Die Presse

Wie hole ich meine Bitcoin von den Börsen?

Die Causa FTX hat gezeigt: Mitunter ist es ratsam, sich selbst um die Verwahrung seiner Bitcoin zu kümmern.

- BITCOIN & BLOCKCHAIN VON BEATE LAMMER

Bitcoin auf einer Börse zu kaufen und sie dort liegen zu lassen ist nicht unpraktisc­h: Verliert man seine Passwörter, kann die Börse helfen (da sie es ist, die die eigentlich­en Zugangssch­lüssel hält). Stirbt man, ohne Vorkehrung­en getroffen zu haben, kommen die Erben – nach dem üblichen bürokratis­chen Spießruten­lauf – an das Geld heran.

Eingefleis­chten Bitcoinern war diese Vorgangswe­ise aber schon immer ein Dorn im Auge. Denn Bitcoin wurde ja geschaffen, um Zahlungen zu ermögliche­n, ohne einer Drittinsta­nz vertrauen zu müssen. Wer sein Geld bei einer Börse liegen lässt, vertraut einer Drittinsta­nz. Das geht in vielen Fällen gut, manchmal aber nicht, wie das Beispiel FTX gezeigt hat: Der Chef dieser Kryptobörs­e, Sam Bankman-Fried, hat Milliarden an Kundengeld­ern verspekuli­ert.

Bitcoin, keine Derivate

Auch Behörden haben Zugriff auf Bitcoin, die bei Börsen gespeicher­t sind. Das mag vielen Menschen in unseren Breiten als nicht so schlimm erscheinen. Opposition­elle in Russland oder Nigeria, die sich mit Bitcoin finanziert haben, dürften das anders sehen.

Wer Bitcoin bei einer Börse liegen hat, kann sich zudem nicht in allen Fällen sicher sein, dass die Börse tatsächlic­h Bitcoin verwahrt. Im Fall von FTX waren es mitunter Bitcoin-Derivate. Viele Börsen betonen nun, dass ihre Bitcoin-Bestände zu hundert Prozent gedeckt sind. Das wird auch stimmen. Dennoch gilt: Nur wer seine Bitcoin-Bestände selbst verwaltet, weiß sicher, dass er eine 21-Millionste­l-Einheit jenes dezentrale­n, zensurresi­stenten und harten Geldes hat, das Satoshi Nakamoto vor 14 Jahren erfunden hat.

Doch wie verwaltet man seine Bitcoin selbst? Es geht darum, den Zugangssch­lüssel (Private Key) zu haben, mit dem man – zusammen mit dem entspreche­nden Public Key – Zugriff auf bestimmte Bestände hat. Wenn man seine Bitcoin auf einer Börse erworben hat und sie dort noch liegen, hat die Börse den Schlüssel. Um die Bitcoin selbst zu verwalten, muss man ein eigenes Wallet einrichten, an das man sie schicken kann.

Für Anfänger kommen im wesentlich­en zwei Arten infrage: Hardware-Wallets, um größere Beträge sicher zu speichern, und mobile Wallets, um (kleinere) Zahlungen zu tätigen. Handy-Apps haben den Vorteil, dass man sie gratis herunterla­den kann. Wer gern in einschlägi­gen Online-Shops mit Sats (ein Satoshi ist ein Hundertmil­lionstel Bitcoin) bezahlt, kann eine Lightning-App verwenden. Lightning ist eine Methode, auf einer Art Seitenarm der Blockchain mit Bitcoin schnell und gebührenar­m kleinere Zahlungen zu tätigen. Beliebte Lightning-Apps sind etwa Blue Wallet, Wallet of Satoshi oder Muun Wallet.

Dennoch: Die Schlüssel zu großen Vermögen sollte man eher nicht auf einer App speichern. Zu groß ist die Gefahr, dass das Handy gestohlen oder gehackt wird. (Ein Verlust sollte zumindest dann keine schlimmen Auswirkung­en haben, wenn man ein Back-up gemacht hat: Auf den Apps gibt es Anweisunge­n, wie das geht.)

Um große Beträge zu speichern, benutzt man vorzugswei­se Hardware-Wallets, Geräte, mit denen man online Transaktio­nen durchführe­n kann, auf denen die Schlüssel aber offline gespeicher­t werden, was das Risiko eines Hackerangr­iffs minimiert. Bekannte Marken sind Ledger, Trezor oder Bitbox, bei den Geräten handelt es sich um USB-Sticks, sie kosten zwischen 80 und 150 Euro.

Wichtig ist, sie beim Hersteller zu bestellen. „Niemals sollte man die Geräte bei Amazon oder gar gebraucht bestellen“, warnt Stefan Embacher vom Kryptofore­nsik-Unternehme­n Foreus. Er kennt Fälle von manipulier­ten Geräten, die in der Folge gehackt wurden.

Ebenfalls wichtig ist es, sich beim Installier­en die Seed-Wörter zu notieren (dazu wird man allerdings ohnehin aufgeforde­rt). Das sind zwölf oder 24 englische Wörter, die man – wenn man jedes Sicherheit­srisiko ausschließ­en will – mit der Hand notieren sollte, und zwar in der richtigen Reihenfolg­e, am besten durchnumme­riert. Diese Wörter dienen als Back-up, wenn man den USB-Stick verliert. Wallet und Seed-Wörter sollte man vorzugswei­se in verschiede­nen Safes aufbewahre­n, rät Embacher.

Hat man nun die Seed-Wörter notiert und verwahrt, kann man mit der Überweisun­g beginnen und die Bitcoins von der Börse an das Wallet schicken. Dabei ist Vorsicht geboten: Wenn man Kryptowähr­ungen an eine falsche Adresse schickt, kann man das nicht rückgängig machen. Daniel Winklhamme­r von der Bitcoin-Börse 21Bitcoin rät, vor dem Absenden die ersten und letzten Stellen der Empfangsad­resse immer zu vergleiche­n. Gibt es einen QR-Code, sollte man diesen verwenden. Allerdings verhindern viele Börsenanbi­eter automatisc­h, dass jemand Bitcoin an eine nicht vorhandene Adresse oder an eine EthereumAd­resse (und umgekehrt) schickt. Bei größeren Summen kann es sinnvoll sein, vorher eine Testüberwe­isung zu machen.

„Einfacher, als man denkt“

Bei einigen Börsen, darunter 21Bitcoin, hat man die Möglichkei­t, seine Bitcoin automatisc­h immer dann an das eigene Wallet überweisen zu lassen, wenn ein bestimmter Betrag überschrit­ten ist. Etwa 50 Prozent der Kunden wählen diese Option, berichtet Winklhamme­r. Eines habe sich gezeigt: „Es hört sich komplizier­ter an, als es ist.“Im Grunde sei es einfach, seine Bitcoin auf ein Wallet zu überweisen. Man müsse es nur einmal gemacht haben.

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