Muss ich Erbe voller Schulden antreten?
Muss ich es antreten, und wer haftet für Forderungen, die erst nach dem Tod auftauchen?
Durchschnittlich erbt eine Österreicherin bzw. ein Österreicher im Laufe des Lebens 120.000 Euro.
Das kann alles an Vermögenswerten betreffen, von Liegenschaften über Schmuck bis hin zu Sparguthaben oder Forderungen gegenüber dritten Personen. Nicht vererbbar sind hingegen Rechte und Pflichten, die an Personen gebunden sind, also zum Beispiel ein Wohnrecht oder Unterhaltsansprüche.
Verstorbene können aber auch Schulden vererben, und deshalb hat es Sinn, sich vor dem Antritt und der gleichzeitig damit verbundenen Abgabe einer Erbantrittserklärung ein Bild über das Leben des Verstorbenen zu machen.
Niemand wird gezwungen
In Österreich gibt es keinen Zwang, ein Erbe anzunehmen. Deshalb wird bei der genannten Erklärung auch zwischen bedingter und unbedingter unterschieden: In Österreich ist die unbedingte Erbantrittserklärung die übliche Variante. Bei der unbedingten Erbantrittserklärung haftet der Erbe für alle Schulden und auch für die Erfüllung von Vermächtnissen mit seinem eigenen Geld in unbeschränkter Höhe. Der Erbe haftet auch dann, wenn er von der Existenz dieser Forderungen nichts wusste, und auch dann, wenn die Schulden die Aktiva der Verlassenschaft übersteigen.
Sollte es mehrere Erben geben und einer davon fällt aus, müssen die anderen solidarisch für ihn haften. Der Vorteil einer unbedingten Erbantrittserklärung ist, dass die Abwicklung einfach und kostengünstig ist. Der Notar erstellt, nach Auskunft der Hinterbliebenen, eine Liste über Aktiva und Passiva, und das wird dem Verlassenschaftsverfahren zugrunde gelegt.
Bedingte Erbantrittserklärung
Die bedingte Antrittserklärung hingegen ist umso mehr zu empfehlen, je weniger man von den Lebensumständen des Verstorbenen wusste, damit nicht ein unverhoffter Berg Schulden auftaucht. Denn durch die Abgabe einer bedingten Erbantrittserklärung kann man das Risiko der Schuldenhaftung beschränken. Der Erbe haftet zwar weiterhin mit seinem eigenen Vermögen, aber nur mehr beschränkt mit dem Wert der Aktiva der Verlassenschaft und nur anteilig entsprechend seiner Erbquote.
Dafür sind die Vermögensaufstellung und die Schätzung des Werts der Verlassenschaft etwas komplizierter: Dafür werden ein Sachverständiger und ein Gerichtskommissär benötigt. Die beiden schätzen den Wert der Verlassenschaft. In Österreich muss aber kein Erbe angetreten werden, Gründe, ein solches auszuschlagen, sind etwa eine völlige Überschuldung oder persönliche Gründe: Denn nicht selten kommt es vor, dass dem Erben nur Gegenstände vererbt werden und kein Bargeld.
Die Erbausschlagung verändert die Erbfolge. Das bedeutet, dass die gesetzliche Erbfolge vorsieht, dass die Nachkommen nun zu Erben werden. Wollen diese das Erbe ebenfalls nicht antreten, müssen auch sie das Erbe selbstständig ausschlagen. Und wenn das immer so weitergeht und es am Ende keine erbberechtigten Nachkommen mehr gibt, geht der Nachlass an den Staat über. Man spricht dann von einer Aneignung des Bundes, und die Republik Österreich erhält das Geld.
Wer sein Erbe ausschlagen möchte, hat dafür zwei Möglichkeiten: direkt beim örtlichen Nachlassgericht (das Bezirksgericht am letzten Wohnsitz des Verstorbenen), oder man lässt bei einem Notar eine Beglaubigung aufsetzen. Dieser leitet das Dokument dann an das Gericht weiter.
Gebühren fallen bei beiden Varianten an, aber wer sich direkt an das Gericht wendet, bezahlt lediglich eine Gebühr, die sich nach dem Gegenstandswert richtet, jedoch mindestens 15 Euro beträgt. Das setzt aber auch eine gewisse Rechtskenntnis voraus, die man mitbringen muss. Sonst ist die Kontaktaufnahme mit einem Rechtsanwalt oder Notar grundsätzlich zu empfehlen.