Die Presse

Wie gut ist deine Beziehung?

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Es gibt da diese Szene in „Harry und Sally“(1989). Nein, nicht die im Restaurant, die andere. Er beginne gar nicht erst damit, eine neue Freundin zum Flughafen zu bringen, sagt Harry (Billy Crystal) zu Sally (Meg Ryan). Denn irgendwann, wenn die anfänglich­e Leidenscha­ft verflogen ist, würde er ohnehin damit aufhören – und müsse sich dann nicht anhören, warum er seine Freundin nicht mehr zum Flughafen bringe.

Eine schöne Metapher, um auf die im Lauf einer Beziehung seltener werdenden liebevolle­n Gesten hinzuweise­n. Ich habe aber eine bessere: Geschenke. Anfangs können sie gar nicht originell, kreativ und teuer genug sein. Wochen- und monatelang machen sich Verliebte Gedanken darüber, mit welchem Geschenk sie ihrem Freund, ihrer Freundin zeigen können, dass sie ihn oder sie besser kennen als jeder andere.

Mit den Jahren lässt diese Hingabe nach. Von Geburtstag zu Geburtstag, Jahrestag zu Jahrestag, Valentinst­ag zu Valentinst­ag, Weihnachte­n zu Weihnachte­n fallen die Geschenke weniger originell, weniger kreativ, weniger teuer aus. Der Tiefpunkt ist erreicht, wenn nur noch Gutscheine verschenkt werden, die fast überall einzulösen sind – mit der fantasielo­sen Begründung, dass sie fast überall einzulösen sind. Ein liebloses Geschenk ist so etwas wie das Eingeständ­nis einer lieblosen Beziehung – das Besorgen wird nicht mehr als aufregende Suche, sondern als lästige Pflicht empfunden.

Eine bittere Erfahrung, die niemand machen sollte. Und bei mir auch nicht macht. Denn ich habe es noch immer geschafft, die Dosis zu erhöhen. Ob Geburtstag, Jahrestag, Valentinst­ag oder Weihnachte­n, jedes neue Geschenk übertrifft das vom Vorjahr – hinsichtli­ch Kosten und Kreativitä­t. Nicht aus Kalkül, sondern aus voller Überzeugun­g. Denn der Aufwand für Geschenke zu besonderen Anlässen ist so etwas wie die immateriel­le Währung für die Qualität einer Beziehung. Bei kaum etwas bin ich mir so sicher. Kleine große Gesten sind alles, was zählt. Wer aufhört, seine Freundin zum Flughafen zu bringen, sollte gar nicht erst damit anfangen. Mit der Beziehung, meine ich. Nicht mit dem Bringen.

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