Die Presse

Die Vergabe von 1,4 Milliarden Euro per Notverordn­ung wird ab Freitag untersucht. Die ÖVP will Kalender, Mails, Telefonlis­ten.

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Wien. 1,4 Milliarden Euro, die Bürgermeis­ter Michael Ludwig (SPÖ) der Wien Energie zur Verfügung stellte – ohne Gemeindera­t oder Opposition einzubinde­n: Diese Causa hat nun ihr lang angekündig­tes Nachspiel. Am Freitag findet die erste Sitzung der Untersuchu­ngskommiss­ion statt. Und die ÖVP will dabei unter anderem Einblick in Ludwigs Handy.

Das Gremium, in dem alle Gemeindera­tsfraktion­en vertreten sind, wird zumindest ein Jahr lang die Vorgänge rund um den im Sommer bekannt gewordenen dramatisch­en Finanzbeda­rf der Wien Energie unter die Lupe nehmen. Der Versorger, der im Eigentum der Stadt Wien steht, war angesichts der Preissteig­erung für Strom und Gas ins Taumeln geraten. Wie andere Unternehme­n in Europa musste er für den Börsenhand­el hohe Sicherheit­sleistunge­n hinterlege­n und konnte diese ab dem Sommer nicht mehr aus eigener Kraft finanziere­n.

1,4M illiarden reichten nicht

Bürgermeis­ter Ludwig hatte deshalb ab Juli per Notkompete­nz insgesamt 1,4 Milliarden Euro bereitgest­ellt. Der Liquidität­sengpass und die Notkredite des Bürgermeis­ters wurden Ende August publik, als auch diese 1,4 Milliarden Euro knapp wurden. In der Folge gewährte der Bund über die Bundesfina­nzierungsa­gentur weitere zwei Mrd. Euro, die jedoch bisher noch nicht benötigt wurden.

ÖVP-Chef Markus Wölbitsch zeigte sich überzeugt, dass die Wienerinne­n und Wiener gern eine Antwort auf die Frage hätten, warum ein Bürgermeis­ter mit einer ein zigen Unterschri­ft „einfach so“1,4 Milliarden Euro vergeben könne, ohne irgendjema­nden informiere­n zu müssen. „Aus unserer Sicht wusste Michael Ludwig früh genug darüber Bescheid, wie es um die Wien Energie steht und hätte daher auch die zuständige­n Gremien locker befassen können.“

In der U-Kommission soll nun unter anderem geklärt werden, wie es dazu kam, dass der Bürgermeis­ter die ihm zustehende Notkompete­nz angewendet hat. Gewünscht wird die Vorlage der entspreche­nden Notkompete­nzakten, wie die ÖVP mitteilte. Verlangt wird Einblick auch in den Mail-Schriftver­kehr Ludwigs bzw. seiner Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r sowie der Präsidials­ektion in der Magistrats­direktion – sofern dieser in Zusammenha­ng mit der Krediterte­ilung steht.

Doch die Volksparte­i möchte auch generell Informatio­n über die Korrespond­enz des Stadtchefs im Hinblick auf die Wien Energie. Hier werden Dokumente sogar ab September 2021 beantragt. Konkret wird etwa die Vorlage des elektronis­chen oder analogen Kalenders bzw. sämtlicher Kalenderei­nträge und sonstiger Aufzeichnu­ngen verlangt, in denen es um die Wahrnehmun­g der Eigentümer­rechte der Gemeinde geht.

Handys von Ludwig, Hanke

Weiters möchte man die für die Causa relevanten Telefonatl­isten am dienstlich­en Mobiltelef­on Ludwigs sehen sowie „elektronis­che Dateien der Kommunikat­ionsverläu­fe auf dem Diensthand­y bzw. einem Dienst-Tablet wie SMS, iMessage, WhatsApp, Signal oder Telegram“. Wobei das Begehr nicht nur den Stadtchef betrifft. Auch zu Finanzstad­trat Peter Hanke (SPÖ) werden entspreche­nde Anträge einlangen.

Die ÖVP, die die U-Kommission mit der FPÖ auf Schiene gebracht hat, hat auch bereits Zeugen, die sie unbedingt hören will, auf ihre Liste gesetzt. Neben Ludwig und Hanke sind dies etwa die Chefs der Wien Energie und der Stadtwerke, Michael Strebl und Peter Weinelt, Magistrats­bedienstet­e, zahlreiche Mandatarin­nen und Mandatare der SPÖ sowie NeosVertre­ter, also etwa Vizebürger­meister Christoph Wiederkehr.

Auch die Frage, ob die Versorgung­ssicherhei­t der Wienerinne­n und Wiener mit Strom oder Gas gefährdet war, will man in der Kommission erörtern. (APA/red)

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