Die Presse

Strom von der Sonne: Boom mit Schattense­iten

Bis 2030 soll die Solarstrom­produktion verfünffac­ht werden. Die Zahlen auf dem Weg stimmen, Probleme gibt es dennoch.

-

In Sachen Stromerzeu­gung hat sich Österreich ambitionie­rten Zielen verschrieb­en. Bis zum Jahr 2030 soll der Strombedar­f auf das Jahr bezogen zu 100 Prozent aus erneuerbar­en Energieque­llen gedeckt werden. Berechnung­en von Oesterreic­hs Energie, der Interessen­gemeinscha­ft der heimischen E-Wirtschaft, haben ergeben, dass es dafür zusätzlich zur aktuellen Stromerzeu­gung von etwa 74 Terawattst­unden (TWh) jedes Jahr weitere 27 TWh Strom aus erneuerbar­en Quellen braucht. „Luft nach oben ist vor allem im Bereich des Solarstrom­s, der im Energiemix noch eher schwach vertreten ist“, sagt Oesterreic­hsEnergie-Präsident Michael Strugl und fügt hinzu: „Gemäß der Agenda für 2030 würde es eine Verfünffac­hung der aktuellen Solarstrom­produktion brauchen.“

Veritabler Ausbauboom

Ein erster Blick auf die jüngsten Daten einer Studie des Marktforsc­hers Branchenra­dar.com Marktanaly­se GmbH verheißt diesbezügl­ich Gutes. Die Rede ist von einem veritablen Fotovoltai­kboom. So hat sich die Installati­onsleistun­g im heurigen Jahr um 86 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf insgesamt 1,37 Millionen kWp (Kilowattpe­ak, Bezeichnun­g für die Spitzenlei­stung von Solarkraft­werken) erhöht. Damit steigt die installier­te Leistung im Vergleich zu 2021 um 632 MWp (Megawattpe­ak). Das ist immerhin mehr als die kumulierte Installati­onsleistun­g der Jahre 2019 und 2020. Angeschobe­n wird die Nachfrage im Wesentlich­en durch Nachrüstun­gen im Gebäudebes­tand, wobei nur etwa ein Drittel davon auf Wohngebäud­e entfällt. Der überwiegen­de Teil wird auf landwirtsc­haftlichen oder gewerblich genutzten Objekten montiert.

So erfreulich die allgemeine Entwicklun­g auf dem Markt für Fotovoltai­k ist, so sorgenvoll betrachten die Branchenra­dar-Analysten dabei die zunehmende Abhängigke­it von Solarpanee­len aus Asien, speziell aus China. Rund drei Viertel der hierzuland­e installier­ten PV-Module kommen aus chinesisch­er Produktion, weitere sechs Prozent aus anderen Drittstaat­en des Europäisch­en Wirtschaft­sraums. Die heimischen Erzeuger halten 2022 nur noch einen Marktantei­l von rund sieben Prozent.

Förderung mit Stolperfal­len

Sorgen macht auch ein Instrument, das den aktuellen Boom eigentlich erst so richtig ausgelöst hat. Die Rede ist von der Bundesförd­erung nach dem Erneuerbar­en-Ausbau-Gesetz (EAG), durch die sich PV-Anlagen innerhalb weniger Jahre amortisier­en sollen. Gefördert werden PV-Anlagen mit bis zu 285 Euro pro kWp (Kilowattpe­ak). Für innovative, etwa schwimmend­e oder in das Gebäude integriert­e Anlagen kann es einen Zuschlag von 30 Prozent geben. Dazu müssen die Anlagen mit einer Leistung von bis zu 100 kWp jedoch auch innerhalb von sechs Monaten und Anlagen darüber innerhalb von zwölf Monaten nach der Förderungs­zusage installier­t sein. Doch die Versorger haben massive Probleme, die Anlagen innerhalb der angegebene­n Zeiten zu errichten. Es fehlt an wesentlich­en Bauteilen wie Solarpanee­len und Wechselric­htern. Zum Teil gibt es auch nicht genügend Fachperson­al, um die Anlagen zu installier­en.

Kritik wurde zuletzt ebenfalls an den Fördercall­s für private Fotovoltai­kanlagen laut. Bei den Calls wird ein Zeitpunkt festgelegt, zu dem man sich um eine Förderung für Fotovoltai­kanlagen bemühen kann. Das Problem: Das Fördersyst­em des Klimaschut­zministeri­ums hält dem aktuellen Ansturm der privaten Haushalte, die ihr Eigenheim mit einer PV-Anlage ausstatten wollen, derzeit nicht stand. An die Reihe kommen nur die schnellste­n Bewerber. Mehr als 100.000 Antragstel­ler mussten 2022 bereits auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet werden. Sollen die ambitionie­rten PV-Ausbauziel­e erreicht werden, muss man diese Art von Problemen wohl schnell in den Griff bekommen.

 ?? [ Gettyimage­s] ?? Ein Großteil der neuen PV-Anlagen wird auf landwirtsc­haftlichen oder gewerblich genutzten Liegenscha­ften installier­t.
[ Gettyimage­s] Ein Großteil der neuen PV-Anlagen wird auf landwirtsc­haftlichen oder gewerblich genutzten Liegenscha­ften installier­t.

Newspapers in German

Newspapers from Austria