Strommangel? Essen in Zeiten des Blackouts
Die Stromversorgung im Winter bleibt heikel. Hungern soll auch im Extremfall keiner.
Die Sorge vor einem Zusammenbruch der Stromversorgung in Österreich ist groß wie selten zuvor. Blackouts in der Ukraine, drohender Gasmangel und der Ausfall großer Kraftwerke in Europa nähren die Unsicherheit. In einer Umfrage zeigt sich jeder vierte Österreicher davon überzeugt, noch heuer einen Blackout zu erleben. Immerhin jeder Zweite hält sich für gut vorbereitet.
Gut vorbereitet für den Ernstfall wollen auch die heimischen Lebensmittelketten sein. Am gestrigen Dienstag hat der Handel seinen Stufenplan auf den Tisch gelegt, der sicherstellen soll, dass niemand hungern muss, wenn die Lichter ausgehen.
Am ersten Tag eines Blackouts blieben die Lebensmittelgeschäfte demnach geschlossen. Ab dem zweiten Tag sollen von zehn bis 15 Uhr bei Spar, Interspar, Maximarkt, Billa, Penny, Adeg, Sutterlüty, Hofer, Lidl, Nah & Frisch, Unimarkt und MPreis Sackerln mit Frischeprodukten ausgegeben werden. Über den Inhalt entscheiden die Händler selbst. Zusätzlich sollen fertige Sackerln mit haltbarem Brot, Konserven, Babyartikeln und Kerzen gegen Barzahlung verkauft werden, weshalb NationalbankGouverneur Robert Holzmann auch rät, hundert Euro Bargeld je Familienmitglied „für alle Fälle zu Hause zu haben, weil Bargeld immer funktioniert“. Ab dem dritten Tag gibt es nur noch trockene Lebensmittel. Ins Geschäft hinein darf auch dann noch niemand.
Von Stromimporten abhängig
Spätestens seit Ausbruch des Ukraine-Krieges sind die Österreicherinnen und Österreicher sensibilisiert für die schwelende Blackout-Gefahr. Seit die Stromversorgung in der Ukraine regelmäßig zusammenbricht, verstärkt sich die Sorge vor einem Überschwappen des Problems zusätzlich. Seit einigen Monaten ist das ukrainische Stromnetz nämlich mit den europäischen synchronisiert, wodurch Dominoeffekte wahrscheinlicher werden. Doch in der Realität ist die Gefahr zumindest von dieser Seite her gering, sagt Gerhard Christiner, Technikvorstand des Übertragungsnetzbetreibers APG. Zwischen der Ukraine und dem Rest Europas werde schon seit Ende des Sommers kein Strom mehr gehandelt, die Gefahr, sich mit Blackouts „anzustecken“, sei also gering.
Doch auch ohne UkraineKrieg ist Österreich im Winter chronisch mit Strom aus dem eigenen Land unterversorgt. Ohne Gaskraftwerke und kräftige Mithilfe der europäischen Nachbarn käme das Land nicht über die dunkle Jahreshälfte. „Ja, wir sind
importabhängig“, räumt Christiner ein. Ein knappes Fünftel des Strombedarfs müsse aus dem Ausland gedeckt werden. Dank der vollen Gasspeicher sei zumindest die Erzeugung im Inland gesichert. Und auch die Importe sind weitgehend garantiert. Im Extremfall rechnet die APG damit, dass es im Winter um fünf Prozent zu wenig Strom im Land geben könnte. Diese mögliche Strommangellage muss noch keinen Blackout nach sich ziehen. Fünf Prozent ließen sich „gut mit Stromsparen kompensieren“, so der APG-Chef.
Industrie: Fürs Sparen bezahlt
Dazu soll künftig auch die Industrie verstärkt angehalten werden. Erstmals soll sie Geld dafür erhalten, wenn sie an kritischen Tagen zu Mittag oder in der Zeit von 17 bis 19 Uhr den Strom abdreht. Auch hier wird der Handel eine Rolle spielen. Rewe verbraucht etwa allein ein Prozent der gesamten Energie Österreichs. Schaltet die Kette – gegen Bezahlung – ihre Kühlhallen kurzfristig ab, sind die Einsparungen gewaltig.
„Wir sind in einer angespannten Situation. Das ist kein Geheimnis“, sagt Christiner. Er wehrt sich jedoch gegen Katastrophenszenarios, wonach Österreich kurz vor einem mehrwöchigen Blackout stehe. „Selbst wenn der Blackout kommt: In zwanzig bis dreißig Stunden sollte der Strom wieder da sein – solange wir die notwendigen Kraftwerke haben.“