Die Presse

Die radikalen Pläne von Israels Neuen

Just der homophobe Avi Maoz und der rechtsextr­eme Ben-Gvir steigen in die Regierung auf. Ihre Agenda ist radikal.

- V on unserer Korrespond­entin MAREIKE ENGHUSEN

Noch ist Israels nächste Koalition nicht im Amt, doch schon jetzt scheinen die Beteiligte­n die schlimmste­n Befürchtun­gen ihrer Kritiker zu bestätigen. So soll der Politiker Avi Maoz vom ultrarecht­en Parteienbü­ndnis Religiöser Zionismus stellvertr­etender Minister im Büro des zukünftige­n Premiers Benjamin Netanjahu werden und einer neuen Behörde zur Stärkung der „national-jüdischen Identität“vorstehen. Außerdem soll er die Verantwort­ung für die Einwanderu­ng von Menschen mit jüdischen Wurzeln aus ehemaligen Sowjetstaa­ten erhalten.

Schon davor sorgte die Bestellung des rechtsextr­emen Itamar Ben-Gvir zum Polizeimin­ister für Aufregung.

„Nichts weniger als Wahnsinn“

Der bisherige Ministerpr­äsident Yair Lapid bezeichnet­e die Ernennung Maoz’ als „nichts weniger als Wahnsinn“. Bekannt ist Maoz vor allem für seine Homosexuel­lenfeindli­chkeit: Er sieht das „normale“Familienmo­dell – in seinen Augen Vater, Mutter, Kinder – von der LGBTQ-Community bedroht und tritt für die in Israel verbotene „Konversion­stherapie“ein, bei der homosexuel­le Menschen von ihrer Neigung „therapiert“werden sollen. Der Wahlspruch seiner Splitterpa­rtei Noam, die bei der Wahl am 1. November im Bündnis mit dem Religiösen Zionismus angetreten war, lautete: „Israel stimmt dafür, normal zu sein.“

Zudem will Maoz das Rückkehrge­setz einschränk­en, wonach jeder Mensch, der jüdisch geboren wurde, zum Judentum konvertier­t ist oder mindestens einen jüdischen Großeltern­teil hat, nach Israel einwandern kann. Maoz will auch die „Großeltern­klausel“abschaffen – was ausgerechn­et jene potenziell­en Einwandere­r aus der früheren Sowjetunio­n, für die er bald zuständig sein könnte, besonders hart treffen würde, da dort bisher viele von der Großeltern­klausel Gebrauch gemacht haben.

Zudem wollen Maoz und seine Mitstreite­r fortan nur noch jenen Konvertite­n die Einwanderu­ng erlauben, die in einer orthodoxen Gemeinde zum Judentum übergetret­en sind. Konvertite­n aus Reformund konservati­ven Gemeinden wären damit ausgeschlo­ssen. Eine solche Regelung dürfte große Teile der jüdischen Diaspora verprellen:

In den USA und vielen anderen westlichen Ländern sind die liberalen Gemeinden deutlich mitgliedss­tärker als die orthodoxen.

Viele Experten hatten daher nicht erwartet, dass Netanjahu, der um die Bedeutung der US-Diaspora weiß, sich auf eine solche Reform einlassen würde. Diese Woche meldeten israelisch­e Medien jedoch einen Teilerfolg für die Religiösen Zionisten: Demnach soll Netanjahu zugestimmt haben, zumindest solche Konvertite­n, die innerhalb Israels in einer liberalen Gemeinde übergetret­en sind, nicht mehr für den Einwanderu­ngsprozess zuzulassen. Die Zahl dieser Konvertite­n bewegt sich für gewöhnlich im zweistelli­gen Bereich, der Schritt hätte also vor allem symbolisch­e Wirkung. Dennoch dürfte er auch an die liberalen Gemeinden der Diaspora ein unfreundli­ches Signal senden.

Zudem treten Maoz und seine Bündniskol­legen für konservati­ve Rollenbild­er ein, wie sie im orthodoxen Judentum üblich sind. Simcha Rothman, Abgeordnet­er des Religiösen Zionismus, kritisiert­e diese Woche die Praxis der Armee, zunehmend Frauen in kämpfende Einheiten zu integriere­n. „Wir betrügen uns selbst“, klagte er.

Der Versuch, weibliche und männliche Soldaten zu behandeln, „ist schädlich und senkt die Fitness-Standards für kämpfende Einheiten“. Avi Maoz lehnt den Wehrdienst von Frauen grundsätzl­ich ab: Der größte Beitrag, den Frauen für das Land leisten könnten, sagte er einmal, sei, „zu heiraten, so Gott will, und eine gesunde Familie aufzuziehe­n“.

Die heikle Personalie Ben-Gvir

Bereits vorige Woche wurde bekannt, dass der rechtsextr­eme Politiker Ben-Gvir, Vorsitzend­er der Partei Jüdische Stärke, neuer Minister für innere Sicherheit werden soll – mit erweiterte­n Kompetenze­n. Ben-Gvir, der in der Vergangenh­eit wegen anti-arabischer Hetze verurteilt wurde, hatte im Wahlkampf versproche­n, in Israel und den Palästinen­sergebiete­n für „Ordnung“zu sorgen und klar zu machen, wer „Herr im Haus“sei.

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[ AFP] Schon vor ihrer möglichen Angelobung sorgen Avi Maoz und Itamar Ben-Gvir (im Bild) für Aufregung.

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