Durch die Uhr geht’s in Mozarts Fantasiereich
Mozarts „Zauberflöte“spielt die zentrale Rolle in „The Magic Flute“, aktuell im Kino. Leicht lassen sich die Dreh-Locations dieses Fantasy-Films finden – von Burg Hohenwerfen bis zu Salzburgs Altstadt.
Nein, hinter der Bibliotheksuhr im Schloss Leopoldskron erwartet Besucher keine Zauberwelt. Auch wenn im neuen Fantasy-Film „The Magic Flute – das Vermächtnis der Zauberflöte“der Internatsschüler Tim Walker durch dieses Portal ins Reich der finsteren Königin der Nacht, des freundlichen Sarastro und des tollpatschigen Papageno eintaucht. Die Idee dazu kam Regisseur Florian Sigl nicht von ungefähr. Tatsächlich führt seitlich der Uhr eine getarnte Tür in die früheren privaten Räumlichkeiten von Max Reinhardt. Er ließ sich den Zugang in die Bibliothek bauen, um sich nächstens den Umweg über das Stiegenhaus zu ersparen. Seine Gemächer werden jetzt als Suite für Hotelgäste genutzt – sie können noch immer über die Tür direkt in die Bibliothek gelangen.
Das Stiegenhaus des barocken Leopoldskron, Halle und Speisezimmer von Max Reinhardt spielten ebenfalls eine zentrale Rolle im von „Independence Day“-Regisseur Roland Emmerich gemeinsam mit Christopher Zwickler und Fabian Wolfart produzierten Film. Darin werden die echte und Fantasy-Welt verquickt: In Ersterer lernt Tim Walker bei der Zugfahrt ins Internat nach Salzburg seine erste große Liebe, Sophie, kennen, in Letzterer mimt er den tapferen Tamino, der Pamina, die Tochter der bösen Königin der Nacht, aus dem Reich des vermeintlich bösen Sarastro retten soll. Am Ende erkennt er in beiden Welten, dass die Liebe der Schlüssel zur Lösung ist. Ein junges Publikum soll auf so spielerische Weise in die Welt der Oper eingeführt werden oder auf den Geschmack kommen.
Doch zurück zu den Schauplätzen, die Kinobesucher wiederfinden. Das malerische Schloss Leopoldskron unweit der Altstadt schrieb schon öfter Geschichte, auch als Drehort für „Sound of Music“oder „12 Dates of Christmas“. Berühmtheit erlangte es aber vor allem durch die Gründung der Salzburger Festspiele durch Max Reinhardt gemeinsam mit Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss 1920. Erbaut 1736 als Familienbesitz des kunst- und wissenschaftsinteressierten Salzburger Fürsterzbischofs Leopold Anton Freiherr von Firmian erwarb es nach einigen Besitzerwechseln 1918 der berühmte Theater-Impresario. Heute ist das Schloss im Besitz von Salzburg Global Seminar. Hotel- und Seminargäste genießen barockes Interieur und einen sieben Hektar großen Park mit idyllischem Weiher und Aussicht auf Untersberg wie Festung Hohensalzburg. Wer nicht in einem der 55 Boutique-Zimmer oder den zwölf mit Antiquitäten ausgestatteten Suiten wohnt, kommt nur durch eine Führung hierher.
Mystische Burgatmosphäre
Für das Äußere des Internats in „The Magic Flute“und die mystischen Szenen rund um die Schule bot die imposante Festung Hohenwerfen den Rahmen. Sie thront auf einem 155 Meter hohen Felskegel über dem Salzachtal. Die Titelfigur betritt im Film die Burg durch das erste Tor von 1741, der letzten Bauphase. Von hier bekommt man nicht nur einen Eindruck von den gewaltigen Dimensionen des Bauwerks,
sondern hat einen beeindruckenden Ausblick. Ein Kameraschwenk auf die Karstlandschaft des Tennen- und Hagengebirges und den Hochkönig zieht Kinobesucher in die mächtige Bergwelt.
Die Grundmauern der Wehrburg gehen auf 1070 zurück, mit denen wollte der Erzbischof Gebhard von Salzburg angesichts der Spannungen zwischen Kaiser und Papst den wichtigen Verkehrsweg durch das Salzachtal in den Süden sichern. Das erfährt man bei einer Führung durch die Festung, die trotz eines verheerenden Brandes 1931, der das Hauptgebäude fast komplett zerstört hat, wieder vollständig begehbar ist. Dank Erzherzog Eugens, der die Burg danach mit seinem Privatvermögen wiederaufgebaut hat, bietet sie heute Einblicke in das mittelalterliche Leben wie in die Zeit der Salzburger Bauernaufstände im 16. Jahrhundert. Aus dieser Zeit stammen auch die Verliese und der Fallturm. Dieser Rundbau war mit seinen vier Meter dicken Mauern und neun Metern Tiefe ein gefürchtetes Gefängnis – es gab daraus kein Entrinnen.
