Wirtschaft hofft auf milde Rezession
Der Ifo-Geschäftsklimaindex ist überraschend deutlich angestiegen. Der Konjunktureinbruch könnte schwächer ausfallen als zunächst befürchtet.
Angesichts randvoller Gasspeicher und abnehmender Lieferengpässe stellt sich die deutsche Wirtschaft auf eine eher milde Winter-Rezession ein. Dies lässt sich am Ifo-Geschäftsklimaindex ablesen, der im November überraschend deutlich um 1,8 Punkte auf 86,3 Zähler anstieg. Das am Donnerstag veröffentlichte Barometer des Münchner Ifo-Instituts gilt als recht verlässlicher Gradmesser für die Konjunkturentwicklung. Mit den laufenden Geschäften waren die Unternehmen zwar weniger zufrieden, der Pessimismus für die kommenden Monate ließ aber merklich nach.
„Die Rezession dürfte weniger tief ausfallen, als viele erwartet haben“, sagte IfoPräsident Clemens Fuest. Nach einer Revision des Oktoberwerts zeigt sich nun auch, dass sich das Ifo-Geschäftsklima bereits den zweiten Monat in Folge aufgehellt hat. „Die deutsche Wirtschaft sendet Hoffnungssignale aus. Sie schlägt sich besser als erwartet“, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. Für den Handel könnten die staatlichen Hilfen Wirkung zeigen – etwa die Gaspreisbremse, mit der Haushalte entlastet werden sollen.
Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing mahnte allerdings zur Vorsicht: Bei staatlichen Hilfspaketen sei eine dauerhafte Verlängerung auch für Deutschland nicht möglich. Die Kernfrage sei eine wettbewerbsfähige Energieversorgung. Wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) jüngst konstatierte, zahlen die Unternehmen in Deutschland dreimal so viel für Strom wie in Frankreich und fünfmal so viel wie in den USA. In der chemischen Industrie sieht sich laut Umfrage mehr als jeder vierte Betrieb zu Drosselungen gezwungen.
Konjunktur-Uhr steht auf „Krise“
Der deutliche Anstieg des Ifo-Geschäftsklimas zeigt nach Ansicht von CommerzbankChefvolkswirt Jörg Krämer allerdings, dass die Unternehmen eine gewisse Verbesserung der konjunkturellen Rahmenbedingungen erkennen. „Ich erwarte unverändert eine Rezession, mehr denn je aber keinen wirtschaftlichen Kollaps.“
An der Ifo-Konjunktur-Uhr lässt sich freilich ablesen, dass die Wirtschaft im Krisenmodus ist: Per saldo sind die Einschätzungen der befragten Unternehmen unterdurchschnittlich. Laut KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib sind die Unternehmen jedoch nicht mehr „so uferlos pessimistisch“. Einbrüche wie in der Finanz- oder Coronakrise seien nur bei einer Gasmangellage wahrscheinlich. „Und an der dürften wir dank voller Speicher und vor allem erheblicher Sparanstrengungen von Unternehmen und Haushalten vorbeikommen.“
Umfragedaten von S&P Global lassen zudem darauf schließen, dass sich die Talfahrt der Wirtschaft wegen des nachlassenden Preisdrucks im November bereits abgeschwächt hat. Auch Ifo-Chef Fuest sieht schon Anzeichen für eine leichte Aufhellung des Konjunkturbilds. (Reuters)