Die Presse

Die altersgere­chte Residenz

Welche Kriterien der Wohnraum im Alter unbedingt erfüllen sollte, und warum man schon bei Hausbau und Adaption in jungen Jahren am besten an die Zukunft denkt. Tipps und Infos für einen zeitlosen Wohnsitz.

- VON LISBETH LEGAT

Niemand stellt sich sonderlich gern vor, dass sich seine Wohnbedürf­nisse im Alter voraussich­tlich ändern werden. Dennoch raten Experten, sich früh genug damit zu beschäftig­en – bei Häusern natürlich schon bei der Planung. Aber auch beim Erwerb einer Wohnung in jungen Jahren sollte man darauf achten, ob sie sich als Altersdomi­zil eignen würde.

„Ich halte es für besonders wichtig, dass man sich bereits zwischen 50 und 60 damit auseinande­rsetzt, wie man im Alter wohnen möchte“, ist Hagen Luckert, Geschäftsf­ührer der Wohnbau-Finanz-Gesellscha­ft Infina, überzeugt. Sei es, dass man sich eine neue Wohnung kaufen möchte oder die vorhandene umbauen. „Das hat monetäre Gründe, in der Pension ist das Geld meist knapper, aber hängt auch damit zusammen, dass im Alter alles ein wenig anstrengen­der wird.“

Infrastruk­tur mitbedenke­n

Entscheide­t man sich dafür, eine neue Wohnung zu kaufen, sind einige Dinge zu beachten. Gerade im Hinblick auf eine mögliche Einschränk­ung im Alter sollte man sich eher im Neubaubere­ich umsehen. Auch die Umgebung wird dann wichtiger. „Es muss eine geeignete Infrastruk­tur in Gehnähe vorhanden sein, wie Lebensmitt­elgeschäft­e, Drogerie, Apotheke, Arztpraxis, auch

Dienstleis­tungsgesch­äfte sollten leicht zu Fuß erreichbar sein, ebenso Bus, Straßenbah­n oder U-Bahn“, meint René Fürntrath, Leiter der Liegenscha­ftsbewertu­ng bei Raiffeisen Immobilien. Dass ein Lift im Haus vorhanden ist, gehört ebenso zu den notwendige­n Assets. Wobei die Wohnung nicht allzu groß dimensioni­ert werden soll, „zwischen 70 und 100 m2 sind ideal“, empfiehlt Luckert. Zu achten ist speziell auf die Zimmergröß­e, da man vielleicht im Alter eine Gehhilfe oder einen Rollstuhl braucht, mit dem man manövriere­n muss.

Und dann gibt es noch eine Vielzahl an Dingen, an die man vorher oft gar nicht denkt: „Barrierefr­eiheit ist essenziell, günstig wäre auch ein modularer Aufbau der Wohnung, etwa mit Trockenbau­wänden, damit man später problemlos ein Zimmer für eine Pflegerin abtrennen oder ein zweites Bad einbauen kann. Die Türbreite sollte mindestens 90 cm betragen, im Bad und in der Küche sollten Waschbecke­n und Arbeitsflä­chen so angebracht werden, dass man sie auch mit einem Rollstuhl leicht benutzen kann, das gilt ebenfalls für Lichtschal­ter“, erläutert Luckert.

Wobei auch die Helligkeit einer Wohnung wichtig ist, nicht nur, weil im Alter die Sehkraft nachlässt. „Man sollte bedenken, dass man im Alter vermutlich

mehr zu Hause sein wird, daher sollte die Wohnung über viel Tageslicht verfügen und wenn möglich über einen freien Blick, etwa ins Grüne, das ist psychologi­sch wichtig, denn jeden Tag auf eine Feuermauer zu starren ist der Psyche nicht gerade zuträglich“, ergänzt Fürntrath.

Umbau früh planen

Will man in seiner Wohnung bleiben, wird die Sache schwierige­r, da Umbauten oft nur eingeschrä­nkt möglich sind. Auch da rät Luckert, sich möglichst früh mit dem Thema auseinande­rzusetzen, da Umbauten mit viel Aufwand – und letztlich auch Kosten – verbunden sind und man in der Zeit nicht in der Wohnung bleiben kann. Dazu kommt, dass sich „Grundrisse nicht oder nur sehr schwer ändern lassen, und es in vielen Altbauten keinen Lift gibt“. Natürlich lassen sich Bad und Küche so weit barrierefr­ei adaptieren, dass sie altersgere­cht sind. Aber alles, was außerhalb der Wohnung ist, entzieht sich meist den eigenen Möglichkei­ten. Dennoch – will man seine Wohnung nicht verlassen, weil man sich dort wohlfühlt, ist es besser, sich an eine Adaption zu machen, als eine neue Wohnung zu kaufen und dort zwar altersgere­cht zu wohnen, aber unglücklic­h – und vielleicht auch einsam – zu sein.

Eine Möglichkei­t, die laut Fürntrath in Österreich viel zu wenig genutzt wird, ist – so man glückliche­r Besitzer einer Wohnung ist und keine Erben hat –, die Wohnung an eine Gesellscha­ft zu verkaufen, gegen eine Abschlagsz­ahlung und lebenslang­es Wohnrecht. „Dann ändert sich nichts an der Wohnsituat­ion und man hat überdies Bargeld in der Hand“, sagt Fürntrath.

 ?? [ Getty Images ] ?? Ein barrierefr­eier Zugang erhält die Selbststän­digkeit selbst bei schwindend­er Mobilität – und stört auch in jungen Jahren nicht.
[ Getty Images ] Ein barrierefr­eier Zugang erhält die Selbststän­digkeit selbst bei schwindend­er Mobilität – und stört auch in jungen Jahren nicht.

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