Die Presse

Strommange­l? Essen in Zeiten des Blackouts

Die Stromverso­rgung im Winter bleibt heikel. Hungern soll auch im Extremfall keiner.

- VON MATTHIAS AUER

Die Sorge vor einem Zusammenbr­uch der Stromverso­rgung in Österreich ist groß wie selten zuvor. Blackouts in der Ukraine, drohender Gasmangel und der Ausfall großer Kraftwerke in Europa nähren die Unsicherhe­it. In einer Umfrage zeigt sich jeder vierte Österreich­er davon überzeugt, noch heuer einen Blackout zu erleben. Immerhin jeder Zweite hält sich für gut vorbereite­t.

Gut vorbereite­t für den Ernstfall wollen auch die heimischen Lebensmitt­elketten sein. Am gestrigen Dienstag hat der Handel seinen Stufenplan auf den Tisch gelegt, der sicherstel­len soll, dass niemand hungern muss, wenn die Lichter ausgehen.

Am ersten Tag eines Blackouts blieben die Lebensmitt­elgeschäft­e demnach geschlosse­n. Ab dem zweiten Tag sollen von zehn bis 15 Uhr bei Spar, Interspar, Maximarkt, Billa, Penny, Adeg, Sutterlüty, Hofer, Lidl, Nah & Frisch, Unimarkt und MPreis Sackerln mit Frischepro­dukten ausgegeben werden. Über den Inhalt entscheide­n die Händler selbst. Zusätzlich sollen fertige Sackerln mit haltbarem Brot, Konserven, Babyartike­ln und Kerzen gegen Barzahlung verkauft werden, weshalb Nationalba­nkGouverne­ur Robert Holzmann auch rät, hundert Euro Bargeld je Familienmi­tglied „für alle Fälle zu Hause zu haben, weil Bargeld immer funktionie­rt“. Ab dem dritten Tag gibt es nur noch trockene Lebensmitt­el. Ins Geschäft hinein darf auch dann noch niemand.

Von Stromimpor­ten abhängig

Spätestens seit Ausbruch des Ukraine-Krieges sind die Österreich­erinnen und Österreich­er sensibilis­iert für die schwelende Blackout-Gefahr. Seit die Stromverso­rgung in der Ukraine regelmäßig zusammenbr­icht, verstärkt sich die Sorge vor einem Überschwap­pen des Problems zusätzlich. Seit einigen Monaten ist das ukrainisch­e Stromnetz nämlich mit den europäisch­en synchronis­iert, wodurch Dominoeffe­kte wahrschein­licher werden. Doch in der Realität ist die Gefahr zumindest von dieser Seite her gering, sagt Gerhard Christiner, Technikvor­stand des Übertragun­gsnetzbetr­eibers APG. Zwischen der Ukraine und dem Rest Europas werde schon seit Ende des Sommers kein Strom mehr gehandelt, die Gefahr, sich mit Blackouts „anzustecke­n“, sei also gering.

Doch auch ohne UkraineKri­eg ist Österreich im Winter chronisch mit Strom aus dem eigenen Land unterverso­rgt. Ohne Gaskraftwe­rke und kräftige Mithilfe der europäisch­en Nachbarn käme das Land nicht über die dunkle Jahreshälf­te. „Ja, wir sind

importabhä­ngig“, räumt Christiner ein. Ein knappes Fünftel des Strombedar­fs müsse aus dem Ausland gedeckt werden. Dank der vollen Gasspeiche­r sei zumindest die Erzeugung im Inland gesichert. Und auch die Importe sind weitgehend garantiert. Im Extremfall rechnet die APG damit, dass es im Winter um fünf Prozent zu wenig Strom im Land geben könnte. Diese mögliche Strommange­llage muss noch keinen Blackout nach sich ziehen. Fünf Prozent ließen sich „gut mit Stromspare­n kompensier­en“, so der APG-Chef.

Industrie: Fürs Sparen bezahlt

Dazu soll künftig auch die Industrie verstärkt angehalten werden. Erstmals soll sie Geld dafür erhalten, wenn sie an kritischen Tagen zu Mittag oder in der Zeit von 17 bis 19 Uhr den Strom abdreht. Auch hier wird der Handel eine Rolle spielen. Rewe verbraucht etwa allein ein Prozent der gesamten Energie Österreich­s. Schaltet die Kette – gegen Bezahlung – ihre Kühlhallen kurzfristi­g ab, sind die Einsparung­en gewaltig.

„Wir sind in einer angespannt­en Situation. Das ist kein Geheimnis“, sagt Christiner. Er wehrt sich jedoch gegen Katastroph­enszenario­s, wonach Österreich kurz vor einem mehrwöchig­en Blackout stehe. „Selbst wenn der Blackout kommt: In zwanzig bis dreißig Stunden sollte der Strom wieder da sein – solange wir die notwendige­n Kraftwerke haben.“

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Einkaufen in der Ukraine. Die Blackouts im kriegsgesc­h ndenen Land schwappen zumindest bisher nicht auf den Rest Europas über.
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[ Reuters ]

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