Volle Geschäfte – Krise, welche Krise?
Handel. Der vierte Adventsamstag war der umsatzstärkste Einkaufstag des Jahres.
Eigentlich ist Krise angesagt. Seit Wochen überbieten sich Wirtschaftsinstitute mit verheerenden Konsum- und Konjunkturprognosen, wonach nicht nur Österreich, sondern fast ganz Europa schnurstracks auf eine Rezession zusteuert. Während die Inflation auch im kommenden Jahr nur geringfügig zurückgehen soll – die Nationalbank rechnete jüngst mit einem Wert von 6,5 Prozent für 2023 –, dürften das BIP-Wachstum sowie der Privatkonsum in Österreich 2023 maximal stagnieren.
Auch die Stimmung unter den Kaufleuten bleibt schlecht: Der Saldo aus positiven und negativen Einschätzungen der heimischen Einzelhandelsmanager stürzte im vergangenen Jahr von plus acht Prozentpunkten im September 2021 auf zuletzt minus 45 Prozentpunkte ab.
Lichtblick bei Konsumlaune
Noch schlechter ist die Stimmung nur in Deutschland. Gesamteuropäisch lassen aktuelle Erhebungen auf eine leichte Erholung schließen. Der Verbraucher-Vertrauensindex, der die finanzielle Situation der Haushalte und das allgemeine Sparverhalten abbildet, erreicht in der EU im November minus 25,8 Indexpunkte – im September lag der Wert noch fast bei minus 30 Prozent. Auch in Österreich zeigt sich, dass sich die Konsumlaune etwas aufhellen dürfte. Jeder siebente Österreicher hat seine Sparpläne zwischen Mitte Oktober und Mitte November bereits über Bord geworfen, konstatiert das Institut für Handel und Marketing an der JKU Linz. Mittlerweile gibt ein Großteil der Befragten an, mehr für Weihnachtsgeschenke ausgeben zu wollen als im Vorjahr.
Auch der Handelsverband ließ am Montag aufhorchen: Mit 350 Millionen Euro war der vierte Adventsamstag für den stationären Einzelhandel der umsatzstärkste Einkaufstag des Jahres – immerhin ein positiver Indikator für das Konsumklima im Land. „Das Weihnachtsgeschäft verläuft angesichts der horrenden Inflation und des Kaufkraftverlustes breiter Teile der Bevölkerung zuletzt etwas besser“, konstatiert Handelsverband-Chef Rainer Will.
In ihrer Umsatzprognose für den österreichischen Einzelhandel gehen das Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo und der Handelsverband heuer von einem weihnachtsbedingten Mehrumsatz von 1,36 Mrd. Euro netto aus. Das entspricht einem Plus von 220 Mio. Euro im Vergleich zum Vorjahr (1,14 Mrd. Euro netto). Damals wurde das Weihnachtsgeschäft allerdings massiv durch einen harten Lockdown beeinflusst.
Insgesamt wird das Umsatzvolumen im Handel im Dezember
auf nominell 7,28 Mrd. Euro geschätzt (Vorjahr: 6,72 Mrd. Euro). Inflationsbereinigt entspricht das einem Minus von 0,8 Prozent.
Leichter Rückgang als „Erfolg“
„Unter den gegebenen Rahmenbedingungen einer hohen Inflation und dem Krieg in der Ukraine kann das heurige Weihnachtsgeschäft mit einem nur leichten realen Rückgang gegenüber dem Vorjahr als Erfolg gewertet werden“, erklärt Wifo-Ökonom Marcus Scheiblecker. Zudem macht er deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Branchen fest: „Betrachtet man nur den Nicht-Lebensmittelbereich,
liegen die Mehrumsätze im Dezember inflationsbereinigt um elf Millionen Euro über dem Vorjahresniveau, aber um mehr als 150 Millionen Euro hinter 2019 zurück.“
Für das vierte Quartal 2022 rechnet das Wifo mit einer preisbereinigten Stagnation des Konsums der privaten Haushalte gegenüber dem Vorjahr. Entsprechend schwach dürfte die Entwicklung daher auch für den Einzelhandel ausfallen. Auch der Trend einer abnehmenden Bedeutung des Dezembergeschäfts für den Einzelhandel wird sich heuer fortsetzen.