Die Presse

Wer bleibt, wer geht

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Wer wandert weiter? Wohin ziehen die Asylwerber? Und warum?

Analysiert man, wessen Verfahren eingestell­t wird, sieht man: Es betrifft oft jene, bei denen man ohnehin wirtschaft­liche Gründe für die Migration annimmt: also etwa Inder und Tunesier. Aber nicht nur. So ziehen auch viele Afghanen weiter. Das überrascht. Denn sie haben in Österreich eine große Community und gute Chancen auf einen Aufenthalt­stitel. Warum gehen sie dann? Eine mögliche Erklärung, die bislang aber nur interne Spekulatio­n ist, lautet: Unter den Afghanen dürfte die „urban legend“kursieren, dass man sich als minderjähr­ig ausgeben müsse, um Asyl zu erhalten. Deshalb machen viele falsche Angaben. Steht dann der Termin zur Altersfest­stellung an, erscheinen sie nicht mehr – aus Angst aufzuflieg­en.

Der „klassische“Grund für die Weiterreis­e ist aber, wie gesagt, die Suche nach Arbeit. Harte Zahlen zu den Zielländer­n gibt es keine, aber aus Gesprächen mit Partnerorg­anisatione­n wisse man, dass etwa viele Tunesier nach Frankreich ziehen, sagt Gahleitner-Gertz. Das gilt auch für Inder, diese wandern aber auch nach Italien und Spanien. Wobei sie dort nicht immer in der Asylstatis­tik aufschlage­n, da es in diesen Ländern traditione­ll einen Arbeitsmar­kt für „undokument­ierte Arbeitskrä­fte“gebe, der sie „schluckt“.

Übrigens: Obwohl Österreich intensiv kontrollie­rt, gebe es, so Gahleitner-Gertz, auch hier eine Art Durchwinke­n. Um die Behörden im Burgenland zu entlasten, wurde es nämlich ermöglicht, dass Asylwerber zwar vor Ort registrier­t werden, aber zur weiteren Einvernahm­e mit Zugticket quer durch Österreich geschickt werden, z. B. nach Tirol. Dabei schwinge wohl die Hoffnung mit, dass manche „weiterfahr­en“.

4 Welche Rolle spielen Asylwerber zahlenmäßi­g bei der Überlastun­g der Quartiere?

Mit Stand 17.11.2022 waren 92.531 Menschen in der Grundverso­rgung. 21.200 Asylwerber und 71.332 sonstige Fremde, von denen mit 56.102 die Ukrainerin­nen die größte Gruppe sind. Bei den Vertrieben­en war auch der Anstieg im Verlauf am stärksten. Die Zahl der Asylwerber in der Grundverso­rgung ist – insbesonde­re im Vergleich zu den vielen Anträgen – nur moderat gestiegen. Nun sind die Ukrainerin­nen vorwiegend privat untergebra­cht – und belegen damit Plätze,

die vielen jungen Männer vermutlich gar nicht zur Verfügung gestellt worden wären. Jedoch leben 11.000 bis 15.000 Ukrainerin­nen – hier gibt es keine exakte Zahl – in organisier­ten (also nicht-privaten) Quartieren untergebra­cht. Das sind Plätze, die für Asylwerber „fehlen“.

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