EU-Recht. Gerichtshof der EU hebt Geldwäsche-Richtlinie wegen Eingriffs in Grundrechte teilweise auf.
Wien/Luxemburg. Die EU hat bei ihrem Kampf gegen Geldwäsche ein wenig übers Ziel geschossen. Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg hat einen Teil der 5. Geldwäscherichtlinie für ungültig erklärt, weil damit zu stark in die Grundrechte eingegriffen werde.
Die Entscheidung der Großen Kammer betraf einen luxemburgischen Fall (C-37/20 und C-601/20, Luxembourg Business Registers). Problematisiert worden war jene Bestimmung der Richtlinie, nach der Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer juristischer Personen (Kapitalgesellschaften, Stiftungen, Trusts) in allen Fällen für alle Mitglieder der Öffentlichkeit zugänglich sein müssen.
Privatsphäre & Datenschutz
Der EuGH sieht darin einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte auf Privatsphäre und Schutz der persönlichen Daten. Denn dadurch könne eine potenziell unbegrenzte Zahl von Personen Einblick nehmen in die finanzielle Situation der Eigentümer, die hinter den Gesellschaften stehen. Es drohe eine missbräuchliche Verwendung, deren mögliche Folgen dadurch verschärft würden, dass die Daten auf Vorrat gespeichert und verbreitet werden könnten.
In Österreich müssen Unternehmen und Stiftungen seit 2017 dem Register der wirtschaftlichen Eigentümer melden, wer ihre „wahren“Eigentümer sind. Banken, Glücksspielbetreiber, Anwälte, Notare, Steuerberater, Immobilienmakler oder Versicherungsvermittler können ähnlich Einsicht nehmen wie im Firmenbuch, auch Einzelpersonen mit „berechtigen Interessen“. Wie Georg Eisenberge r, A nwalt und Kritiker der ersten Stunde, erläutert, können sich Wirtschaftstreibende nur so behelfen, dass sie eine individuelle Auskunftssperre beantragen – „mit erheblichem Begründungsaufwand, langer Verfahrensdauer und ungewissem Ausgang“, so Eisenberger.
Hintergrund des Verfahrens in Luxemburg waren Klagen gegen die dortige Umsetzung der Richtlinie; Betroffene, die Erpressungen oder Entführungen befürchteten, hatten erfolglos eine Beschränkung der Öffentlichkeit der Daten gefordert. „Nun wird sich der Gesetzgeber auf EU- und auf nationaler Ebene überlegen müssen, wie er die Regelungen so reparieren kann, dass die Privatsphäre und der Datenschutz gewahrt sind“, sagt Eisenberger.