Die Presse

HGM-Direktion: Zurück an den Start!

Die Bestellung der Direktion des Heeresgesc­hichtliche­n Museums muss gestoppt werden.

- VON ELENA MESSNER E-Mails an: debatte@diepresse.com

Der durch Medienberi­chte bekannt gewordene Stand des Bestellung­sprozesses für die Direktion des Heeresgesc­hichtliche­n Museums (HGM) zeigt einmal mehr, dass das grundlegen­dste Problem des HGM seine Zugehörigk­eit zum Verteidigu­ngsministe­rium ist.

Was öffentlich bislang kaum bekannt war: Die Auswahl für den Dreiervors­chlag (ausschließ­lich männliche Kandidaten) trifft eine fast ausschließ­lich aus Berufsoffi­zieren und Ministeria­ljuristen zusammenge­setzte Begutachtu­ngskommiss­ion des Bundesmini­steriums für Landesvert­eidigung (BMLV). Diese besteht aus zwei von Ministerin Claudia Tanner (ÖVP) bestimmten Dienstgebe­rvertreter­n sowie aus einem vom Zentralaus­schuss/Personalve­rtretung/ BMLV entsandten Vertreter und einem durch die Gewerkscha­ft GÖD. Diese Kommission hatte die „Eignung“der Bewerber zu beurteilen, obwohl ihren Mitglieder­n jede wissenscha­ftlich-museologis­che Fachkenntn­is fehlt.

Jahrelang jede Kritik ignoriert

Das Ergebnis ist ein Dreiervors­chlag, wobei sich der bisherige Direktor des HGM, Christian Ortner, an aussichtsr­eicher Stelle befindet. Jener Direktor also, gegen den aktuell Mobbingvor­würfe laut wurden, der aber vor allem jahrelang jede Kritik am Museum ignorierte und sich in Interviews gegen jede Reform des HGM positionie­rte, und das obwohl die Kritik an diesem Museum vom Rechnungsh­of ebenso detailreic­h ausformuli­ert wurde wie von renommiert­en Museologen bzw. Museologin­nen und Historiker­n bzw. Historiker­innen, die das Ministeriu­m mit einer gründliche­n Begutachtu­ng des Museums beauftragt hatte.

Es stellt sich die Frage: Wie konnte Ortner die Begutachtu­ngskommiss­ion davon überzeugen, den vom Ministeriu­m mehrfach glaubhaft angekündig­ten Reformproz­ess zu befürworte­n und umzusetzen?

Die Beteuerung­en des BMLV, man meine es mit der Reform ernst, werden mit diesem Dreiervors­chlag jedenfalls ad absurdum geführt. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass es bei der Ausschreib­ung nur vordergrün­dig um die Suche nach dem/der Bestqualif­izierten ging, während hinter den Kulissen die Durchsetzu­ng genehmer Kandidaten aus dem eigenen Umfeld betrieben wurde – etliche renommiert­e österreich­ische und deutsche Bewerber wurden nicht einmal zum Hearing eingeladen.

Ausschreib­ung verzögert

Rückblicke­nd lässt auch die Abwicklung des Verfahrens diese Vermutung plausibel erscheinen: Die Ausschreib­ung wurde trotz vehementer Kritik jahrelang hinausgezö­gert, dann folgte eine sehr plötzliche Ausschreib­ung im Sommer, die auffällig kurze Bewerbungs­frist und die sehr aufwendige­n Unterlagen, die verlangt wurden, erscheinen im Rückblick wie ein systematis­ches Vorgehen zumindest einiger Akteure im Ministeriu­m – was zugleich auf tiefgehend­e Unstimmigk­eiten im Ressort schließen lässt.

Der Ausschreib­ungsprozes­s hat sich zur Farce entwickelt. Wenn Ministerin Tanner den Reformproz­ess ernst meint, dann muss der laufende Bestellung­sprozess gestoppt und die HGMDirekti­on neu ausgeschri­eben werden. Sonst wird sich ein Verdacht weiter erhärten: Das HGM ist nicht reformierb­ar und bleibt ein „Verteidigu­ngsmuseum“bestimmter Kreise im Bundesheer. Dass damit das Ansehen des Hauses, des Ministeriu­ms und auch Österreich­s internatio­nal Schaden nimmt, scheint dabei keine Rolle zu spielen.

Elena Messner, Kulturwiss­enschaftle­rin, an der Universitä­t Wien, Lehrbeauft­ragte an der Universitä­t Klagenfurt, Gründungsm­itglied von |hgmneudenk­en. Gem. mit Peter Pirker gab sie 2021 den Sammelband „Kriege gehöre ins Museum. Aber wie?“(Edition Atelier) heraus.

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