Die Lindenwiese, die viele von Greifvogelvorführungen des historischen Landesfalkenhofs kennen, war Filmschauplatz für den abendlichen Treffpunkt der im Gebäude getrennten Internatsschüler. Nach kurzer Wanderung erreicht man auch die Lichtung Vogel-Tenn, die für eine bedeutende Szene im Freien genützt wurde. Die Wiese war früher als Vogelfangplatz bekannt, um die fürstliche Kost abwechslungsreicher zu machen. Auch die Burg Hohenwerfen hat Tradition als Filmlocation. 1968 wurden hier „Agenten sterben einsam“mit Richard Burton und Clint Eastwood und 2015 die Amazon-Fernsehserie „The Man in den High Castle“gedreht.
Salzburg – alles Mozart
In einem Film, in dem die mit Abstand meistgespielte Oper im deutschsprachigen Raum Teil der Handlung ist, dürfen Szenen in der Geburtsstadt Mozarts nicht fehlen. So bot Salzburg mit der verwinkelten Nonnbergstiege, der schmalen Festungsgasse und dem weitläufigen Kapitelplatz die passenden Locations für „The Magic Flute“. In der Altstadt kann man dem Genie gar nicht ausweichen. Eine Tour beginnt beim Mozartplatz mit dem Denkmal, vorbei an den Schaufenstern mit Original Salzburger Mozartkugeln vom Konditor Fürst, zum Dom mit Mozarts Taufbecken, vorbei am Geburtshaus in der Getreidegasse zum späteren Wohnhaus von Wolferl und endet bei den Friedhöfen St. Peter und Sankt Sebastian mit den Gräbern der Familienmitglieder. Auch das
Angebot an Konzerten, Marionettentheater und Aufführungen ist groß. Eine beliebte Möglichkeit, Mozarts wichtigste Stationen zu besuchen, ist der Themenspaziergang des Tourismus Salzburg.
Souverän niedergeschrieben
Als Einstieg in Mozarts Geschichte empfiehlt sich der Besuch des Geburtshauses. Im Hagenauerhaus in der Getreidegasse 9 kam er am 27. Jänner 1756 zur Welt. Die Nachlässe der beiden Söhne Franz Xaver Wolfgang und Carl Thomas wurden dem Verein Mozarteum übergeben und sind die Basis für die Ausstellungen. Um die Bewahrung und zeitgemäße Auseinandersetzung mit dem Erbe kümmert sich die Stiftung Mozarteum Salzburg.
Museumsdirektor Linus Klumpner berichtet von rund 700 erhaltenen Briefen – wertvoller Aufschluss über Mozarts Leben, Reisen, Projekte, Beziehungen und das Theaterleben. Vier Originalinstrumente können bewundert werden, darunter Mozarts erste Kindergeige, eine Konzertgeige, ein Hammerklavier und ein Clavichord, das bei Konzerten Einsatz findet, um Mozarts Werke noch authentischer wahrnehmen zu können. Haarlocke, Geldbörse und Noten sind nur einige der persönlichen Gegenstände, die neben Gemälden der Familie ausgestellt sind. Die Bedeutung macht Klumpner in einem Vergleich klar. Betrachte man Beethovens Werke, finde man herausgerissene Notenblätter, Tintenkleckse und wütend durchgestrichene Partiturteile. Mozart aber hat alle Sinfonien, Opern und nicht zuletzt das Requiem im Kopf fertig komponiert und dann säuberlich und fehlerlos zu Papier gebracht. Die erste Komposition, die er mit sechs Jahren geschrieben hat, ist im MozartWohnhaus an der gegenüberliegenden Salzachseite ausgestellt. Wertvollster Besitz ist die Sammlung von mehr als 100 Autografen.
Eine neue Attraktion ist das Zauberflötenhäuschen, in dem der Librettist Emanuel Schikaneder Mozart 1791 eingesperrt haben soll, damit er die „Zauberflöte“endlich fertig komponiert. Damals stand es im Garten des Freihaustheaters in Wien, wo die Oper im September 1791 uraufgeführt wurde. Jetzt wurde es umfassend renoviert und im originalen Grün gestrichen. Es steht nun im Innenhof des Mozart-Wohnhauses.
Eine statt zwei Locken
Die Stiftung Mozarteum nimmt mit ihrer Expertise nicht nur für den Film „The Magic Flute“eine Beraterrolle ein. In dieser Funktion war sie auch Ansprechstelle für Playmobil, die eine Mozart-Figur kreieren wollten. Fertige Gussformen waren zwar vorhanden, aber es gab nur Aufsteckperücken mit beidseitig je zwei Locken. Mozarts Markenzeichen war aber eine Locke pro Kopfseite. Daher wurde eigens eine neue Gussform kreiert. Eine nahezu lebensgroße Playmobil-Figur – Mozart maß 1,56 Meter – steht seitdem im Geburtshaus.
Der original Film-Soundtrack des Films wurde vom MozarteumOrchester Salzburg eingespielt – zur Zeit der Pandemie, in der Kultur live quasi nicht stattfand. Als Sabine Devieilhe die berühmte Arie der Königin der Nacht sang, hatten alle Musiker und Schauspieler vor Rührung Tränen in den Augen. Insgesamt waren die Dreharbeiten nicht einfach. Die Darstellerin der Sophie, Niamh McCormack, musste zunächst in Polen zehn Tage in Quarantäne verbringen, um dann nach Salzburg reisen zu dürfen. Trotzdem wurde der Film zeitgerecht fertig – und läuft nun in den Kinos.