China-Firmen gehen in Zürich an Börse
Bei Börsengängen in der Schweiz wurden heuer 2,7 Milliarden Dollar eingesammelt. Ein Gutteil ging nach China.
Zürich. In der Rangliste der wichtigsten europäischen Standorte für Börsennotierungen hat sich in diesem Jahr Zürich fast an die Spitze gesetzt und sowohl London als auch Amsterdam übertrumpft. Zu verdanken ist dies Aktienemissionen aus China.
Rund 2,7 Mrd. Dollar (2,5 Mrd. Franken) wurden in diesem Jahr durch Börsengänge in der Schweiz eingenommen, wie von Bloomberg zusammengestellte Daten zeigen – größer war das Volumen nur in Frankfurt.
Bis auf einen Fall sind alle Börsengänge in Zürich Aktienemissionen chinesischer Unternehmen. Angesichts der Spannungen zwischen Peking und den USA entschieden sich unter anderem die Batteriehersteller GEM Co. und Gotion High-Tech Co. dazu, den europäischen Finanzmarkt anzuzapfen.
Während die Aktienemissionen global ins Stocken gekommen sind, profitiert die Schweiz von ihrer Stellung als neutrales Land. Sie gibt börsennotierten Firmen aus China die Möglichkeit, Gelder ausländischer Anleger einzusammeln.
Die Börsennotierungen wurden auch durch die diesjährige Ausweitung des Shanghai-London-Stock-Connect-Systems beschleunigt, das grenzüberschreitende Deals für Unternehmen erleichtert, die bereits über eine Notierung auf dem chinesischen Festland verfügen. Es verbindet nicht nur die britische Hauptstadt mit dem chinesischen Finanzzentrum, sondern umfasst nun auch Shenzhen, die Schweiz und Deutschland.
Frankfurt konnte seit der Ausweitung des Programms indessen noch keine einzige Notierung von Global Depositary Receipts verzeichnen. Seinen Rang vor Zürich verdankt die Mainmetropole nur dem 9,4 Milliarden Euro schweren Porsche-IPO, dem größten Börsengang in Europa
seit mehr als einem Jahrzehnt. Chinesische Börsengänge in der Schweiz wurden in einigen Kreisen dafür kritisiert, dass sie weder europäische Investoren noch westliche Banken in größerem Umfang anziehen. Die meisten Firmen aus der Volksrepublik setzen sowohl auf Berater als auch auf Aktionäre aus ihrem Heimatland.
„Chinesische Banken preisen diese Börsennotierungen im Wesentlichen als Arbitragemöglichkeiten an, bei denen sie neue Börsennotierungen in Zürich mit einem Abschlag an Aktionäre in China verkaufen“, erklärt Andreas Bernstorff, Leiter Equity Capital Markets bei BNP Paribas.
West-Banken kaum involviert
„Solange westliche Banken nicht involviert sind und die Geschäfte nicht an lokale Investoren vermarktet werden, werden diese Börsengänge keinen wirklichen Einfluss auf die europäischen Kapitalmärkte haben“, sagte Bernstorff. Es sei jedoch damit zu rechnen, dass größere und liquidere Angebote an den Markt kommen.
Der chinesische Solaranlagen-Hersteller Longi Green Energy Technology Co. will bereits in der ersten Hälfte des nächsten Jahres GDRs in Zürich begeben. Dies wäre die größte SchweizNotierung eines chinesischen Unternehmens, seit die Aufsichtsbehörden des Landes begonnen haben, die Unternehmen zu ermutigen, Aktienemissionen in der Schweiz zu erwägen.
Je größer die Transaktionen werden, desto mehr westliche Institutionen dürften sich Bankern zufolge beteiligen. „Der Markt wurde bisher von kleineren Transaktionen beherrscht, weshalb chinesische Banken das Bookrunning dominieren“, sagte Mandy Zhu, Leiterin des Bereichs China, Global Banking bei der UBS Group AG. (Bloomberg)