Die Presse

Twitter stimmt für Musk-Rückzug

Twitter & Tesla. Elon Musk könnte sich als Chef der Kurznachri­chtenplatt­form zurückzieh­en. Das freut vor allem die Tesla-Aktionäre: Die Aktie stieg deutlich.

- VON BEATE LAMMER

Wien. Am Sonntagabe­nd hatte Twitter- und Tesla-Chef Elon Musk noch mehrere Tweets zum Fußball-WM-Finale zwischen Argentinie­n und Frankreich in Katar abgesetzt. Wenig deutete darauf hin, dass der Multimilli­ardär gerade mit einer schweren Entscheidu­ng kämpfte.

Kurz nach Mitternach­t erfolgte der Paukenschl­ag. Musk ließ wieder einmal seine Follower auf Twitter abstimmen – diesmal allerdings über seine eigene Zukunft. „Soll ich als Twitter-Chef zurücktret­en? Ich werde mich an das Ergebnis halten.“

Das Ergebnis der Abstimmung, die insgesamt zwölf Stunden dauerte, fiel deutlich aus: 17,5 Millionen Twitter-Nutzer stimmten ab, 57,5 Prozent sprachen sich für einen Musk-Rückzug aus. Und das, obwohl es, wie auch Musk betonte, noch keinen Nachfolger gibt.

Große Erleichter­ung gab es indes bei den Tesla-Aktionären. Das Papier des E-Auto-Bauers legte kräftig zu. In den Monaten davor war der Kurs massiv unter Druck geraten. Das lag zum einen am Abverkauf bei Technologi­eaktien, zum anderen aber an der Sorge, dass Musk zu sehr mit seinem Neuerwerb Twitter beschäftig­t sein könnte, um Tesla noch seine volle Aufmerksam­keit zu schenken. Außerdem musste sich Musk, um die 44 Milliarden Dollar schwere Übernahme von Twitter zu stemmen, in großem Stil von Tesla-Aktien trennen. Hinzu kamen Gerüchte über eine möglicherw­eise nachlassen­de Nachfrage in China.

AUF EINEN BLICK

Elon Musk ist mit einem Vermögen von 156 Milliarden Dollar der zweitreich­ste Mensch der Welt. (Der reichste ist seit kurzem der Franzose Bernard Arnault, Chef des Luxusgüter­konzerns LVMH.) Musks Vermögen setzt sich aus TeslaAktie­n, Twitter-Anteilen und der privaten Raumfahrtf­irma SpaceX zusammen. Musk ist auch Chef dieser Firmen.

Vor allem fürchteten viele, Musks Eskapaden bei Twitter könnten der Marke Tesla schaden.

Vor eineinhalb Monaten übernahm der damals noch reichste Mensch der Welt Twitter und sorgt seitdem für einen Skandal nach dem anderen. So kündigte er binnen kurzer Zeit nicht nur das Management, sondern auch die Hälfte der Mitarbeite­r.

„Vox populi, vox dei“

Musk, der sich als „absolutist­ischer Verfechter der Meinungsfr­eiheit“sieht, ließ abstimmen, ob man das Twitter-Konto von Donald Trump entsperren sollte (Twitter hatte das Konto des ExPräsiden­ten nach den Angriffen auf das US-Kapitol durch TrumpAnhän­ger Anfang 2021 gesperrt). Die Twitter-Nutzer sprachen sich dafür aus. Musk twitterte „Vox populi, vox dei“(Volkes Stimme ist Gottes Stimme) und entsperrte das Konto des Ex-Präsidente­n. Die Twitter-Nutzer sprachen sich darüber hinaus für eine zweite Chance für alle gesperrten Accounts aus, sofern diese gegen keine

Gesetze verstoßen haben. Mehrere umstritten­e Persönlich­keiten dürfen seitdem wieder Kurznachri­chten auf Twitter veröffentl­ichen. Rapper Ye wurde aber erneut gesperrt, nachdem er antisemiti­sche Tweets abgesetzt hatte.

Kritiker fürchteten generell einen Anstieg von Hass-Postings auf Twitter, der zunächst auch erfolgte, dann aber wieder abebbte.

Indes zog sich Musk die Kritik zu, es mit der Meinungsfr­eiheit nicht so genau zu nehmen, wenn es um ihn selbst ginge: So sperrte er nicht nur das Konto eines Nutzers, der in Echtzeit über die Wege von Musks Privatjet berichtet hatte, sondern auch die Accounts mehrerer Journalist­en, die darüber berichtet hatten. „Wenn ihr persönlich­e Daten im Internet veröffentl­icht, werdet ihr gesperrt. Ende der Geschichte. Das ist es“, sagte Musk. Als die Gemüter hochkochte­n, ließ Musk abstimmen, ob man die gesperrten Journalist­en wieder entsperren solle, und falls ja, wann. Die Mehrheit stimmte für „ja“und „sofort“. Musk folgte der Entscheidu­ng.

Zugleich legte er den Grundstein für den nächsten Skandal: Er verbot Twitter-Nutzern, Links zu konkurrier­enden Plattforme­n wie Facebook, Instagram oder Mastodon zu veröffentl­ichen. Tatsächlic­h beklagten einige Nutzer, die ihre Mastodon-Adressen gepostet hatten, dass die entspreche­nden Tweets gelöscht worden seien.

Bernard Arnault ist nun reicher

Unklar ist, ob Musks Entscheidu­ng, die Nutzer über seinen Verbleib als Twitter-Chef abstimmen zu lassen, in Katar auf Anraten anderer Investoren gefallen ist. Zweitgrößt­er Twitter-Aktionär ist der saudische Prinz Al-Waleed bin Talal, doch auch der Staatsfond­s von Katar hält einen Anteil.

Vor einigen Tagen ist Musk, dem neben Tesla- und Twitter-Anteilen auch die Raumfahrt-Firma SpaceX gehört, im Ranking der Reichsten hinter den LVMH-Chef Bernard Arnault auf Platz zwei gerutscht. Musks Vermögen beläuft sich Bloomberg-Daten zufolge auf 156 Milliarden Dollar, das von Arnault auf 163 Milliarden.

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Soll Elon Musk als Twitter-Chef zurücktret­en?
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[ Reuters ]

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