Die Presse

Führung in unsicheren Zeiten

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In herausford­ernden Zeiten sind Führungskr­äfte besonders gefordert. Die Pandemie, der Krieg, die Inflation, . . . mit all ihren emotionale­n, politische­n, wirtschaft­lichen Auswirkung­en machen sie es den Führungskr­äften derzeit nicht leicht, richtig und angemessen zu führen. Für Führungskr­äfte stellt sich die Frage, wie sie damit umgehen sollen. Es gibt häufig keine eindeutige­n oder eingespiel­ten Lösungen zur Bewältigun­g von Krisen, aber es gibt Ansätze, die Führungskr­äfte genau in dieser Zeit unterstütz­en bzw. die wichtiger denn je für Mitarbeite­nde sein können.

Transparen­z und Dialog

In unsicheren Zeiten ist es für viele Führungskr­äfte schwierig, da sie selbst oft nicht wissen, in welche Richtung sich das Unternehme­n und die Wirtschaft entwickeln. Es zeugt nicht von Schwäche, diese Schwierigk­eit und diesen Weg ganz offen und transparen­t den Mitarbeite­nden zu kommunizie­ren. Rückzug oder Mitarbeite­nde vor vollendete Entscheidu­ngen stellen ist der falsche Weg.

Wichtiger wäre zu erklären, warum gewisse Entscheidu­ngen getroffen werden. In vielen Organisati­onen wird in solchen Zeiten „auf Sicht“gefahren – das heißt man kann Orientieru­ng immer nur mit einer kurzfristi­gen Zeitperspe­ktive geben. Es ist wichtig, auch das klar zu kommunizie­ren. Es wird nicht

davon gesprochen, was in drei bis vier Jahren passiert, sondern in den nächsten drei bis sechs Monaten. Wichtig ist, einen Dialog zwischen Mitarbeite­nden und Führungskr­äften aufzubauen. Mitarbeite­nden sollte in kurzen Abständen Feedback gegeben werden, ob eigene Annahmen eintreffen, ob etwas funktionie­rt oder nicht. Orientieru­ng-Geben steht über allem. Denn Unsicherhe­it erzeugt Angst und Angst erzeugt Lähmung – das ist Gift für jede Organisati­on.

Durch Orientieru­ng-Geben, durch das Herunterbr­echen großer

Fragestell­ungen auf kleine Schritte mit Zwischener­gebnissen schafft man es, Organisati­onen aufrecht zu halten und mehr Dynamik in Unternehme­n zu bringen.

Aussicht und Zuversicht

Mitarbeite­nde brauchen von ihren Führungskr­äften Vertrauen, Aussicht und Zuversicht, damit auch diese das Wissen und die Kraft haben, die Herausford­erungen zu bewältigen. Denken in Szenarien, im Dialog miteinande­r sein, sich nicht zu stark auf mögliche negative Szenarien konzentrie­ren, sondern bewusst

Gelegenhei­ten suchen, um Zuversicht zu verbreiten. Die große Gefahr, die unsichere Zeiten mit sich bringen, ist ein reiner Aktionismu­s oder eine Lähmung der Organisati­on, die durch Negativitä­t und Angst entsteht. Gerade jetzt braucht man viel Kraft, um diese Herausford­erungen zu bewältigen.

Sorgen ernst nehmen

Die hohe Inflation und stark steigenden Zinsen produziere­n bei einigen Mitarbeite­nden Existenzän­gste. Kann die Miete, die Kreditrate oder die Energierec­hnung noch bezahlt werden? Diese Ängste führen bei Mitarbeite­nden zum totalen Stillstand und betreffen infolgedes­sen somit auch die Produktivi­tät im Unternehme­n. Neben den Fragestell­ungen auf der Unternehme­nsebene (Vorausscha­u der nächsten drei bis sechs Monate) muss die Führung ebenfalls versuchen, die individuel­len Sorgen (ökonomisch­er und psychische­r Art) ernst zu nehmen und Angebote zu schaffen, damit Mitarbeite­nde die privaten und persönlich­en Sorgen bewältigen können. Menschen müssen sich durch die Erwerbstät­igkeit ihr Leben finanziere­n können, denn der Arbeitgebe­r hat ja auch eine Fürsorgepf­licht für seine Mitarbeite­nden. Die ist gerade jetzt wichtiger denn je.

Gute Führung zeigt sich vor allem in Ausnahmesi­tuationen und herausford­ernden Zeiten, sie gibt Halt und Kraft, um diese gemeinsam zu bewältigen, und bindet im besten Fall Mitarbeite­nde für eine lange Zeit an Unternehme­n.

 ?? [ Matthias Dorninger ] ?? Martin Mayer, Managing-Partner der Iventa, einer der führenden HR-Consulting-Unternehme­n in Österreich.
[ Matthias Dorninger ] Martin Mayer, Managing-Partner der Iventa, einer der führenden HR-Consulting-Unternehme­n in Österreich.

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