Der Rechtsextremist, der Israels Polizei führen soll
Itamar Ben-Gvir von der religiös-nationalistischen Partei Jüdische Stärke ist für seine radikalen Forderungen bekannt. Jetzt wird er gemäß Koalitionsabkommen mit Wahlsieger Netanjahu neuer Sicherheitsminister.
Kurz vor Beginn des Schabbat, des jüdischen Ruhetages, verkündeten Israel Medien eine brisante Personalie: Der rechtsextreme, wegen antiarabischer Hetze verurteilte Politiker Itamar Ben-Gvir soll Israels neuer Minister für innere Sicherheit werden. Darauf einigte er sich bei den Koalitionsverhandlungen mit Benjamin Netanjahu, der erneut israelischer Premier werden dürfte.
Wachmann mit Pistole bedroht
Im neuen Amt wird Ben-Gvir unter anderem für die Polizei zuständig sein. Dabei tut sich der 46-Jährige, der der religiös-nationalistischen Partei Jüdische Stärke vorsteht, als Provokateur hervor: Im Ostjerusalemer Stadtteil Sheich Jarrah, wo es immer wieder zu Ausschreitungen zwischen palästinensischen Anwohnern und israelischen Sicherheitskräften kommt, hat er einen Stand im Freien errichtet und ihn sein „Büro“genannt.
Einen arabischen Wachmann bedrohte er mit einer Pistole, nachdem dieser Ben-Gvir gebeten hatte, sein Auto aus dem Parkverbot zu entfernen. Als junger Mann galt er als so radikal, dass er aus Sicherheitsgründen nicht zum Militär eingezogen wurde. Noch vor wenigen Jahren hing in seinem Wohnzimmer ein Foto des jüdischen Extremisten Baruch Goldstein, der 1994 in Hebron 29 Palästinenser beim Gebet erschossen hatte.
Ben-Gvirs Versprechen vor der Parlamentswahl lautete, die Sicherheit
israelischer Bürger „wiederherzustellen“. Nach der Einigung mit Netanjahu verkündete er auf Twitter, Jüdische Stärke habe nun die nötigen Mittel dafür erhalten. „Es ist Zeit für eine komplett rechte Regierung!“
Berichten zufolge soll das Ministerium für innere Sicherheit erweiterte Zuständigkeiten bekommen: So soll Ben-Gvir nicht nur Autorität über die reguläre Polizei erhalten, sondern auch über die Grenzpolizei im Westjordanland, die bisher der Armeeführung unterstanden ist und für Antiterror-Operationen sowie bei Unruhen eingesetzt wird. Dieser Teil der Abmachung ist besonders sensibel, da Ben-Gvir selbst in einer der umstrittenen israelischen
Siedlungen im Westjordanland lebt, das die Palästinenser als Teil ihres künftigen Staats sehen. Zuletzt gab es Berichte über – häufig ungeahndete – Gewalt radikaler Siedler gegen Palästinenser.
Drohung mit Deportation
Wie der künftige Minister agieren will, hat er schon angedeutet. Am Mittwoch waren an zwei Bushaltestellen in Jerusalem Sprengsätze detoniert, offenbar aus der Ferne gezündet von palästinensischen Attentätern. Ein 16-jähriger Schüler starb. Später forderte Ben-Gvir am Tatort, zur Politik der „gezielten Tötungen“zurückzukehren.
Vor der Wahl plädierte er dafür, arabischen Israelis, die Steine auf Sicherheitskräfte werfen, die Staatsbürgerschaft zu entziehen und sie nach „Europa oder Afrika“zu deportieren. „Da werden immer arbeitende Hände gesucht.“