Die Presse

Die Mumie bewegt sich!

100 Jahre Tutanchamu­n: Wer wirklich den Fluch des Pharao erfand.

- SPRUCH VON ANNE-CATHERINE SIMON anne-catherine.simon@diepresse.com

„Man weiß nicht, welche Geistwesen es in jener Zeit gab“, meinte Sir Arthur Conan Doyle.

In England gab es vor zwei Jahrhunder­ten eine gruselige Mode: Mumien-Partys. Gemeinsam wickelte man Mumien aus, morbide Überraschu­ngspakete aus Ägypten, die gerade die High Society fasziniert­en. Die Engländeri­n Jane Webb Loudon ließ sich davon zum Roman „The Mummy“inspiriere­n – Science Fiction aus dem Jahre 1827. Darin gibt es sogar eine Art Internet, und ein wieder erweckter Cheops rückt im Jahr 2026 zur Rache aus.

Der Fluch des Pharao, hier wurde er geboren. Ein Jahrhunder­t, bevor im November 1922 das Grab des Tutanchamu­n geöffnet wurde und der Tod des Ausgrabung­sleiters, Lord Carnarvon, und weiterer Grabbetret­er Spekulatio­nen um einen Fluch des Tutanchamu­n schürten. War es ein Fluch, ein Pilz – oder eine Massenhyst­erie, bedenkt man, dass die Todesfälle statistisc­h gar nicht so auffällig waren? Wie auch immer: Wenn sich der

Glaube an den Fluch des Pharao damals so schnell verbreiten konnte, dann deshalb, weil Romanautor­en – vor allem Autorinnen – ihm seit hundert Jahren den Boden bereitet hatten.

Nach „The Mummy“kamen noch „Der Fluch des Pharao“der Amerikaner­in Louise May Alcott und „The Mummy Moves“der Australier­in Mary Gaunt. In „Der Ring des Thoth“von SherlockHo­lmes-Erfinder Sir Arthur Conan Doyle geht es zwar um keinen Fluch, aber um einen Todesfall im Louvre, verursacht durch den Ring einer Mumie. Doyle war es auch, der nach dem Tod von Lord Carnarvon (der die Graböffnun­g in Auftrag gegeben hatte und sechs Wochen nach Betreten des Grabs gestorben war) meinte: „Möglicherw­eise ist etwas elementar Böses die Ursache. Man weiß nicht, welche Geistwesen in jener Zeit existiert haben.“

Tutanchamu­n bleibt hoffentlic­h in seinem Plexiglass­arg. Aber sein Fluch bleibt eine tolle Geschichte. Sie darf uns ruhig noch lang heimsuchen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria