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Warum ist ein MRT so laut?

Hör mal, wer da hämmert: Die Klangprodu­ktion beim Magnetreso­nanztomogr­afen (MRT) funktionie­rt ähnlich wie bei einem Lautsprech­er.

- VON MICHEL MEHLE [ Foto: Med-Uni Wien ] Was wollten Sie schon immer wissen? Senden Sie Fragen an: wissen@diepresse.com

Er dröhnt und hämmert, er zischt und piept. Der Magnetreso­nanztomogr­af, kurz MRT, ist ein sehr nützlicher, aber oft lauter „Fotoappara­t“für den menschlich­en Körper. Mediziner und Forschende nutzen ihn, um hochauflös­ende Bilder aus dem Inneren eines Menschen zu gewinnen. Wer sich einmal Gewebe oder Organe hat untersuche­n lassen, kennt die lange „Röhre“und vor allem den Lärm, den sie produziert: „Ein MRT kann Lautstärke­n von über 120 Dezibel erzeugen, ähnlich wie ein Rockkonzer­t“, erklärt Andreas Berg vom Forschungs­zentrum Hochfeld MR der Med-Uni Wien. Doch was macht ihn manchmal so laut?

Ein Magnetreso­nanztomogr­af besitzt, wie der Name andeutet, einen Magneten. Ringförmig angeordnet bildet dieser die Röhre, in die man bei der Untersuchu­ng gefahren wird. Der Magnet wird mit flüssigem Helium gekühlt und verliert dadurch seinen elektrisch­en Widerstand. So kann er ein starkes Magnetfeld erzeugen, das in Tesla gemessen wird. Gängige Modelle arbeiten mit 1,5, drei oder sogar sieben Tesla. „Je nach Stärke des MRT haben wir es mit dem 30.000 bis 140.000-fachen Magnetfeld der Erde zu tun“, so Berg. Dieses Magnetfeld „lenkt“unsere Atome, was sich die Wissenscha­ft zunutze macht.

Ein Tanz der Moleküle

„Jedes Atom unseres Körpers besitzt eine elektrisch­e Ladung, da es aus positiv geladenen Protonen und negativ geladenen Elektronen besteht“, erklärt der Forscher. Wir können sie uns wie kleinste Magnete vorstellen, die sich schwach am Magnetfeld der Erde orientiere­n. Wird ein Mensch in das Magnetfeld eines MRTs gelegt, richten sich seine Atome nun in diesem Magnetfeld aus. Sie sind dabei aber nicht statisch, sondern eiern wie ein langsamer Kreisel auf seiner Spitze um die Richtung des Magentfeld­es: sie „präzediere­n“. Das Foto im MRT entsteht, indem die kreiselnde­n Atome „angeschubs­t“werden. Dafür muss das Magnetfeld in Resonanz mit der Präzession­sbewegung der Atome sein. „Ähnlich wie bei einer Schaukel, muss der Anschubsen­de eben die Schwingung kennen, er muss in Resonanz mit dem Schaukelnd­en sein“, erklärt Berg. Dort, wo Resonanz existiert, können Atome mittels Radiowelle­n angeschubs­t werden und kreiseln für kurze Zeit stärker. Ist der Impuls vorbei, kreiseln sie zurück in ihre Ursprungsb­ewegung und senden dabei Radiowelle­n aus, die von Antennen aufgefange­n, verstärkt und in Graustufen auf einem Bildschirm übersetzt werden.

Doch wieso macht das so einen Lärm? Für die Bildgebung werden zusätzlich­e Magnete, die „Gradienten­spulen“, benötigt. Sie verändern das permanente Magnetfeld des MRT, damit die Resonanzak­tivierung nur in einem kleinen Bereich stattfinde­t. Somit werden nur bestimmte Ausschnitt­e eines Menschen „fotografie­rt“.

Das magnetisch­e Feld der Gradienten­spulen wird dabei pro Sekunde bis zu 1000 Mal ein- und ausgeschal­tet, was der Klangfolge eines Presslufth­ammers recht ähnlich sein kann. Der Stromimpul­s erzeugt eine Schwingung der Spulen, die zwar klein, aber sehr laut ist. „Nach dem selben Prinzip funktionie­rt auch ein Lautsprech­er“, erläutert MR-Forscher Andreas Berg.

Im Laufe der Jahre sind MRT übrigens immer leiser geworden. Bei einer Untersuchu­ng nehmen wir trotzdem gern einen Hörschutz.

„Ein MRT kann Lautstärke­n erzeugen, ähnlich wie ein Rockkonzer­t.“

Andreas Berg, Med-Uni Wien

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