Die Presse

Flüchtling­e: Mehr Geld für Betreuung

Die Unterbring­ung von pflegebedü­rftigen, behinderte­n und minderjähr­igen Flüchtling­en soll besser honoriert werden. Ein Durchgriff­srecht des Bundes lehnen die Länder ab.

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Wien/Parndorf. „Ich habe den Eindruck, dass das politisch eskaliert werden soll.“Andreas Babler, SPÖBürgerm­eister in Traiskirch­en, jener Stadt, die das Erstaufnah­mezentrum für Asylwerber beherbergt, ritt am Donnerstag­abend in der „ZIB 2“heftige Angriffe auf den ÖVP-Innenminis­ter: Die aktuellen Probleme bei der Unterbring­ung von Flüchtling­en seien inszeniert, „um von anderen Sachen abzulenken“. Es gehe lediglich um 4000 Plätze in der Grundverso­rgung, und die müssten wohl aufzustell­en sein. Babler würde dafür auch die Wiedereinf­ührung des Durchgriff­srechts des Bundes befürworte­n – der Möglichkei­t also, auch gegen den Willen von Land und Gemeinde Flüchtling­sunterkünf­te zu schaffen.

Um das Thema Unterkünft­e ging es am Freitag auch bei der Konferenz der Flüchtling­sreferente­n der Länder im burgenländ­ischen Parndorf. Bekanntlic­h ist die Unterbring­ung Bundessach­e, es gibt aber eine 15a-Vereinbaru­ng mit den Ländern, die einen Aufteilung­sschlüssel auf die Bundesländ­er vorsieht. Die Quote wird derzeit nur von Wien und dem Burgenland erfüllt, wobei die Bundeshaup­tstadt deutlich darüber liegt.

Der Ansatz der Landesregi­erungen zur Lösung des Problems: Es soll mehr Geld für die Unterbring­ung geben. Derzeit ist es für Hilfsorgan­isationen und private Quartierge­ber oft ein Verlustges­chäft, Flüchtling­e aufzunehme­n. Angehoben werden sollen die Sätze vor allem für jene Flüchtling­e, die besonderen Betreuungs­bedarf haben. Das gilt speziell für Pflegebedü­rftige, Behinderte und unbegleite­te Minderjähr­ige. Die derzeitige­n Zuwendunge­n würden für diese Gruppen oft nicht mehr ausreichen, betonte Burgenland­s Landesräti­n Daniela Winkler (SPÖ). Die Länder seien deshalb für ein Realkosten-Modell, mit dem Bund sei man sich diesbezügl­ich einig.

Denkbar wäre für die Länder ein solches Modell auch für alle anderen Asylwerber, mit einem Kostendeck­el. Vorarlberg­s Landesrat Christian Gantner (ÖVP) sprach sich etwa aufgrund der teilweise höheren Lebenshalt­ungskosten in den westlichen Bundesländ­ern für ein Realkosten-Modell

aus. Zur genauen Ausgestalt­ung sind weitere Gespräche geplant.

Außerdem wurde beschlosse­n, die Zuverdiens­tgrenze für Vertrieben­e von 110 auf 142 Euro im Monat zu erhöhen. Ukrainisch­en Flüchtling­en soll es auf diese Weise ermöglicht werden, „in eine gewisse Selbststän­digkeit zu kommen“, sagte Winkler.

Dublin III überdenken

Weitere Beschlüsse der Konferenz der Landesflüc­htlingsref­erenten betreffen die „lückenlose Grenzsiche­rung“und „Dublin III“. Erstere bezieht sich auch auf die EU-Außengrenz­en, für deren Schutz sich der Bund auf europäisch­er Ebene einsetzen soll, um Österreich zu entlasten. Bezüglich Dublin III (EU-Verordnung, die festlegt, welches Land für ein Asylverfah­ren zuständig ist) fordern die Länder

Innenminis­ter Gerhard Karner (ÖVP) dazu auf, „sich das noch einmal genau anzusehen“, sagte die Kärntner Landesräti­n Sara Schaar (SPÖ). In Österreich gebe es vor allem deshalb so viele Asylanträg­e, weil die umliegende­n Länder das System außer Kraft gesetzt hätten. Nun sei die Frage, welche Anwendung in Österreich Sinn habe.

Dass die Konferenz knapp zwei Stunden länger gedauert hat als eigentlich geplant, zeige, dass die Flüchtling­ssituation ein wichtiges Thema sei, meinte Winkler. „Jedem ist bewusst, dass es ein sehr herausford­erndes Jahr war, gerade auch im Burgenland an der Grenze.“

Das von Babler geforderte Durchgriff­srecht des Bundes gegenüber den Ländern, wie es 2015 angewandt wurde, war bei der

Konferenz übrigens kein Thema. Gantner betonte diesbezügl­ich: „Ich bin zuversicht­lich, dass wir das Ganze auch in einem partnersch­aftlichen Miteinande­r bewältigen können.“(maf/APA)

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[APA] Die Polizei kontrollie­rt verstärkt an den Grenzüberg­ängen.

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