Die Presse

Vom Wohnen auf Zeit

Die berufliche Mobilität hat in diesem Jahr wieder deutlich zugenommen – damit ist auch die Nachfrage nach Kurzzeitwo­hnen spürbar gestiegen. Weitere Gründe dafür sind Renovierun­gen und Trennungen.

- VON URSULA RISCHANEK . . . Kurzzeitwo­hnen

Die vergangene­n beiden Jahre waren auch für Anbieter von Kurzzeit-Apartments nicht gerade eine leichte Zeit. Zwar konnten sie all jene, die beruflich unterwegs waren und für einige Wochen oder Monate ein Dach über dem Kopf brauchten, beherberge­n, doch die Nachfrage hat sich in Grenzen gehalten. „Unsere Auslastung während der Pandemie ist bei etwa 50 Prozent gelegen, davor waren es durchschni­ttlich 90 Prozent“, sagt Michael Pech, Vorstandsv­orsitzende­r des Österreich­ischen Siedlungsw­erks (ÖSW), das unter der Marke Room4Rent an sieben Standorten in Wien Serviced Apartments für Kurzzeitwo­hnen anbietet. „Wir haben vor acht Jahren das erste Haus eröffnet“, erklärt Pech.

Steigende Auslastung

Doch heuer hat sich das Blatt wieder gewendet: „Die Auslastung steigt stetig. Wir sind zwar noch nicht auf Vor-Corona-Niveau, liegen aber immerhin bereits wieder bei etwas über 70 Prozent“, freut sich Pech. Zu einem Drittel werden die Apartments von Expats, die nach Wien versetzt werden und hier wohnen, bis sie eine dauerhafte Bleibe gefunden haben, gemietet. „Ein weiteres Drittel sind Personen, die ihren Hauptwohns­itz in einem anderen Bundesland haben und vorübergeh­end hier wohnen“, sagt Pech. Das letzte Drittel seien hingegen Wiener, die aufgrund einer Trennung, der Renovierun­g ihrer Wohnung oder anderen Gründen eine Bleibe suchen. Gemietet werden können die Einheiten grundsätzl­ich für die Dauer von zwei Monaten bis zwei Jahren. „Durchschni­ttlich bleiben die Mieter vier Monate“, erzählt Pech.

Nutzungs- statt Mietvertra­g

Wobei streng genommen eigentlich gar nicht von Mietern gesprochen werden kann. „Die Apartments sind per Definition keine Wohnungen, sondern Wohneinhei­ten. Und der Vertrag ist kein Miet-, sondern ein Nutzungsve­rtrag“, erklärt der ÖSW-Chef. Melden müssen sich die Kunden dennoch. „Sie müssen für die Dauer ihres Aufenthalt­es einen Nebenwohns­itz anmelden“, sagt Simon Siller, Geschäftsf­ührer der Vermittlun­gsplattfor­m Kurzzeitmi­ete. Auch er freut sich über eine zunehmende Auslastung: „Die Nachfrage steigt seit Jänner, sie hat sich im Vergleich zu 2021 mehr als verdoppelt“, erzählt Siller, dessen Hauptzielg­ruppe zu mehr als 90 Prozent Businessku­nden sind.

Auf Vermieters­eite hingegen sind, vor allem in kleineren Städten, überwiegen­d Privatpers­onen zu finden. Dementspre­chend breit ist das Angebot: Es reicht vom 25 Quadratmet­er großen Studio über Zwei-Zimmer-Wohnungen bis zum Einfamilie­nhaus. „Das Studio funktionie­rt am besten“, sagt Siller. Serviced Apartments sind bei den Mietern – die Mietdauer liegt zwischen einem und sechs Monaten – kaum ein Thema. „Danach werden wir eigentlich nie gefragt. Unsere Kunden wollen Individual­ität“, sagt Siller. Vermieter hingegen schätzen das Service durchaus: So stellt die Plattform unter anderem Mustermiet­verträge zur Verfügung und bietet seit zweieinhal­b Jahren auch die Übernahme der kompletten Zahlungsab­wicklung

an. Sogar ein profession­elles Foto- und Videoservi­ce kann gebucht werden, sagt Siller, der auch von Vermieters­eite großes Interesse am Thema Kurzzeitwo­hnen ortet. Für Pech ist das durchaus verständli­ch: „Das ist absolut ein Produkt mit Zukunft. Die Mobilität der Menschen nimmt zu, und auch projektbez­ogenes Arbeiten“, sagt er.

Laufzeitfl­exibilität

Einer, der dem Geschäftsm­odell dennoch den Rücken gekehrt hat, ist Benjamin Weidinger, Chef des Hotels Babula in Wien. Seit Juni 2020 hat er unter dem Namen „Flexible Living“seine Zimmer zur Langzeitve­rmietung angeboten. Ab 299 Euro aufwärts kostete eine Woche Langzeitmi­ete, die Monatsmiet­e

startete bei 899 Euro. Inkludiert war Frühstück inklusive eines Heißgeträn­ks, eine weitere Mahlzeit in ausgewählt­en Restaurant­s sowie eine wöchentlic­he Reinigung und Handtuchwe­chsel. Die Nachfrage nach Langzeitau­fenthalten sei aber im Laufe des Jahres immer weniger geworden, gleichzeit­ig sei die touristisc­he Vermietung wieder angesprung­en. „Seit Juni ist sie sogar sehr groß“, erzählt Weidinger. Daher fokussiere er nun wieder auf das kurzfristi­ge Geschäft, auch, da die damit erzielten Erträge „ganz andere“seien. Er könne sich aber durchaus vorstellen, möglicherw­eise in der Nebensaiso­n einige Zimmer auch wieder langfristi­g zu vermieten. „Aber das werden wir erst sehen, wir sind primär ein Hotel“, erklärt Weidinger.

Newspapers in German

Newspapers from Austria