand. Bereits beschlossene Projekte wie etwa die Neugestaltung des Platzes vor der Hofburg wurden mangels Mehrheit nicht umgesetzt. Willi vermutet Racheakte dahinter.
Am Donnerstag zerbrach auch seine Partei – die drei Gemeinderäte Marcela Duftner, Thomas Lechleitner und Renate Krammer-Stark traten (nicht ganz überraschend, zuletzt gab es wiederholt interne Konflikte) aus dem Klub aus und gründeten eine eigene Liste. Schwere Vorwürfe inklusive: Willi sei „unfähig zur transparenten Kommunikation, zum Verhandeln und Führen, intern wie extern“. Zudem sei der Umgang mit den finanziellen Ressourcen der Stadt „höchst fragwürdig“. Gemeint ist seine Entscheidung, eine neue, ihm unterstellte Stabstelle zu schaffen und als Leiterin jene Personalchefin zu installieren, die der Stadtsenat absetzen wollte.
In einem Kontrollamtsbericht waren zuvor zu hohe Zulagen für sie kritisiert worden. In seiner Funktion als Bürgermeister darf Willi solche Stabstellen errichten, für die anderen Parteien – und seine drei Mandatare – ist dieses Vorgehen dennoch ein Affront.
Auch, weil die Personalchefin nicht die einzige Person im Magistrat mit großzügigen Zulagen ist. So ließ Willi etwa zu, dass ein abgebrochenes Studium und künstlerische Tätigkeiten als Vordienstzeiten berücksichtigt wurden. Kein eleganter Zug, räumt er gegenüber der „Presse“ein. Er hätte den betroffenen Mitarbeitern von Anfang an einen Sondervertrag anbieten sollen, anstatt sie nach dem Gehaltsschema des Magistrats zu bezahlen.
Gerechtfertigt seien die Gehälter aber zweifellos, da sie eine hohe Verantwortung tragen würden „und mir teilweise rund um die Uhr zur Verfügung stehen“. Solche Führungskräfte müssten „marktkonform“entlohnt werden, sonst bekomme er sie nicht.
Deswegen habe er auch die besagte neue Stabstelle geschaffen – „um nicht zuzulassen, dass eine engagierte Mitarbeiterin mit einem Fünfjahresvertrag nach zwei Jahren abberufen wird“. Hätte er das erlaubt, stelle sich die Frage, wen der Stadtsenat als Nächstes abberuft, um ihm eins auszuwischen. „Ich stehe zu dieser Entscheidung, ich musste mich schützend vor mein Team stellen.“
Daher nehme er die Parteiaustritte „enttäuscht, aber nicht schockiert“zur Kenntnis und werde seine Arbeit fortsetzen. Aber nur dann, wenn es ihm gelingt, Mehrheiten für künftige Projekte zu finden. In den nächsten Tagen werde er verbindliche Zusagen einfordern. Ansonsten „gibt es eben Neuwahlen“. Er habe keine Angst davor – „anders als Mandatare anderer Parteien“. Tatsächlich fand sich bisher keine Zweidrittelmehrheit für eine Neuwahl, die Willi gar nicht verhindern könnte.
Sollte es dazu kommen, würde er sich auch als Bürgermeister der Direktwahl stellen. Kein unwahrscheinliches Szenario nach den jüngsten Ereignissen, die ihn den letzten Rest an Vertrauen gekostet haben könnten.
Dass sein Ruf als Vermittler ruiniert ist, negiert auch er selbst nicht. Er habe Fehler gemacht und „teilweise impulsiv reagiert“. Machtrausch und Intransparenz lasse er sich aber nicht vorwerfen. „Ich regiere seit März 2020 im Krisenmodus. Und ich habe gelernt, damit umzugehen.“