Wie Ramaphosa seine Haut rettete
Südafrika. Die Regierungspartei ANC stemmte sich lang mit dem Saubermann-Image ihres Chefs gegen den Verlust der Mehrheit. Präsident Ramaphosa hat seinen Ruf verspielt und bleibt im Amt.
Kapstadt. Cyril Ramaphosa hatte seinen Kopf nachdenklich auf die linke Hand gestützt, als im Johannesburger Kongresszentrum Nasrec in dieser Woche seine Wiederwahl zum Präsidenten des African National Congress (ANC) verkündet wurde. Fast schreckte der 70-Jährige auf, als ihm seine Unterstützer innerhalb der südafrikanischen Regierungspartei stürmisch gratulierten. Ramaphosa wirkte, wie man sich fühlt, wenn man wieder einmal einen Sturm überstanden hat, aber den nächsten bereits aufziehen sieht: erschöpft.
Vorerst bleibt Ramaphosa der wichtigste Politiker des Landes. Denn nicht weniger bedeutet dieses Amt. Ohne die Präsidentschaft des mit absoluter Mehrheit regierenden ANC wäre es kaum vorstellbar gewesen, dass er sich weiterhin dauerhaft als Präsident Südafrikas hätte halten können. Beide Positionen werden in der Regel von derselben Person bekleidet.
Die Partei legt ihre Geschicke also für fünf weitere Jahre in die Hände jenes Mannes, der 580.000 Dollar Bargeld in einem Sofa seiner Privatfarm Phala Phala versteckt hatte, den Ursprung des Geldes wenig schlüssig mit Büffelverkäufen an einen zwielichtigen sudanesischen Geschäftsmann zu erklären versuchte und die Polizei nicht ordnungsgemäß unterrichtete, als das Geld gestohlen wurde.
Rücktrittsrede war vorbereitet
Dieser Umstand lässt sich nicht mit Ramaphosas bedingungslosem Anti-Korruptionsversprechen vereinbaren, mit dem er vor fünf Jahren an die Spitze der Partei aufgerückt war und gegen das plündernde Netzwerk seines Vorgängers Jacob Zuma vorzugehen versprach. Zu diesem Schluss kam eine parlamentarische Untersuchungskommission, die dem Staatschef Verstöße gegen Geldwäsche-Geschäfte und die Verfassung vorgeworfen hatte. Und wohl auch Ramaphosa selbst, der Anfang Dezember seine Rücktrittsrede bereits vorbereitet hatte, sich von seinen Beratern dann aber umstimmen ließ.
Doch als Alternative stand ein nicht minder belasteter Kandidat zur Wahl. Zweli Mkhize trat vor einem Jahr als bis dahin gefeierter Gesundheitsminister zurück, weil öffentlich wurde, dass er einen millionenschweren Covid-Vertrag einer Firma von Freunden und Beratern zugeschustert hatte – die zudem seine Familie mit Zahlungen bedachte. Der linke ANC-Flügel, der an den für Investoren elementaren Eigentumsrechten sägt, setzte trotzdem auf Mkhize, der Ramaphosa aber mit 1897 zu 2476 Stimmen deutlich unterlag.
Zuletzt war die Währung Rand mehrfach eingebrochen, als ein Machtwechsel möglich schien. Der vermeintliche Reformer Ramaphosa, lang ein erfolgreicher Unternehmer, gilt bei Investoren weiterhin als Träger der letzten verbliebenen Hoffnung. Dabei ist die denkbar gering. Ramaphosa war schon vor seinem Skandal mit seiner Politik des behutsamen Wandels in der irreparabel gespaltenen Partei kolossal gescheitert.
Er behielt mehrere ZumaLoyalisten im Kabinett. Die Tatsache, dass bisher kaum jemand von Zumas Milliardenplünderern verurteilt wurde, kommentierte er
AUF EINEN BLICK
Trotz schwerer Korruptionsvorwürfe bleibt Südafrikas Präsident Ramaphosa Vorsitzender der Regierungspartei ANC. Er könnte bei den nächsten Wahlen 2024 eine zweite Amtszeit anstreben. Der African National Congress, dessen Parteitag Dienstag zu Ende ging, dürfte mit diesem Skandal in der Wählergunst aber noch weiter verlieren. achselzuckend mit der Unabhängigkeit der Strafverfolgungsbehörden.
Derweil liegt die wichtigste afrikanische Volkswirtschaft endgültig am Boden, weil täglich acht Stunden der Strom abgestellt wird. Bei dem maroden Stromkonzern Eskom handelt es sich um eines der Hauptopfer der ANC-Korruption. Doch als einige Minister stattdessen zuletzt in Person von Eskom-Chef André de Ruyter einen der fähigeren Krisenmanager der letzten Jahre für die Stromausfälle verantwortlich machten, schritt Ramaphosa nicht ein. Und de Ruyter trat entnervt zurück.
Unter die 50er-Marke
Inzwischen bezweifelt kaum jemand mehr, dass der ANC bei den Wahlen im Frühjahr 2024 erstmals unter die 50-Prozent-Marke fallen wird. Die einstige Befreiungsorganisation erreichte zuletzt noch 57 Prozent der Stimmen, nachdem sie 2009 noch beinahe die Zweidrittelmehrheit errungen hätte. Vor allem in den Großstädten verliert die Partei massiv an Zustimmung.
Diesem Niedergang stemmte sich der ANC bisher mit Ramaphosa und seinem SaubermannImage entgegen. Künftig nur noch mit Ramaphosa.