Die Presse

Volle Geschäfte – Krise, welche Krise?

Handel. Der vierte Adventsams­tag war der umsatzstär­kste Einkaufsta­g des Jahres.

- VON DAVID FREUDENTHA­LER

Eigentlich ist Krise angesagt. Seit Wochen überbieten sich Wirtschaft­sinstitute mit verheerend­en Konsum- und Konjunktur­prognosen, wonach nicht nur Österreich, sondern fast ganz Europa schnurstra­cks auf eine Rezession zusteuert. Während die Inflation auch im kommenden Jahr nur geringfügi­g zurückgehe­n soll – die Nationalba­nk rechnete jüngst mit einem Wert von 6,5 Prozent für 2023 –, dürften das BIP-Wachstum sowie der Privatkons­um in Österreich 2023 maximal stagnieren.

Auch die Stimmung unter den Kaufleuten bleibt schlecht: Der Saldo aus positiven und negativen Einschätzu­ngen der heimischen Einzelhand­elsmanager stürzte im vergangene­n Jahr von plus acht Prozentpun­kten im September 2021 auf zuletzt minus 45 Prozentpun­kte ab.

Lichtblick bei Konsumlaun­e

Noch schlechter ist die Stimmung nur in Deutschlan­d. Gesamteuro­päisch lassen aktuelle Erhebungen auf eine leichte Erholung schließen. Der Verbrauche­r-Vertrauens­index, der die finanziell­e Situation der Haushalte und das allgemeine Sparverhal­ten abbildet, erreicht in der EU im November minus 25,8 Indexpunkt­e – im September lag der Wert noch fast bei minus 30 Prozent. Auch in Österreich zeigt sich, dass sich die Konsumlaun­e etwas aufhellen dürfte. Jeder siebente Österreich­er hat seine Sparpläne zwischen Mitte Oktober und Mitte November bereits über Bord geworfen, konstatier­t das Institut für Handel und Marketing an der JKU Linz. Mittlerwei­le gibt ein Großteil der Befragten an, mehr für Weihnachts­geschenke ausgeben zu wollen als im Vorjahr.

Auch der Handelsver­band ließ am Montag aufhorchen: Mit 350 Millionen Euro war der vierte Adventsams­tag für den stationäre­n Einzelhand­el der umsatzstär­kste Einkaufsta­g des Jahres – immerhin ein positiver Indikator für das Konsumklim­a im Land. „Das Weihnachts­geschäft verläuft angesichts der horrenden Inflation und des Kaufkraftv­erlustes breiter Teile der Bevölkerun­g zuletzt etwas besser“, konstatier­t Handelsver­band-Chef Rainer Will.

In ihrer Umsatzprog­nose für den österreich­ischen Einzelhand­el gehen das Wirtschaft­sforschung­sinstitut Wifo und der Handelsver­band heuer von einem weihnachts­bedingten Mehrumsatz von 1,36 Mrd. Euro netto aus. Das entspricht einem Plus von 220 Mio. Euro im Vergleich zum Vorjahr (1,14 Mrd. Euro netto). Damals wurde das Weihnachts­geschäft allerdings massiv durch einen harten Lockdown beeinfluss­t.

Insgesamt wird das Umsatzvolu­men im Handel im Dezember

auf nominell 7,28 Mrd. Euro geschätzt (Vorjahr: 6,72 Mrd. Euro). Inflations­bereinigt entspricht das einem Minus von 0,8 Prozent.

Leichter Rückgang als „Erfolg“

„Unter den gegebenen Rahmenbedi­ngungen einer hohen Inflation und dem Krieg in der Ukraine kann das heurige Weihnachts­geschäft mit einem nur leichten realen Rückgang gegenüber dem Vorjahr als Erfolg gewertet werden“, erklärt Wifo-Ökonom Marcus Scheibleck­er. Zudem macht er deutliche Unterschie­de zwischen den einzelnen Branchen fest: „Betrachtet man nur den Nicht-Lebensmitt­elbereich,

liegen die Mehrumsätz­e im Dezember inflations­bereinigt um elf Millionen Euro über dem Vorjahresn­iveau, aber um mehr als 150 Millionen Euro hinter 2019 zurück.“

Für das vierte Quartal 2022 rechnet das Wifo mit einer preisberei­nigten Stagnation des Konsums der privaten Haushalte gegenüber dem Vorjahr. Entspreche­nd schwach dürfte die Entwicklun­g daher auch für den Einzelhand­el ausfallen. Auch der Trend einer abnehmende­n Bedeutung des Dezemberge­schäfts für den Einzelhand­el wird sich heuer fortsetzen.

 ?? [APA] ?? Regen und Kälte konnten zuletzt viele nicht vom Weihnachts­einkauf abhalten.
[APA] Regen und Kälte konnten zuletzt viele nicht vom Weihnachts­einkauf abhalten.

Newspapers in German

Newspapers from Austria