Es drohen wieder mehr Streiks
Wegen stockender Lohnrunden könnte nächste Woche in verschiedensten Branchen die Arbeit niedergelegt werden. Bei der Bahn wären die Auswirkungen groß.
Wien. Zwölf Sekunden streikten die heimischen Arbeitnehmer im Vorjahr laut Statistik. Damit lag dieser Wert zwar über den „Null-Jahren“2015 bis 2017, aber unter dem ersten Coronajahr 2020 oder dem Jahr 2018, in dem die Streikzeit pro Arbeitnehmer immerhin eine Minute und sechs Sekunden betrug.
Dass sich diese Situation heuer wieder verschärfen würde, war bereits seit dem Sommer klar. Eine seit Jahrzehnten nicht mehr gekannte hohe Inflation auf der einen Seite und eine noch gut gehende Wirtschaft, die jedoch vor einem deutlichen Abschwung steht, auf der anderen, sind eine Mischung, die viel Diskussionsbedarf bei den alljährlichen Lohnrunden hervorruft.
Die erste große Hürde, die Verhandlungen in der Metallindustrie, wurde zwar dennoch ohne Arbeitskampf genommen – nun droht sich das Bild aber zu wandeln. Wie mehrfach berichtet, soll es am kommenden
Montag bei den heimischen Bahnbetrieben zu einem ganztägigen Warnstreik kommen, sollte am Wochenende nicht doch noch eine Einigung gefunden werden. Doch nicht nur die Angestellten der Eisenbahnen könnten nächste Woche ihre Arbeit niederlegen. So erklärten die Gewerkschaftsvertreter der Mitarbeiter in den heimischen Brauereien, dass es ebenfalls am Montag zu einem Warnstreik kommen werde. Die angebotene Lohnerhöhung um 6,5 Prozent liege nicht nur unter der Forderung von elf Prozent, sondern auch unter der Inflationsrate von 6,9 Prozent.
Ebenfalls auf Streik stehen die Zeichen bei der heimischen Telekom. Auch dort will die Gewerkschaft einen Antrag auf Streikfreigabe für die 10.000 Beschäftigten beim ÖGB einbringen. Sollte bei der nächsten Verhandlungsrunde am Montagabend kein „abschließbares Angebot“auf dem Tisch liegen, wolle man am Dienstagvormittag jedenfalls Betriebsversammlungen durchführen, heißt es von den Arbeitnehmervertretern. Sie fordern ein Plus von 10,6 Prozent.
Großflächige Zugeinschränkungen
Weit auseinander liegen die Vorstellungen nach wie vor auch bei den Bahnen. Hier fordern die Arbeitnehmer ein Plus in Höhe eines Fixbetrages von 400 Euro je Monat. Je nach Gehalt wären das zwischen 13 und 24 Prozent. Die Arbeitgeber bieten acht Prozent und eine Einmalzahlung von 1000 Euro.
Am Samstagnachmittag wird nun erneut verhandelt. Kommt es am Wochenende zu keiner Einigung, sollen am Montag zwischen 0:00 und 24:00 Uhr keine Züge fahren. Davon dürften nicht nur die ÖBB, sondern auch die Westbahn betroffen sein. Denn auch wenn das eigene Personal sich nicht am Streik beteilige, könne wahrscheinlich aufgrund des fehlenden Betriebs der Infrastruktur nicht gefahren werden, heißt es gegenüber der „Presse“. Reisenden wird auch bei den ÖBB empfohlen, sich am Sonntagnachmittag nochmals über die aktuelle Situation zu informieren. Denn sollte es bis dahin keine Einigung geben, werde es wohl in jedem Fall Montagvormittag zu Einschränkungen kommen, da sich das komplexe Bahnsystem nicht so leicht runter- und wieder hochfahren lasse. Beim Güterverkehr- und bei internationalen Fahrten (etwa Nightjets) dürften die Unterbrechungen jedenfalls noch tagelang zu spüren sein. Nicht betroffen von den Streiks ist der kommunale Schienenverkehr – in Wien also etwa die U-Bahnen. (jaz/APA)