Die Presse

Schmäh und hitzige Dispute

- Von Antonia Barboric Wer traf wen? Der Freiheitsk­ämpfer? Das Pseudonym? Das Alphabet? Der Kirchenman­n, Verfilmung­en?

Aufgewachs­en war er in problemati­schen, ärmlichen Verhältnis­sen: Der Vater war alkoholsüc­htig, die Mutter verließ Mann und Sohn mit den gemeinsame­n Töchtern und ihrer Affäre; kein Wunder, dass er in seiner Jugend an einer Sozialphob­ie litt. Später bewegte er sich zwischen einer philanthro­pischen und rigiden gesellscha­ftspolitis­chen Einstellun­g: Er sprach sich gegen Hegemonial­politik und blinden Patriotism­us aus und traf den Anführer einer Unabhängig­keitsbeweg­ung; zugleich sympathisi­erte er mit den Ideen europäisch-asiatische­r Faschisten und Diktatoren und war Anhänger der Eugenik.

Mit einem anderen, deutlich jüngeren Mann verband ihn eine enge Freundscha­ft, wenngleich der dessen Ansichten kaum teilte. So lieferten sich die beiden gern öffentlich (!) hitzige verbale Duelle, daneben führten sie aber auch gern Schmäh. So meinte der dicke Jüngere zum dünnen Älteren, er sähe aus, als gäbe es eine Hungersnot – der andere erwiderte: „Und du siehst aus, als wärst du der Grund dafür.“Trauriges Detail am Rande: Eine solche war erst wenige Jahre vor der Geburt des älteren Mannes zu Ende gegangen.

In seiner Jugend arbeitete der Ältere erst als kaufmännis­cher Angestellt­er, dann begann er Musik- und Theaterkri­tiken zu verfassen, in denen er sich gern des Stilmittel­s der Ironie bediente; auch ein Pseudonym war nicht frei davon. Grund für Ärgernis bereitete ihm später, als Schriftste­ller, die lasche Handhabung der englischen Orthografi­e, weshalb er die Schaffung eines neuen phonetisch­en Alphabets finanziell unterstütz­te.

Das Meisterwer­k des Jüngeren dreht sich um einen Kirchenman­n, der im Mittelpunk­t von 49 Kurzgeschi­chten steht. Der Stoff wurde verfilmt – es gab Versionen für den britischen und deutsch-österreich­ischen Raum. So scharfen Verstandes der Protagonis­t auch war, so konfus erschien sein Erschaffer zuweilen. Etwa vergaß er, wohin er wollte, verpasste Züge und schickte seiner Frau Telegramme wie „Am at Market Harborough. Where ought I to be?“, worauf sie antwortete: „Home.“

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