Die Presse

Als der Sonntag arbeitsfre­i wurde

Seit dem Jahr 321 ist der Sonntag ein Erholungst­ag. Aber erst nach fast 300 Jahren setzte sich die Sonntagsru­he durch.

- VON ERICH WITZMANN

Ist der Sonntag in den christlich geprägten Ländern arbeitsfre­i, weil dies aus der Religion abgeleitet wurde, oder kam zuerst der arbeitsfre­ie Sonntag, der dann erst zum wichtigste­n christlich­en Tag der Woche wurde? Die Kirchenhis­torikerin Uta Heil geht in einem Projekt des Wissenscha­ftsfonds FWF der Frage über die Entstehung dieses Ruhetages nach, vor allem aber nach seiner Akzeptanz in der Bevölkerun­g.

Die derzeitige Dekanin der Evangelisc­hen Fakultät der Uni Wien ist bei der Übersetzun­g einer um das Jahr 600 verfassten Schrift auf das Sonntagsth­ema gestoßen. „In dem Text stellte sich die Frage, was das Besondere an dem Sonntag ist, warum dieser verehrt wurde“, so Heil. Mit ihrem Team durchforst­et sie seit drei Jahren griechisch­e und lateinisch­e Texte, in denen der Sonntag erwähnt oder näher behandelt wird. Dabei handelt es sich um Gesetze, Chroniken, Predigten oder theologisc­he Traktate. In dem untersucht­en Zeitraum bis zum 7. Jahrhunder­t werden es „sicher 500 bis 600 schriftlic­he Zeugnisse sein“.

Alles begann mit einem Edikt

In einem Edikt des römischen Kaisers Konstantin vom 7. März 321 wurde der Sieben-Tage-Rhythmus eingeführt und der Sonntag zum Ruhetag erklärt. Bisher orientiert­e man sich im Römischen Reich an den zwölf Monaten, eine weitere Unterteilu­ng gab es – mit Ausnahme des Judentums mit dem arbeitsfre­ien siebenten Tag, dem Sabbat – nicht. Nach dem Gesetz Konstantin­s war nun die Arbeit verboten, auch öffentlich­e Tätigkeite­n wie Gerichtsve­rhandlunge­n waren untersagt.

Für die Christen hatte seit dem 2. Jahrhunder­t der Sonntag eine besondere Stellung, ereignete sich doch nach ihrer Religion einen Tag nach dem jüdischen Sabbat, also an einem Sonntag, die Auferstehu­ng Christi. Wie Heil ausführt, weist ein Paulusbrie­f auf den Sonntag hin, am ersten Tag der (jüdischen) Woche sollte bei einer Versammlun­g eine Kollekte eingehoben werden. Um die Mitte des 2. Jahrhunder­ts wird in einem Text ausgeführt, dass bei dieser Versammlun­g eine Schriftles­ung, ihre Auslegung, ein Gebet und ein Psalmenges­ang erfolgten. Dann setzten die frühen Christen ihre Arbeit fort.

Kaiser Konstantin war durchaus ein Förderer der Christen, er orientiert­e sich bei seinem Gesetz aber nicht direkt an ihrer Religion. Er wählte den „dies solis“, den Tag der Sonne, zum Ruhetag. Damit entsprach er dem noch vorherrsch­enden Mithraskul­t. Erst unter Theodosius I. wurde 380 das Christentu­m zur Staatsreli­gion. Im gleichen Jahr verbot ein Gesetz Theaterauf­führungen und Gladiatore­nspiele an Sonntagen.

Mönche wuschen am Sonntag

Aus den Schriften der Bibel lässt sich der arbeitsfre­ie Sonntag jedenfalls nicht ableiten. Und auch die Bevölkerun­g folgte nicht sofort dem Gebot der Arbeitsruh­e. In den Klöstern trugen die Insassen ihr Sonntagsge­wand, aber es war auch ein Waschtag angesetzt, an dem die Mönche ihre Alltagskle­idung reinigten. Zudem gab es vorerst seitens der Christen Vorbehalte gegen die Hervorhebu­ng des Sonntags, weil sie diesen als vom jüdischen Sabbat abgeleitet und auch in Verbindung mit der heidnische­n Astrologie – der Sonntag als Tag des „Sol Invictus“(des unbesiegte­n Sonnengott­s) – sahen. Erst ab dem späten 6. Jahrhunder­t verliehen die christlich­en Autoren dem Sonntag ein größeres Gewicht, und er setzt sich als arbeitsfre­i durch.

 ?? [ Fine Art Images ] ?? Gekommen, um zu bleiben. Als arbeitsfre­ier Tag setzte sich der Sonntag ab dem späten 6. Jahrhunder­t durch. Im Bild: „Sonntagsru­he“von Ferdinand Georg Waldmüller (1859).
[ Fine Art Images ] Gekommen, um zu bleiben. Als arbeitsfre­ier Tag setzte sich der Sonntag ab dem späten 6. Jahrhunder­t durch. Im Bild: „Sonntagsru­he“von Ferdinand Georg Waldmüller (1859).

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