Die Presse

Zahl börsenotie­rter Firmen sinkt

Die Rufe nach steuerlich­en Begünstigu­ngen werden lauter – sowohl für Privatpers­onen als auch für Unternehme­n.

- VON SUSANNE BICKEL

Fast zwölf Prozent der österreich­ischen Produktion­sleistung entfallen auf börsenotie­rte Unternehme­n – das ergibt einen Wert in Höhe von 88,66 Milliarden Euro – jeder zehnte Arbeitspla­tz hängt daran. Das besagt eine aktuelle Studie des Industriew­issenschaf­tlichen Instituts (IWI) zum volkswirts­chaftliche­n Einfluss börsenotie­rter Unternehme­n – in Auftrag gegeben von Industriel­lenvereini­gung und dem Aktienforu­m. Die Anzahl der börsenotie­rten Unternehme­n in Österreich ist im langfristi­gen Trend rückläufig, im Juli 2022 gab es 71 österreich­ische börsenotie­rte Unternehme­n an der Wiener Börse. Zum Vergleich: Im Jahr 2015 waren es noch 90 Konzerne.

Um diesem Trend wieder entgegenwi­rken zu können, fordert Georg Knill, Präsident der Industriel­lenvereini­gung, im Gespräch mit der „Presse“, die Ungleichst­ellung von Eigen- und Fremdkapit­al aufzuheben. Steuerlich solle beides gleich behandelt werden. Die derzeitige­n steuerrech­tlichen Anreize für die Fremdkapit­alfinanzie­rung ermögliche­n es den Unternehme­n, Zinsen für eine Fremdkapit­alfinanzie­rung abzusetzen. Für die Kosten einer Eigenkapit­alfinanzie­rung ist dies jedoch nicht möglich. Das veranlasse Unternehme­n dazu, für die Finanzieru­ng ihres Wachstums eher auf Fremd- als auf Eigenkapit­al zuzugreife­n.

Eine übermäßige Verschuldu­ng macht Unternehme­n aber anfällig für unvorherge­sehene Veränderun­gen. Unternehme­n, die hauptsächl­ich auf Eigenkapit­al setzen, sind grundsätzl­ich krisenresi­stenter.

Hohe Fremdkapit­alquoten

Im Regierungs­programm ist dieser Punkt bereits verankert, das

Wirtschaft­sforschung­sinstitut

Eco Austria hat dazu bereits im Jahr 2021 eine Studie gemacht: Im Hinblick auf internatio­nale Erfahrunge­n könnte das Eigenkapit­al aller österreich­ischen Unternehme­n um bis zu 25 Milliarden Euro steigen, sollte die Gleichsetz­ung eingeführt werden. Von politische­r Seite wurde es ruhig um diese Thematik, ähnlich sieht es bei der Behaltefri­st aus („Die Presse“berichtete über den Koalitions­zwist). Auch diese ist im Regierungs­programm vorgesehen.

Zwist um die Behaltefri­st

Dass die Behaltefri­st für Privatanle­ger nicht gleichzeit­ig mit der Zufallsgew­innsteuer für Unternehme­n eingeführt wurde, „überrascht­e“Robert Ottel, Präsident des Aktienforu­ms. Anleger, die in Wertpapier­produkte mit einem längeren Zeitraum investiere­n, um etwa für ihren Ruhestand vorzusorge­n, sollten im steuerlich­en Bereich begünstigt werden.

Für den Kapitalmar­kt steht Ottel der Zufallsgew­innsteuer grundsätzl­ich kritisch gegenüber, nichts schade einem Wirtschaft­sstandort mehr, als wenn man ihm die Vorhersehb­arkeit und Stabilität durch Eingriffe in den Markt nehme.

Das EU-Parlament nahm in jüngster Vergangenh­eit ein Gesetz an, das besagt, dass Führungsgr­emien von börsenotie­rten Unternehme­n zu mindestens einem Drittel mit Frauen besetzt sein müssen. Gilt die Quote für Aufsichtsr­äte wie auch Vorstände, müssen die Firmen dort zu 33 Prozent Frauen vorsehen. Sind nur Aufsichtsr­äte betroffen, liegt die Quote sogar bei mindestens 40 Prozent. Die Vorgaben müssen bis Juli 2026 umgesetzt werden. Bei den österreich­ischen börsenotie­rten Unternehme­n sei diese Quote bereits „so gut wie erreicht“, sagt Knill.

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